Pneumologische Reha muss bei Post-COVID-Patienten neu gedacht werden
Die Alpcura Fachklinik Allgäu (FKA) verfügt über eine Rehabilitationsabteilung für Pneumologie mit 116 Betten. „Da Atemwegsprobleme zu den Leitsymptomen der ersten Covid-19-Infektionswellen gehörten, waren wir bereits zu einem sehr frühen Stadium der Pandemie von dem Thema betroffen“, berichtet Dr. Andreas Wagner. „Die ersten Patienten, die nach ihrer Covid-Erkrankung zu uns kamen, waren schwer lungenkrank. Wie sich im Lauf der Zeit zeigte, ist das Bild bei Post-COVID aber ein anderes. Bei den weitaus meisten der Betroffenen sind gar keine messbaren Schäden an der Lunge vorhanden. Trotzdem leiden sie unter subjektiv empfundenen Atemproblemen und häufig an vielfältigen Begleiterkrankung wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie einer stark eingeschränkten körperlichen und psychischen Belastbarkeit und schwerer Erschöpfung.“
Herkömmliche Therapien sind bei Post-COVID oft kontraproduktiv
Wagner schildert die Folgen, die sich daraus für die Reha-Einrichtung ergaben: „Bei unseren organisch lungenkranken Patienten setzen wir auf ein Therapieprogramm, das auf einen Wiederaufbau der Leistungsfähigkeit durch sich steigerndes sportliches Training und aktivierende Physiotherapie abzielt. Dies hat sich bei Post-COVID jedoch als der falsche Weg herausgestellt. Schon die geringste Überlastung kann bei diesen Patienten zu einer massiven Verschlechterung des Zustandes führen, einem sogenannten Crash, mit teilweise tage- oder wochenlanger Bettlägerigkeit.“
Pacing ist das A und O
Bereits im Mai 2020 begann die FKA mit der Entwicklung eines speziellen Behandlungskonzeptes für diese Patienten, das sukzessive an die sich ändernden Gegebenheiten angepasst wurde. Dessen zentraler Baustein ist inzwischen das Pacing. Hierbei werden die Patienten dafür sensibilisiert, ihre eigenen Leistungsgrenzen zu erkennen und einzuhalten. Auf diese Weise können Crashs vermieden werden. Pacing komme bei allen Anwendungen zum Einsatz, sei es bei der Atemtherapie oder der Sport-, Ergo- oder Physiotherapie, so Wagner. „Pacing ist das A und O bei Post-COVID. Allerdings ist es für die meisten Patienten zunächst schwierig, sich bewusst einzubremsen, denn der Wunsch, wieder fit zu werden, ist natürlich sehr groß – zumal viele im jüngeren Alter sind. Man muss es schaffen, das richtige Maß zu finden. Zuviel zu machen ist genauso kontraproduktiv wie gar nichts zu machen, denn dadurch schrumpft die Muskulatur immer weiter und es geht Herzleistung verloren. Es ist also eine Gratwanderung, auf der wir die Patienten begleiten.“
Verständnis der Krankheit ist hilfreich
Generell verließen die Patienten die Fachklinik Allgäu in aller Regel in einer merklich besseren körperlichen Verfassung, so Wagner weiter. „Sehr hilfreich ist auch, dass sie nach ihrem Aufenthalt ein gutes Verständnis ihrer Krankheit haben und besser mit ihr umgehen können. Bei Bedarf geben wir ihnen auch eine spezielle App an die Hand zum Konzentrations- und Gedächtnistraining – und den Rat, sich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden. Der Austausch mit anderen Betroffenen tut gut.“
Kleine Schritte akzeptieren
Eine schnelle Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit zu erreichen, sei im Fall von Post-COVID jedoch oft utopisch. „Wir erleben manchmal erstaunlich gute Verläufe. In der Regel geht es aber eher mit kleinen Schritten voran. Dies zu akzeptieren ist oft schwer. Wenn möglich ist das erste Ziel eine stufenweise Wiedereingliederung in den Beruf. Manche Patienten schaffen es auf diesem Weg, wobei Teilzeitarbeit und Homeoffice eine echte Hilfe sind, denn dann können sie sich ausruhen, wenn es nötig ist.“ Mit der Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Reduzierung der Arbeitszeit und niedrigeren Hürden für eine Teilerwerbsunfähigkeit könnte den Betroffenen Erleichterung verschafft werden, appelliert er.
Post-COVID braucht breitere Aufmerksamkeit
Angesichts einer Zahl von rund 2,5 Millionen Betroffenen in Deutschland wünscht sich Dr. Wagner eine breitere Aufmerksamkeit für die Problematik. „Momentan liegen die Wartezeiten auf einen Rehaplatz bei gut einem halben Jahr.“ Für Patienten, bei denen multiple Symptome im Vordergrund stehen, müsste außerdem das Angebot an interdisziplinär arbeitenden Kliniken dringend ausgebaut werden. „Doch da niemand weiß, wie lange uns das Thema noch begleiten wird, wagen viele Anbieter diesen Schritt nicht. Das ist aus ökonomischer Sicht nachvollziehbar, aber für die Betroffenen schwer auszuhalten.“
Der Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA) setzt sich als dynamischer und praxisnaher Verband seit mehr als 75 Jahren bayernweit für die inhaltlichen Belange der privaten Akut- und Rehakliniken ein. Er vertritt als größter Landesverband rund 170 Einrichtungen mit knapp 25.000 Betten. Sein Ziel ist eine qualitativ hochwertige, innovative und wirtschaftliche Patientenversorgung in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken. Neben der Beratung seiner Mitglieder vertritt er die Belange der Privatkrankenanstalten in gesellschaftlichen, sozialpolitischen und tariflichen Angelegenheiten.
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