One Solution for One Planet
In Vorträgen und einer Panel-Diskussion teilten sie ihre Erfahrungen aus Digitalisierungsprojekten und -strategien sowie deren Bedeutung für Nachhaltigkeit und Resilienz. Neu im Programm waren Expert:innen-Talks, die Gelegenheit zum digitalen Vis-à-vis-Austausch mit den Spezialist:innen des FIR zu unterschiedlichen Themenstellungen boten. Virtuelle Führungen durch die Demonstrationsfabrik Aachen und das eLab auf dem RWTH Aachen Campus veranschaulichten das Potenzial neuer Technologien und innovativer Anwendungen im realen Produktionsbetrieb. Mit Einblicken in die Praxis rundeten sie das Programm ab.
„Digitalisierung und Nachhaltigkeit führen zu fundamentalen Transformationen in den Unternehmen, die angesichts globaler Krisen und Unsicherheiten jetzt rasant voranschreiten.“ Im Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung zeichnet Christian Hocken, Managing Partner des Industrie 4.0 Maturity Centers, ein Bild zur derzeitigen Lage in der Industrie. Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammenzubringen, ist für die Industrie eine Riesenchance, um die derzeit größten Herausforderungen – Supply-Chain-Resilienz, Energieversorgung und Dekarbonisierung – zu bewältigen. Max-Ferdinand Stroh, Bereichsleiter Informationsmanagement am FIR, ergänzt, dass der Erfolg der Verbindung nicht nur eine ökologische, sondern gleichwertig auch eine soziale und eine ökonomische Dimension hat: „Unternehmen müssen sich sowohl ökologisch weiterentwickeln als auch nachhaltig handeln und ihren sozialen Auftrag wahrnehmen, wollen Sie langfristig bestehen und ihre Ziele verwirklichen.“ Tobias Schröer, Bereichsleiter Produktionsmanagement am FIR, weist auf die verschiedenen Dimensionen der Digitalisierung hin und wirft die Frage auf: „Schaffen wir durch Digitalisierung Resilienz und stellen wir uns für alle Zeiten krisensicher auf, oder stehen wir vor einer Transformation hin zur Digitalisierung, die wir auf nachhaltige Weise gestalten müssen?“
„Ökosysteme“ war eines der großen Schlagworte der Veranstaltung. Alle Stakeholder sollten gemeinsam daran arbeiten, Mehrwert für das gesamte Ökosystem zu schaffen. Dabei können nur digitale Lösungen unterschiedliche Anspruchsgruppen zusammenführen. In einer Cloud bereitgestellte Daten ermöglichen neue Business-Modelle, von denen Umwelt und Anwender gleichermaßen profitieren. „Ein Unternehmen allein kann nicht verstehen, wie man den größten Impact auf Nachhaltigkeit und Resilienz erzielt. „One solution for one planet“, postuliert Dr. René Deist, ZF Friedrichshafen AG, und nennt als Beispiel die E-Mobilität. Dr. Vanessa Just, KI Bundesverband e. V., sagt dazu in Ihrem Vortrag „KI & Nachhaltigkeit?! Perfect Match für Unternehmensprozesse“: „Nachhaltigkeit geht uns alle an. Es dreht sich nicht nur um den CO2-Referenzwert, sondern um die ganze Umgebung, in der Künstliche Intelligenz (KI) wirkt, z. B. auch für Mitarbeitende.“
Der digitale Zwilling wird von vielen Referierenden als Enabler für eine gemeinsame Datenbasis und die Zusammenarbeit im Ökosystem hervorgehoben. Schneider Electric SE wendet ihn an, um Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu betrachten. Auch die PHOENIX CONTACT Electronics GmbH nutzt in ihrem Konzept „Digital Factory Now“ eine gemeinsame Datenbasis für das digitale Abbild eines Produkts entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um etwa Rückschlüsse auf relevante Einflussfaktoren der Nachhaltigkeit zu ziehen, z. B. den CO2-Footprint je produziertem Produkt.
Hinsichtlich der Nutzung von Technologien stand KI im Mittelpunkt. Unisono betonten die Referierenden, dass nicht die Masse von Daten, sondern die „richtigen“ Daten für die eigenen Use-Cases wichtig seien, um intelligente Lösungen für einen nachhaltigen Impact zu generieren. Dr. Andreas Peters, Mendritzki Holding GmbH & Co. KG und Frank Seiferth, SEITEC GmbH sehen KI als den Enabler für den Umgang mit komplexen Daten. Neben der technischen Umsetzung besteht die größte Herausforderung für sie im Datenhandling und in der -auswertung. Konkrete Anwendungsfälle sind hier die beste Lösung, um direkt zu erkennen, wie man erhebliche Potenziale heben kann.
