
Bahnlärm: Maßstab für Gesundheit und Sicherheit
Mit Blick auf die Bahn fordert das Bürgernetzwerk Pro Rheintal die Parteien und Politiker/innen der neuen Bundesregierung auf, sich nicht länger der übermächtigen Transportlobby zu unterwerfen, sondern endlich die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm und Feinstaub anzuerkennen. Durch entsprechende gesetzliche Vorschriften und akustische Vorgaben könne man für eine moderne und technisch einwandfreie Güterbahn sorgen.
Derzeit gibt es bundesweit keinen wirksamen Lärmschutz an Schienenwegen, da es keine Lärmgrenzwerte für Schienenfahrzeuge gibt. Die wichtigste Lärmschutzmaßnahme, an der Quelle fehlt. Züge sind heute schwerer, schneller, länger und lauter als früher. Die Folgen werden ignoriert, wie es das marode System auf allen Ebenen zeigt, nicht nur beim Lärm. Die Lärmquellen anderer Verkehrsträger bleiben in ihrem Zusammenwirken ebenfalls unberücksichtigt. Das wahre Ausmaß der Lärmbelastung wird so verschleiert. Auch die längst überholten Bestandsschutzregelungen und die fehlenden akustischen Vorgaben für Waggons und Lokomotiven machen aus einem unvorstellbar lauten Bahnlärm rein rechnerisch ein laues Frühlingslüftchen. In der Realität ist es jedoch ein Orkan. Die angeblich "freiwilligen" Lärmschutzmaßnahmen, wenn sie denn überhaupt ergriffen werden, orientieren sich nicht am "Orkan", sondern am "Lüftchen." Dadurch bleiben sie fast wirkungslos!
Der Gesetzgeber lässt damit zu, dass Menschen an Bahnlinien gegen besseres Wissen krank werden. Bereits 2012 hat der Deutsche Ärztetag in einer Resolution beklagt, dass die bestehenden Gesetze und Verordnungen zum Lärmschutz nicht in der Lage sind, die Bevölkerung wirksam zu schützen. Prof. Guski von der Universität Bochum sagte damals, die Grenzwerte seien „rein politisch mit der Lobby ausgehandelt und medizinisch irrelevant“.
Globalisierung und EU-Erweiterung haben in Deutschland zu einer, aus medizinischer Sicht, nicht mehr vertretbaren Lärmbelastung geführt hat, wie Prof. Manfred Spreng von der Universität Erlangen ausführte. Nicht umsonst liegt die Lebenserwartung in Deutschland hinter der anderer westlicher EU-Staaten zurück.
Im Schienengüterverkehr, der im Gegensatz zu allen anderen Verkehrsträgern, die leiser wurden, heute fünfmal so laut ist wie vor 40 Jahren, versucht man mit Postkutschentechnologie moderne Hochleistungsverkehr zu betreiben. Die seit Jahrzehnten notwendigen Innovationen, für die Hunderte von Milliarden Euro bereitgestellt wurden, sind nie dort angekommen, wo sie dem Transportauftrag der Bahn geholfen hätten.
Zerfall und Mängel sind inzwischen überall an Bahnstrecken, Bahnhöfen, Brücken, Straßen und Schienen sichtbar. Neben der unzumutbaren Lärm- und Feinstaubbelastungen sind damit auch zunehmende Sicherheitsrisiken verbunden. Im Mittelrheintal sind die Züge doppelt laut. Der kurvenreiche Streckenverlauf und die schallverstärkende Akustik des engen Rheingrabens vervielfachen die Geräusche, die bis auf die Höhen hinauf wahrnehmbar sind. Dies hat dramatische Folgen für die Gesundheit aller dort lebenden Menschen und die Entwicklung der Region.
Ursache sei nicht der Bahn- und Schiffsverkehr an sich, sondern das Versäumnis, die Bahn technisch auf Stand zu bringen. Schon jetzt sei absehbar, dass die geplanten Sanierungen der rechtsrheinischen Strecke (2026) und der linksrheinischen Strecke (2028), zwar noch mehr Verkehr, aber keine Verbesserung der Lärmsituation und der Sicherheit bringen werden, weil sich am System nichts ändere. Schlimmer noch, es ist zu befürchten, dass während der Sanierung die jeweils andere Rheinseite so stark mit Schienenverkehr und Lärm belastet wird, dass Menschen wegziehen und Hotels schließen müssen.
Das Interesse der übermächtigen Verkehrslobby, zu der unter anderen die Luftverkehrswirtschaft, die Automobilindustrie, das Transportgewerbe, die Bauindustrie und am Ende der Kette die Finanzwirtschaft gehören, sei es, mit minimalen Kosten und hohen staatlichen Subventionen Gewinne zu erzielen. Die Politik sei dabei Steigbügelhalter, ohne ausreichend auf die volkswirtschaftlichen und infrastrukturellen Folgen zu achten. Dies habe zum heutigen Zustand der Bahn geführt und zu einem enormen volkswirtschaftlichen Schaden. Neben der maroden Bahn, die weder zuverlässig, pünktlich noch sicher ist, müssen auch die langfristigen Folgen durch Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Menschen, des Lernerfolgs in den Schulen und der Belastungen in den Regionen berücksichtigt werden
Frank Gross, von Pro Rheintal sagt: Wir dürfen nicht länger zusehen, wie eine Güterbahn, die technisch noch auf dem Stand von vor 100 Jahren ist, rücksichtslos mit 100 km/h durch die Städte und Gemeinden fährt. Todesopfer nach dem Weinfest in Oberwesel und dem Weinfrühling im Bopparder-Hamm, Zugentgleisung bei Niederheimbach, Zugentgleisung bei Lorch/Assmannshausen, Zugentgleisung bei Lahnstein, Felssturz bei Kestert und vieles mehr – um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Lärmpegel sind zehnmal höher als sie sein dürften. Die Situation wird nicht besser, sondern schlimmer, weil die Politik das Heft des Handelns der Verkehrslobby überlässt. Beispiele wie Stuttgart 21, der Berliner Flughafen oder die ICE-Strecken zeigen, wie Kosten-Nutzen-Relationen ebenso ignoriert werden wie die Gesundheit der Bevölkerung. Deutschland muss leiser werden, das heißt: Es muss besser werden und es muss nutzen, was der heutige Stand des Wissens und der Technik hergibt. Die Gesundheit der Menschen muss über der Gewinnmaximierung stehen. Der Mensch als wichtigste Ressource unseres rohstoffarmen Landes darf nicht länger den Profitinteressen einer übermächtigen Lobby mit ihren veralteten Verkehrssystemen geopfert werden. Gross sagt: Wir brauchen moderne Verkehrslösungen und Gesundheitsvorsorge, zum Beispiel durch automatische Kupplungen, digital überwachte Züge und eine Tempo 50-Lösung für Güterzüge innerorts.
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