Déjà-vu
Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch, stimmt das Ausmaß der Erholung angesichts unveränderter Unsicherheiten in der Welt, aber vor allem wegen des intakten Zinserhöhungsmodus der Notenbanken, zumindest nachdenklich: „Es stellt sich die Frage nach dem Auslöser, aber vor allem der Nachhaltigkeit dieser beeindruckenden Rallye, die in Teilen die heftigen Kursanstiege im Pandemiejahr 2020 zu wiederholen scheint.“
Vor zwei Jahren war der Auslöser eine Kombination aus berechtigter Impfhoffnung, unbegrenzter Geldschwemme durch die Notenbanken sowie historisch hoher fiskalischer Hilfspakete, die zur Wiederbelebung kräftig eingebrochener Märkte führte. Der Experte weiter: „Vor dem Ukraine-Krieg erreichten die Aktienkurse westlicher Börsen infolge einer post-pandemischen Euphorie neue Höchststände, mit dem Einmarsch hat sich aber vor allem für Europa Grundsätzliches verändert – die Kurseinbrüche im Frühjahr waren zunächst folgerichtig, denn zu dem rein europäischen Problem der Energieversorgung addieren sich Negativeffekte aus strukturellen Brüchen bei Liefer- und Wertschöpfungsketten.“ Ferner zwinge die Inflation die meisten Notenbanken zu Zinserhöhungen – wohl wissend, dass dieses Mittel je nach Inflationsursache und Komponenten nur bedingt ihre Wirkungen entfaltet. Ein Vergleich mit den 70er und 80er Jahren scheint laut Böckelmann gerechtfertigt, als Notenbanken aus Angst vor einer konjunkturellen Abschwächung zu früh den Pfad der Zinsanhebungen verließen und in der Folge erneut bei den Zinsen kräftig nachlegen mussten – im Endeffekt eine schwere Rezession verursachten.
Folgerichtig achte der Markt heute auf jede makroökonomische Kennzahl und jede Äußerung eines Notenbankers, um abschätzen zu können, wie lange und wie hoch die Zinsen noch steigen könnten. „Der 10. November markierte einen dieser historischen Börsentage, an denen man sich staunend die Augen reibt“, so der Portfoliomanager. Die US-Inflation stieg im Monatsvergleich 0,2 % weniger als erwartet, ebenso im Jahresvergleich – also +7,7 % statt erwartet +7,9 %. Diese aus statistischer Sicht nicht als signifikant einzuordnende Verbesserung reichte völlig aus, um binnen Stunden mehrstellige Milliardenbeträge in Aktien zu jagen. „Käufer waren weniger fundamental orientierte Investoren als vielmehr mathematische Programme – also algorithmusgetriebene Handelssysteme – die einen Mehrwert darin sehen, z. B. Wörter in Veröffentlichungen zu zählen und in jeder Nachkommastellenabweichung eine riesige Überraschung zu vermuten“, erklärt der Experte und weiter: „Oftmals hebeln diese Akteure ihre Anlagevolumina um ein Vielfaches und können damit kurzfristig neue Trends auslösen.“ Dies könne aktuell der Fall zu sein – denn richtig rational sei die jüngste Erholung nicht, da diese doch die beste aller Welten einzupreisen scheine – neben einem nachvollziehbar baldigen Ende der Zinssteigerungen, vor allem einen erneuten global synchronisierten Wirtschaftszyklus. Letzteres ist für Böckelmann ungewöhnlich: „Die meisten Volkswirte vermuten uns am Vorabend einer Rezession. Aber offenbar erhoffen sich einige Marktakteure analog zu 2020 konzertierte Aktionen seitens der Fiskalpolitik, dabei wird die mittlerweile vorherrschende globale Spaltung – sichtbar auch während der G20 Konferenz in Bali – völlig ignoriert werden. Ferner gibt es weder ein Vakzin gegen politische Fehlentscheidungen in der Welt noch ist eine erneute reale Zinswende und somit Geldschwemme der Notenbanken vorerst in Sicht.“
Laut Böckelmann geben sich optimistische Marktteilnehmer daher Mühe, die Wende der Notenbankpolitik bereits in einer Verlangsamung ihrer Zinserhöhungsschritte zu erkennen und setzen auf den Effekt, dass aktuell eher zurückhaltende fundamentale Investoren durch die ausgelösten Kursanstiege auch in die Märkte gezwungen werden – die Anstiege also zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Angesichts des unveränderten Anlagedrucks ist dieses Szenario – zumindest sehr kurzfristig – laut Böckelmann nicht unwahrscheinlich.
