Kunst & Kultur

Das Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Sprengel Museum Hannover erhalten mit „Sommer I“ von Oskar Kokoschka einen bedeutsamen Ankauf

Dank der großzügigen Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Fritz Behrens Stiftung Hannover konnte ein bedeutsames Werk von Oskar Kokoschka für das Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) und das Sprengel Museum Hannover erworben werden. „Sommer I“ wird künftig alle vier Jahre von beiden Häusern im Wechsel präsentiert. Den Anfang macht das Albertinum, wo das Gemälde zunächst gezeigt wird, bevor es dann im Sprengel Museum Hannover zu sehen sein wird. 

Der Ankauf füllt eine signifikante Lücke im Bestand des Albertinum: Das Werk „Sommer I“ des aus Österreich stammenden Künstlers entstand 1922 in Dresden. Oskar Kokoschka war 1917 von Wien in die sächsische Metropole gekommen, wo er 1919 zum jüngsten Professor an der Kunstakademie berufen wurde. Die Werke aus dieser Zeit weisen einen unverkennbaren Stil auf: expressive, mit grobem Pinsel modellierte Bildnisse und Allegorien, geprägt von leuchtenden Farbkontrasten. 

Schon 1919/20 hatte die Gemäldegalerie Dresden sechs Bilder des Künstlers erworben, darunter „Frau in Blau“ und „Die Macht der Musik“. Sie bildeten das Herzstück der Sammlung der Moderne. 1937 wurden alle sechs als „entartet“ beschlagnahmt und kehrten nicht mehr in die Sammlung zurück. Diese Lücke konnte nun durch den Ankauf geschlossen werden: Mit „Sommer I“ und dem Portrait „Gitta Wallerstein“, das bereits 2014 durch die Unterstützung des Freistaates Sachsen, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder erworben werden konnte, besitzen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nun zwei Werke aus der wichtigen Dresdner Schaffensperiode von Oskar Kokoschka. 

Das Sprengel Museum Hannover verfügt über einen umfangreichen Kokoschka-Bestand: sechs Gemälde, darunter Meisterwerke wie die Porträts „Baron Victor von Dirsztay“ aus dem Jahr 1910 und „Nancy Cunard“ von 1924, sowie 56 Grafik-Blätter. Bis heute fehlte allerdings ein Gemälde aus der starkfarbigen Dresdner Periode. „Sommer I“ schließt diese Fehlstelle im Sprengel-Bestand und stellt die Verbindung zwischen den früheren und den späteren Schaffensphasen her. Das Bild bereichert die hannöversche Sammlung um ein herausragendes Werk, das Kokoschkas Schaffen der frühen 1920er-Jahre auf höchstem Niveau präsentiert.

Kokoschkas liegende Frauenfigur in „Sommer I“ gehört in die Reihe der großen Aktdarstellungen der abendländischen Kunst. Neue Erkenntnisse zeigen, wie es der Künstler verstand, auf das Vorbild der Alten Meister zu verweisen und zugleich aktuelle Tendenzen der Ausdruckskunst zu entwickeln: Er bezog sich auf Peter Paul Rubens „Bathseba am Springbrunnen“ (1635). In einer kleinen, eigens für die Präsentation des Ankaufs konzipierten Sonderpräsentation unter dem Titel „Kokoschka + Rubens. Gipfeltreffen anlässlich einer Erwerbung für das Albertinum“, wird dieses Werk im unmittelbaren Vergleich zu Kokoschkas Bild zu sehen sein. „Bathseba“ lag dem Künstler offensichtlich am Herzen: Als während des Kapp-Putsches 1920 eine Bombe das Oberlicht des Semperbaus durchschlug und das Bild beschädigte, schrieb Kokoschka einen Aufruf, man möge die Schießereien in die Heide verlegen und nicht die Kunst gefährden. Daraufhin bezeichneten ihn George Grosz und John Heartfield als „Kunstlumpen“, der Kunst vor menschliche Not und Opfer stellte.

Auch kann das expressiv bewegte Bild „Sommer I“ geradezu als Antithese zur Harmonie der Dresdner „Schlummernden Venus“ von Giorgione und Tizian gelten. Kokoschka fasste seine „Göttin“ mit den angewinkelten Beinen sehr eigen auf, sie entspricht keinen gängigen Schönheitsvorstellungen. Für ihn war das Motiv ein Sinnbild für Schutz und Wärme. Der Künstler lieferte eine poetische Beschreibung des Bildes, als er 1922 an seine Freundin Anna Kallin schrieb: „Du wirst um (der) Liebe willen in der Sonne liegen und reifen wie Korn und deine Seele wird so einfach duften für mich.“

Eine Porträtzeichnung von Anna Kallin sowie eine Studie für das als entartet beschlagnahmte Bild „Blaue Frau“ nach einer lebensgroßen Puppe werden ebenfalls anlässlich der Präsentation von „Sommer I“ im Albertinum gezeigt.

