Energie- / Umwelttechnik

BMEL-Bundeswettbewerb zeichnet zukunftsweisende Stallkonzepte aus

„Unser innovativer Stall – tiergerecht, umweltgerecht und zukunftsfähig“ titelt der BMEL-Bundeswettbewerb Landwirtschaftliches Bauen 2019-2022. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesbauministerin Klara Geywitz zeichnen zukunftsweisende Stallkonzepte für die Rinder-, Schweine und Ziegenhaltung aus.
Die moderne Landwirtschaft muss sich einer Vielzahl von Forderungen und Regelungen stellen. Neben der sich wandelnden Tierschutz- und Umweltschutzgesetzgebung und dem steigenden Preisdruck, wächst aus gesellschaftlicher Sicht der Wunsch nach tierischen Produkten, die nicht nur qualitativ einwandfrei sein müssen, sondern auch mit gutem Gewissen verzehrt werden können.
„Die Preisträgerinnen und Preisträger zeigen anderen Landwirtinnen und Landwirten was in Sachen Tierwohl und Umweltschutz in einem landwirtschaftlichen Unternehmen möglich ist. Sie gehen voran, Sie haben die eingefahrenen Wege hinter sich gelassen. Ich danke Ihnen an dieser Stelle für Ihren Mut, das ist inspirierend und motivierend zugleich, auch für mich als Landwirtschaftsminister“; so der Bundeslandwirtschaftsminister in seiner Laudatio am 6. Dezember in Berlin.
Der aktuelle Bundeswettbewerb fokussierte sich auf Betriebe, die sich den wandelnden politischen wie gesellschaftlichen Ansprüchen durch innovative Konzepte anpassen und somit hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können.
Die sieben ausgezeichneten Betriebe zeigen in vorbildlicher Weise, wie sie mit den Ansprüchen, die von außen an ihre Arbeitsweise herangetragen werden, umgehen. Damit erzielten sie durchweg eine für Mensch und Tier gute Atmosphäre: sei es durch das gemeinschaftliche Zusammenwirken im Rahmen einer Bürgerstiftung, um den regionalen Anforderungen gerecht zu werden, sei es durch die konsequente Nutzung digitaler Medien, um Arbeitsspitzen so zu gestalten, dass Familie und Betrieb vereinbar sind oder sei es das komplette Umdenken der Haltungsform zum Wohle der Tiere, sodass die persönliche, wie auch die gesellschaftliche Erwartung befriedigt und die regionale Vermarktung erleichtert wird.
Im Folgenden werden die sieben Preisträger kurz vorgestellt. Ausführliche Informationen bietet die KTBL-Begleitschrift zum Wettbewerb „Unser innovativer Stall – tiergerecht, umweltgerecht und zukunftsfähig“, welche über den KTBL Online-Shop mit der Bestellnummer 11534 zu beziehen ist. Zudem finden sich die Kurzbeiträge über die Preisträger auf unserem KTBL-YouTube Kanal.

Prämierte Betriebe:
1. Hof Albersmeier, Lippetal, Nordrhein-Westfalen
Bereits in der vierten Generation bewirtschaftet Familie Albersmeier den konventionellen Schweinemastbetrieb mit mehreren Ställen, die sich rund um den Hof verteilen. 2015 wurden im laufenden Betrieb 3.500 Mastschweineplätze so umgebaut, dass sie den gemeinsam mit einer großen Handelskette ausgearbeiteten „Strohwohl“-Bedingungen entsprachen. Alle Schweine auf Albersmeiers Hof tragen Ringelschwänze und fühlen sich in Großgruppen im Außenklimastall wohl. Albersmeiers war es wichtig, dass die Vermarktung bereits vor dem Umbau geklärt war. Sie öffnen den Hof für ihre Mitmenschen, machen sich und ihre Produktionsweise transparent und räumen mit Vorurteilen gegenüber der konventionellen Landwirtschaft auf. Nicht nur im Bereich der Tierhaltung und der Energiewirtschaft, auch im Ackerbau gehen Albersmeiers seit Jahren neue Wege. Der Mut zu Neuem und das umgestaltete Haltungskonzept sind hoch prämierungswürdig und nachahmenswert.