„Auch wenn die jüngste Aktienkursentwicklung wie ein Déjà-vu anmutet, so stehen die tragenden Säulen der Rallye auf dünnem Eis“, so der Experte. Die USA seien clever und flexibel genug, um tatsächlich eine längere Rezession zu vermeiden und stünden vielleicht dank starker Binnenwirtschaft und relativer Energieunabhängigkeit vor einem erneuten Goldilocks-Szenario mit moderatem Wachstum bei vergleichbar niedriger Inflation. Aber was ist mit Europa und China? „Vieles hängt von den Herren Xi Jingping (Aufgabe der Null-Covid-Politik) und Wladimir Putin (Rückzug aus der Ukraine) ab. Der Markt scheint aktuell bereit, Wundern eine gewisse Wahrscheinlichkeit beizumessen – zumindest ist ein Gewöhnungseffekt im Hinblick auf negative Nachrichten und Entwicklungen festzustellen“, ist Böckelmann überzeugt.
„Europäische Politik scheint jedoch aktuell geprägt von einem Spektrum von völliger Ahnungslosigkeit bis hin zu moralischer Überheblichkeit – rationales Krisenmanagement sieht anders aus“, kritisiert Böckelmann. Selbst neun Monate nach dem Einmarsch Russlands gäbe es keine zukunftstauglichen Konzepte zur Energieversorgung oder zur Wettbewerbsfähigkeit heimischer Industrien, keine Antworten zu Themen wie De-Globalisierung oder Friendshoring. „Solange Probleme mit Bürokratie bekämpft werden sollen, steigen zurecht die Sorgen in der Wirtschaft für Fehlverhalten der Politik mit höheren Steuern zur Kasse gebeten zu werden – die De-Industrialisierung Europas sei eine reale Gefahr mit allen sozialen Folgen“, warnt der Experte.
Was die aktuelle ökonomische Lage in Europa betrifft, zeigt sich Böckelmann skeptisch, da die meisten Makrodaten sehr widersprüchlich und zumindest in Europa eine Rezession nicht ausschließen sei. „Es ist schwer vorstellbar, dass die jüngste Entwicklung über das Jahresende so fortgeschrieben werden könne – Wunder ausgenommen. Wahrscheinlicher sind neben markttechnischen Widerständen vor allem realwirtschaftliche Gefahren“, vermutet er. Themen wie Klimawandel und De-Globalisierung, aber auch strukturell höhere Inflation könnten die Rollen von Gewinnern und Verlierern bei Anlageklassen, Regionen wie Sektoren neu verteilen.
Die Vermögensmanagement Euroswitch verwaltet traditionelle und alternative Investmentstrategien. Sie bietet diese Strategien in Form von standardisierten und individuellen Managed-Accounts für das gesamte Kapitalmarktspektrum – von Absolute Return über nachhaltige Kapitalanlagen bis hin zur reinen Chancenorientierung. Darüber hinaus werden für das breite Publikum vier Dachfonds in abgestuften Varianten von sehr risikoarm bis hin zur reinen Aktienanlage geboten. Gegenwärtig verwaltet die Gesellschaft 150 Millionen Euro. Die Vermögensmanagement Euroswitch ist als „Finanzportfolioverwalter“ gemäß §15 WpIG von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassen und beaufsichtigt.
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