Prof. Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: „Kunst lebt davon, dass sich Künstler*innen immer wieder auf Bild- und Ideenmaterial aus vorangegangenen Werken beziehen. So war Kokoschka in seiner Dresdner Zeit 1917-1923 außerordentlich häufig Gast in der Dresdner Gemäldegalerie und reagierte – wie wir aus der Forschung im Haus nun wissen – in seinen Werken auf Gemälde von Giorgione, Tizian und Rubens. Mit dem aktuellen Ankauf werden gleich drei Museen und ihre Besucher*innen reicher, die Gemäldegalerie Alte Meister mit einem Bild, das untrennbar mit ihrer Geschichte verbunden ist, das Albertinum und das Sprengel Museum mit einem herausragenden Werk der Klassischen Moderne.“

Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum: „Das Bild entstand, als Kokoschka 1919 bis 1923 in Dresden lebte, daher ist dieses Werk für uns besonders wichtig. Darüber hinaus ist dieser Ankauf für uns von historischer Bedeutung: 1937 verlor Dresden die Beschlagnahmungen „entarteter“ Kunst durch die Nationalsozialisten einen großen Teil seiner bedeutenden Sammlung moderner Kunst. Ankäufe vom internationalen Kunstmarkt waren zu DDR-Zeiten kaum möglich und konnten erst nach 1990 langsam beginnen.  Gerade in Dresden ist es wichtig, immer wieder auch an die Tradition insbesondere zur Zeit der Weimarer Republik zu erinnern, als die Elbestadt ein wahrer Hotspot moderner Tendenzen war, die auch die Sammlung bis 1937 prägten. Ich danke Reinhard Spieler und dem Sprengel Museum von Herzen für diese Kooperation. Ich bin überzeugt, dass „Shared Ownership“ für deutsche Museen ein Zukunftsmodell ist, denn es geht nicht um den alleinigen Besitz, sondern darum, derart bedeutende Werke für die Öffentlichkeit zu sichern.“

Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Ich freue mich, dass dem Sprengel Museum Hannover und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dieser Schulterschluss gelungen ist, um dieses bedeutende Kunstwerk dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Kulturstiftung der Länder hat den Erwerb von Oskar Kokoschkas „Sommer I“ von 1922 sehr gern unterstützt, dessen Werk in den Sammlungen beider Einrichtungen einen wichtigen Stellenwert einnimmt. In Hannover gehörten Werke von Kokoschka bereits zur Sammlung von Margrit und Bernhard Sprengel, auf deren Schenkung die Museumsgründung basiert. In Dresden, dem Ort der Entstehung des Gemäldes, kann es im biografischen Kontext der dortigen, stilprägenden Schaffensphase des Künstlers vermittelt und erforscht werden.“

Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung: „Bereits im August 2022 wurde der Ankaufswunsch der SKD von Oskar Kokoschkas „Sommer I“ durch die Ernst von Siemens Kunststiftung positiv beschieden. In einer sich anschließenden vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Auktionshaus Christie’s konnte ein schrittweiser Ankauf für die SKD und das Sprengel Museum Hannover auf den Weg gebracht werden. Dass Kokoschkas „Sommer I“nun dauerhaft für Dresden gesichert werden konnte und gleichzeitig eine Sammlungslücke in Hannover schließt, ist ein idealer Ausgang. Solche Erwerbungen unterstreichen die Bedeutung von Museumskooperationen, um hochkarätige Werke finanzieren zu können und an den richtigen Orten dauerhaft zugänglich zu machen.“

Dr. Reinhard Spieler, Direktor Sprengel Museum Hannover: „Der Ankauf von Kokoschkas „Sommer I“ ist ein Meilenstein für das Sprengel Museum Hannover als eine der ganz selten gewordenen Chancen, die Sammlung im Bereich der Klassischen Moderne markant zu verstärken! Die Erwerbung des Werks ist ein schönes Beispiel für die sinnvolle Kooperation zwischen zwei öffentlichen Institutionen, die mit vereinten Kräften – und der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Fritz Behrens Stiftung – den Verbleib eines herausragenden Kunstwerks in Deutschland sichern können. Oskar Kokoschka verbindet die Sammlungen nicht nur mit seiner künstlerischen Position, sondern als von der nationalsozialistischen Diktatur verfemter und verfolgter Künstler auch in seiner Bedeutung für unsere gemeinsame Geschichte. Diese Erwerbung ist in jeder Hinsicht ein starkes Signal für den Kulturstandort Deutschland.“

Matthias Fontaine, Vorstand der Fritz Behrens Stiftung Hannover: „Die seit mehr als 100 Jahren in Hannover ansässige Fritz Behrens Stiftung ist hocherfreut, dass das großartige Kunstwerk von Kokoschka den interessierten Blicken der Öffentlichkeit auf Dauer erhalten bleibt und im Sprengel Museum Hannover und in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Wechsel ausgestellt und zu sehen sein wird.  

Die Wechselausstellungen in Hannover und Dresden spiegeln sich in der gelungenen und zugleich fortschrittlichen Kooperation von gemeinnützigen Stiftungen, die den Menschen verpflichtet sind.“

„Kokoschka + Rubens. Gipfeltreffen anlässlich einer Erwerbung für das Albertinum.“

Laufzeit: 14. Februar bis 09. März 2025

Öffnungszeiten: täglich 11—17 Uhr, Montag geschlossen

Oskar Kokoschka (1886–1980), Sommer I, 1922, Öl auf Leinwand, 110 x 140 cm

2024/25 gemeinsame Erwerbung des Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung sowie des Sprengel Museum Hannover mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Fritz Behrens Stiftung.

1925 bis 1964 Sammlung Hermann und Marie Lange, Krefeld, 2024/25 erworben aus Privatbesitz über Christie’s, London.

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