2. Schülenswaldhof, Familie Förster, Maulbronn, Baden-Württemberg
Seit 2007 ist der Schülenswaldhof Bioland-Betrieb und mit dem Einstieg der nächsten Generation wurde auf 75 Kühe und 60 Jungviehtiere aufgestockt. 2018 entschlossen sich Försters dazu, mehrere Altställe abzureißen und einen Stall für Tiere aller Altersgruppen zu errichten. So entstand eine mehrhäusige Stallanlage mit einem Swing Over 2 x 10 Side-by-Side-Melkstand. Die Stallanlage verfügt über einen integrierten Laufhof und außenliegende Fressachsen mit überdachten Futtertischen.
Durch die Kombination von Kompostfläche, Entmistungsroboter, erhöhten Fressständen und der Vollweide in den Sommermonaten können Ammoniakemissionen reduziert und gleichzeitig das Tierwohl verbessert werden. Zudem wirkt sich all das positiv auf die Mobilität sowie die Klauengesundheit der Kühe aus. Die Tatsache, dass alle Tiere zusammenleben, bringt viel Ruhe in den Stall.
Der Betrieb Förster zeigt eine hohe Identifizierung zum Stallkonzept und bringt auf kreative und konstruktive Weise wertvolle Ideen und Techniken ein. Hier wird deutlich, dass ökologische Wirtschaftsweise und Technikeinsatz gut zusammenpassen. Innovativ und zukunftsfähig von der Haltung bis zum Management. Die zukunftsfähige Tierhaltung gepaart mit dem Wissen und Können eines Betriebsleiters, der sich und seinen Betrieb gut darstellen kann, ist sehr anerkennenswert und kann zur Nachahmung empfohlen werden.

3. Biohof May GbR, Junkershausen, Bayern
Familie May bewirtschaftet ihren Schweinebetreib nun in der 4. Generation. Bereits vor 30 Jahren stellten sie ihren Betrieb auf biologische Wirtschaftsweise um und traten einem Ökoverband bei.
Nachdem die ursprünglichen Hofställe fast vollständig abbrannten, entschieden sich Sohn und Schwiegertochter ihre sicheren Arbeitsplätze aufzugeben und dem Betrieb neues Leben einzuhauchen. So entstand die Idee eines „Bauernhof der Zukunft“. In mehrjähriger Bauzeit entstanden moderne Außenklimastallungen mit Offenfront, die sowohl von Tieren als auch vom Menschen als angenehmer Lebens- und Arbeitsraum wahrgenommen werden. Alle verwendeten Materialien sind umweltfreundlich und nachhaltig. Sowohl der Abferkelstall mit 16 Buchten für freies Abferkeln, als auch der Wartestall mit sechs Buchten à sechs Plätzen für die Muttersauen sowie zwei Buchten für die Nachzucht und den Deckeber verfügen über Futtertische, an denen die Tiere Frischfutter von den hofeigenen Flächen verfüttert bekommen.
Der Erfindergeist der Besitzer zeigt sich in vielen Details und reicht bis zur Eigenentwicklung eines Futterautomaten, der von den Schweinen selbstständig bedient wird. Raufutter wird als wichtige Futterkomponente und nicht nur als Beschäftigungsmaterial angesehen und auch so eingesetzt. Einfache Baumaterialien und funktionsorientierte Technologien runden das überzeugende Bild ab und sind in jeder Hinsicht innovativ wie nachahmenswert.

