TÜV SÜD zeigt Wege für einfacheres und kosteneffizienteres Bauen auf
Dass Bauen in Deutschland kompliziert, langwierig und teuer ist, liegt auch am geltenden Bauvertragsrecht. Beim Bauen gelten die anerkannten Regeln der Technik als stillschweigend vereinbart, wenn nichts anderes vertraglich geregelt wurde. Im Streitfall werden Abweichungen davon als mangelhafte Leistung gewertet. Das ist einer der Gründe, warum nach einer Art von „Goldstandard“ gebaut wird, bei dem alle baurechtlichen Standards und gegebenenfalls auch nicht notwendige Standards und alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen eingehalten werden.
„Eigentlich sind Normen dafür gedacht, einen Mindeststandard zu definieren“, sagt Caroline Wolf, Expertin für Bautechnik der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. „Davon haben wir uns in Deutschland inzwischen weit entfernt.“ Die wichtigsten Gründe dafür seien ein ausuferndes Regelwerk, mit dem alle Eventualitäten erfasst werden sollen, der steigende Komfortanspruch von Bauherren, Investoren und Kunden, der weit über die Regeln der Technik hinausgeht, und eine gewisse Unkenntnis in baurechtlichen Sachverhalten, die zu einer übertriebenen Vorsicht und einer „Übererfüllung“ der Anforderungen führen.
„Dass Bauen in Deutschland einfacher werden muss, ist unter allen Beteiligten unbestritten“, erklärt Caroline Wolf. „Allerdings müssen wir dafür nicht auf die formale Einführung eines neuen Gebäudetyps warten.“ Bereits heute können Bauherren im Rahmen der gesetzlichen und normativen Vorgaben näher am „Mindeststandard“ bauen oder sogar in einem gewissen Maß von den Regeln der Technik und den öffentlich-rechtlichen Anforderungen abweichen. „Voraussetzung dafür ist allerdings eine genaue Kenntnis des baurechtlichen Regelwerks“, so die Bautechnik-Expertin. Denn solche Lösungen seien teilweise genehmigungspflichtig und müssten vertraglich vereinbart und gegebenenfalls mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden.
Schutzziele müssen erfüllt sein
Die Sicherheit eines Bauwerks darf durch einfachere und kostengünstigere Lösungen nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund sind die normativen Vorgaben für Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz unbedingt einzuhalten. Diese Grundanforderungen sollen nach bisherigem Kenntnisstand auch für den Gebäudetyp E weiter gelten.
Wenn die Schutzziele weiterhin erfüllt sind, lassen die Landesbauordnungen (LBO) einen gewissen Spielraum für Abweichungen zu. „Auf diese Weise können die generellen Vorgaben der LBO an die spezifische Situation eines konkreten Bauvorhabens angepasst werden“, erklärt Caroline Wolf. Beispiele dafür sind die Reduzierung der Treppenlaufbreite in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzerzahl einer Treppe, die gezielte und fachgerechte Planung des Brandschutzes zur Vermeidung unnötiger Installations- und Wartungskosten oder die in der LBO auch vorgesehene Anordnung von barrierefreien Wohnungen im Erdgeschoss, wodurch auf einen Aufzug für den barrierefreien Zugang zu den Obergeschossen verzichtet werden kann.
Einfachere und alternative Lösungen reduzieren Kosten
Weitere Möglichkeiten zu einfacherem und kostengünstigerem Bauen betreffen vor allem Einschränkungen im Komfort. „Wir haben uns in Deutschland an einen sehr hohen Standard gewöhnt, der angesichts der Kostensteigerungen kritisch hinterfragt werden sollte“, sagt die Bautechnik-Expertin. Kleinere Einschränkungen bei der Ausstattung oder alternative Lösungen für die Gebäudetechnik könnten nicht nur die Baukosten, sondern auch den Aufwand für Wartung und Instandhaltung reduzieren.
Beispiele dafür sind der Verzicht auf Rollläden in Toiletten, Bädern und Küchen, die Auslegung von Tiefgaragen für die Nutzungsklasse B nach WU-Richtlinie oder die dezentrale Trinkwassererwärmung mit elektrischen Durchlauferhitzern in jeder Wohnung. Der Verzicht auf eine zentrale Warmwasserbereitung reduziert nicht nur die Installationskosten, sondern auch den Wasser- und Energieverbrauch sowie den Wartungsaufwand. „Solche Lösungen sind grundsätzlich bei allen Bauvorhaben möglich“, betont Wolf. „Allerdings muss das in der Baubeschreibung ausdrücklich festgehalten und ausreichend erklärt werden.“
Auch ohne die Einführung eines neuen Gebäudetyps gibt es viele Möglichkeiten für einfacheres und kostengünstigeres Bauen in Deutschland. Dafür ist eine genaue Kenntnis des geltenden Regelwerks erforderlich, damit Abweichungen von etablierten Standards nicht zu rechtlichen Auseinandersetzungen und kostenintensiven Nachbesserungen führen. Die Expertinnen und Experten von TÜV SÜD weisen ihre Kunden im Rahmen von Planprüfungen bei Prüfungen von Baubeschreibungen auf die bestehenden Möglichkeiten hin.
TÜV SÜD hat „Denkanstöße zum einfacheren Bauen“ in einem Whitepaper zusammengefasst, das als PDF-Datei kostenlos heruntergeladen werden kann: tuvsud.com/de-de/branchen/realestate/immobilien/bauphysik-und-bautechnik.
Weitere Informationen zu den Leistungen von TÜV SÜD in diesem Bereich gibt es unter tuvsud.com/de-de/indust-re/bautechnik-info.
Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Rund 28.000 Mitarbeitende sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder Erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. tuvsud.com/de
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