Bei aller Technologie ist die Akzeptanz der Belegschaft entscheidend für das Gelingen der Transformation. „Neue Technologien müssen immer mit der Kultur verbunden werden, um zu verstehen, inwieweit die Transformation erkannt, verstanden, geglaubt und gelebt wird“, hebt Thomas Kleine, Pfizer Pharma GmbH hervor. Dr. Hans Jörg Stotz, Festo Didactic SE, verweist auf die Kultur als fundamentales Element des veränderten Lernens in der digitalen Welt. Es erfordert vollkommen neue Skills und Team-Setups. Daniel Bachmann, Liebherr Components AG, spricht von einer kulturellen Revolution mit Fokus auf den Menschen und nicht mehr auf die Technologie. „Für digitale Produkte brauchen wir einen anderen Prozess mit einer Fehlerkultur, in der auch Misserfolge möglich und gewollt sind.“ Auch Nils Gleim, Evonik Industries AG, betont mit „Leading is about people“ den menschengetriebenen Anspruch der Transformation, den Evonik in einem vierstufigen Konzept für die Digitalisierung umsetzt. Jutta Juliane Meier, Identity Valley gUG, erörtert die sieben von der gemeinnützigen Organisation entwickelten Digital Responsibility Goals, die Vertrauen und Orientierung im digitalen Raum schaffen sollen. Sie spricht sich für eine ganzheitliche Betrachtung der Ziele zwischen digitaler Kompetenz (Digital Literacy) und Integration des Menschen (Human Agency & Identity) aus.
Die unterschiedlichen Aspekte der Vorträge wurden in einer abschließenden Paneldiskussion unter Leitung von Tobias Schröer noch einmal aufgegriffen. Es diskutierten Dave Duncan, PTC, Dr. Ralf Gitzel, ABB, Maximilian Winkler, Klima.Metrix GmbH und Prof. Dr. Christoph Meinel, Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH. Alle Teilnehmenden waren sich einig, dass die Digitalisierung der Schlüssel für viele Herausforderungen ist, etwa für Wachstum, Bildung und Umweltschutz. Digitale Technologien sind noch sehr jung und wir müssen immer noch lernen, wie wir damit umgehen. Wichtig ist es, sich nicht von der Größe und Komplexität der Aufgabe blockieren zu lassen, sondern sich auf einfache Dinge zu konzentrieren und anzufangen.
Rund 250 Gäste und die Gastgeber der CDO Aachen 2022 zeigten sich hoch zufrieden mit den Ergebnissen des Tages. „Wir haben in diesem Jahr ein Thema getroffen, das uns alle beschäftigt. Die Digitalisierung als Lösung für mehr Nachhaltigkeit und Resilienz wurde aus vielen Perspektiven – auch kritisch – beleuchtet. Wir haben neue Impulse und Erkenntnisse zu Lösungen für unsere herausfordernde Zeit gewonnen und eines ist ganz klar: Die digitale Transformation ist ein Kernfeld aller Unternehmen“, verabschiedeten sich die Moderatoren Tobias Schröer und Max-Ferdinand Stroh vom FIR sowie Christian Hocken, Industrie 4.0 Maturity Center. Die Teilnehmer:innen dürfen sich jetzt schon auf die nächste CDO Aachen – Convention on Digital Opportunities freuen, am 15. November 2023.
Weitere Informationen:
CDO Aachen 2023
Das FIR ist eine gemeinnützige, branchenübergreifende Forschungs- und Ausbildungseinrichtung an der RWTH Aachen auf dem Gebiet der Betriebsorganisation, Informationslogistik und Unternehmens-IT mit dem Ziel, die organisationalen Grundlagen zu schaffen für das digital vernetzte industrielle Unternehmen der Zukunft.
Mit Erforschung und Transfer innovativer Lösungen leistet das FIR einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dies erfolgt in der geeigneten Infrastruktur zur experimentellen Organisationsforschung methodisch fundiert, wissenschaftlich rigoros und unter direkter Beteiligung von Expert:innen aus der Wirtschaft. Im Zentrum der Betrachtung liegen die industriellen Verticals als Anwendungsfälle. Dies sind aktuell: Future Logistics, Smart Services und Smart Maintenance, Smart Commercial Buildings und Smart Mobility.
Das Institut begleitet Unternehmen, forscht, qualifiziert und lehrt in den Bereichen Dienstleistungsmanagement, Business-Transformation, Informationsmanagement und Produktionsmanagement. Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen fördert das FIR die Forschung und Entwicklung zugunsten kleiner, mittlerer und großer Unternehmen.
Seit 2010 leitet der Geschäftsführer des FIR, Professor Volker Stich, zudem das Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus. Im Cluster Smart Logistik ermöglicht das FIR eine bisher einzigartige Form der Zusammenarbeit zwischen Vertreter:innen aus Forschung und Industrie. Das FIR wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert, unterstützt als Johannes-Rau-Forschungsinstitut die Forschungsstrategie des Landes und beteiligt sich an den entsprechenden Landesclustern, um den Standort NRW zu stärken.
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