4. Sauerlandmilch GbR, Johannes Schütte und Friedbert Fredebeul-Krein, Brilon, Nordrhein-Westfalen
2010 gründeten der Quereinsteiger Johannes Schütte und der erfahrene Landwirt Friedbert Fredebeul-Krein die Sauerlandmilch GbR. Seitdem entwickeln die beiden den gemeinsamen Betrieb Stück für Stück weiter und setzten konsequent auf Digitalisierung und Automatisierung. Die 250 Holstein- und Braunvieh-Kühe werden von vier Melkrobotern gemolken. Alle Tiere der Sauerlandmilch GbR tragen einen Transponder und sind in einem Herdenmanagementsystem erfasst. Einstreuroboter, automatisches Fütterungssystem sowie Reinigungsroboter minimieren die körperliche Belastung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die freigewordene Arbeitszeit wird für das Management der leistungsstarken Milchviehherde verwendet, wobei die Tiergesundheit stets im Fokus steht.
Die Sauerlandmilch GbR trägt durch emissionsarme Spaltenböden und eine eigene Energieerzeugung über Biogas und Photovoltaik aktiv zum Klimaschutz bei. Da der Ertrag der PV-Anlage und die Bioenergie bei weitem den betrieblichen Verbrauch übersteigt, kann neben der Wärmenutzung für den Betrieb auch noch ein angrenzendes Wohnhaus geheizt sowie das betriebseigene Heu getrocknet werden.
Der Technikeinsatz und das gezielte Management führen zu familienfreundlichen Arbeitszeiten. Die Sauerlandmilch GbR ist ein moderner, innovativer Betrieb, der in Stallbau- wie auch in Managementfragen anderen ein Beispiel sein kann.

5. ERVEMA agrar Gesellschaft Wöhlsdorf mbH, Auma-Weidatal, Thüringen
1991 neu gegründet, betreibt die Agrargesellschaft an sechs verschiedenen Standorten Rinderhaltung und Ackerbau in einer besonderen Dimension. Am Standort in Auma-Weidatal befinden sich 1.000 Rinder. 2006 wurde auf Fleckvieh umgestellt, die eine durchschnittliche Milchleistung von 8.000 l erzielen. Hier geht es dem Betrieb um Nachhaltigkeit: Nicht die Leistung, sondern die Tiergesundheit steht im Vordergrund. Zwischen 2017 und 2019 wurde im Ortsteil Staitz eine Milchviehanlage geschaffen, die ihresgleichen sucht – eine hochmoderne und emissionsarme Stallanlage. Klauenpflege findet dort zum Beispiel mit modernster Ausstattung und unter besten Arbeitsschutzbedingungen statt. Die Liegeboxenlaufställe in Außenklima mit ständigem Weidezugang verfügen zudem über ein 50er-Außenmelkkarussell. Laufflächen, Fressplätze sowie die Liegeflächen sind nach der Thüringer Premium Förderung (AFP) gestaltet. Je Arbeitsstunde konnte im Vergleich zur alten Milchviehhaltung die Effizienz um 35 % gesteigert und der Stromverbrauch um 30 % gesenkt werden. Auch auf die Tiergesundheit wirkt sich der Neubau positiv aus.
Die strukturierte Hofanlage sowie das voll durchdachte System beeindrucken auf den ersten Blick. Auch in puncto hofeigene Kreislaufwirtschaft kann die ERVEMA überzeugen. Alle Wertstoffe wie Futter, Milch, Fleisch, Biogase, Wärme, Energie und Dünger, die im regionalen Kreislauf entstehen, werden verwertet. 100 % des Wirtschaftsdüngers gelangt direkt in die vier hofeigenen Biogasanlagen. Diese versorgen Nahwärmekunden, was eine regionale Verbundenheit schafft. Es fallen die vielen Besonderheiten auf, die der Betrieb umgesetzt hat. Hier steht das Konzept der Milcherzeugung und nicht der Stall im Vordergrund. Der Weidegang ist bei dieser Größenordnung innovativ und anerkennenswert; ebenso die stark spürbare Sozialverantwortung für die Mitarbeiter und das Dorf.

6. Stier GbR, Familie Stier, Untermünkheim, Baden-Württemberg
Zwei Generationen bewirtschaften in Untermünkheim einen konventionellen Haupterwerbsbetrieb mit 145 Milchkühen und 140 Jungrindern. Von den knapp 100 Hektar Land, die Stiers bewirtschaften, sind 20 Hektar Grünland. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe EIP-Rind (Europäische Innovationspartnerschaft Rind – emissionsmindernd, tiergerecht, umweltschonend) wurde für die 145 Milchkühe der GbR ein Außenklimastall in mehrhäusiger Bauweise entwickelt, der Maßnahmen für das Tierwohl, die Emissionsminderung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Strukturierung von Haltungssystemen und die Nachhaltigkeit umsetzt. Ein besonderes Augenmerk wurde darauf gerichtet, dass sich der Stall gut ins Landschaftsbild einfügt und ein optimales Raumklima bietet. Der Außenklimastall besteht aus zwei dreireihigen Ställen und einem gemeinsamen Futtertisch in der Mitte. Durch zwei automatische Melksysteme und einen Futteranschieberoboter besteht ein hoher Automatisierungsgrad, der Arbeitsspitzen für den Familienbetrieb abfedert.
Das innovative Stallkonzept greift viele spezielle Ideen wie integrierte Laufhöfe, beheizbare Spalten oder emissionsarme Laufflächen auf und integriert sie in ein stimmiges Gesamtbild. Die mehrhäusige Bauweise bietet den Kühen natürliche Klimareize, die sie im Rahmen ihrer Funktionskreise (Liegen, Futteraufnahme, Sozialkontakte usw.) wahrnehmen können. Die Stier GbR ist ein solider, moderner Milchviehbetrieb, der stallbauseitig hochinnovativ und nachahmungswürdig ist.

7. Kreuzthaler Bürgerstiftung KulturLandschaft Adelegg, Buchenberg, Bayern
Bei der Kreuzthaler Bürgerstiftung handelt es sich um eine Initiative der Dorfbevölkerung. Der Landschaftspflegehof mit Ziegenstall, angrenzender Heubergehalle, Hofladen und Käserei wurde mit Unterstützung der umliegenden Gemeinden und Landkreises, Unternehmern der Region sowie vielen Spenden finanziert. Hinzu kamen Mittel des Bayerischen Naturschutzfonds und die Stallbauförderung vom Amt für Landwirtschaft Kempten. Nun wird der Stall für 60 Milchziegen und deren Nachzucht an das Betreiberehepaar Oliver und Leona Post verpachtet, mit dem Ziel, sich selbst zu tragen. Die Absicht der Stiftung ist es, in den Grenzertragslagen des Naturraums Adelegg eine ökologisch und ökonomisch nachhaltig betriebene Landwirtschaft sicherzustellen. Im Mittelpunkt stehen dabei der Erhalt und die Entwicklung der heimatlichen Kulturlandschaft als Lebens- und Erholungsraum sowie die Pflege der ökologisch wertvollen Bergwiesenlebensräume. Da Ziegen dort einsetzbar sind, wo Kühe nicht mehr „ran“ möchten, sind sie dazu gedacht, das dortige Verbuschungsproblem zu lösen.
Neben der landschaftsverträglichen, ressourcenschonenden und ökologisch nachhaltigen Bauweise sollte der im Jahr 2015 erbaute Stall auf das Tierwohl ausgerichtet und für vorbeigehende Besucher bis in den letzten Winkel transparent sein. Käserei und Melkhaus wurden in 2019 fertiggestellt. Den Wettbewerbsnachteil durch die schwierigen Standortbedingungen versucht die Stiftung durch Produktqualität, Direktvermarktung und Öffentlichkeitsarbeit wettzumachen. Ein überzeugendes, ökologisch ausgerichtetes Naturprojekt – verbunden mit der besonders tiergerechten Haltung ist dieses Projekt hoch innovativ und nachahmenswert.

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