Ein Jahr Digitalpolitik der Ampel: Guter Start, 2023 muss Umsetzung folgen
Trotz der zu bewältigenden ‚Zeitenwende‘ wurden im ersten Jahr der Ampelregierung für den Ausbau zukunftsfähiger digitaler Infrastrukturen viele Dinge angestoßen. Im nun beginnenden zweiten Amtsjahr muss die Bundesregierung gemeinsam mit Ländern und Kommunen dafür sorgen, dass die begonnenen Maßnahmen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen, indem sie den Glasfaserausbau nachhaltig beschleunigen. Die Bundesregierung muss 2023 zum Jahr der Umsetzung machen. Doch auch Länder und Kommunen sind in der Pflicht, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung des Ausbautempos zu ergreifen.
SPD, Grüne und FDP sind in Sachen Glasfaserausbau gut gestartet: Der Koalitionsvertrag enthält viele gute Ideen und Maßnahmen und die deutlich erweiterten Kompetenzen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) im Bereich Digitalisierung und digitale Infrastrukturen waren ein wichtiger Schritt hin zu einer effizienten Aufgabenverteilung, wenngleich noch viele Digital-Zuständigkeiten auf andere Ressorts verteilt sind. Der Weg zu einem echten Digitalministerium ist immer noch weit.
Die Mitte Juli veröffentlichte Gigabitstrategie war mit ihren knapp 100 konkreten Maßnahmen neben der Digitalstrategie ein zentraler Meilenstein der Digitalpolitik der Ampel. Aber entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg der Strategie ist deren Umsetzung. Die ambitionierten Ziele im Glasfaserausbau sind nur erreichbar, wenn die Ausbaubedingungen für die Unternehmen verbessert werden. Leider fehlte in dem Papier der größte Hebel für die Beschleunigung des Glasfaserausbaus: eine klare Priorisierung der öffentlichen Förderung auf wirklich förderbedürftige Gebiete.
Die BREKO Marktanalyse 2022 hat gezeigt, dass der eigenwirtschaftliche Glasfaserausbau trotz widriger geopolitischer Umstände und hoher Inflation weiter boomt. Diese starke Marktdynamik sollte die Bundesregierung durch gezielte Maßnahmen unterstützen, um die Ausbauziele zu erreichen und Risiken für den weiteren Ausbau zu minimieren. Dazu gehört, die öffentliche Förderung gezielt und wohldosiert einzusetzen, damit sie den eigenwirtschaftlichen Ausbau nicht behindert. Dass die von den Bundesländern angekündigte „natürliche Priorisierung“ in der Praxis nicht funktioniert, hat die Erschöpfung des für 2022 vorgesehenen Förderbudgets Mitte Oktober eindrücklich gezeigt. Jetzt ist das BMDV in der Pflicht, auf Basis der in Arbeit befindlichen Potenzialanalyse für eine Priorisierung der Förderung zugunsten besonders schlecht versorgter Kommunen und eine sinnvolle Verzahnung von eigenwirtschaftlichem und gefördertem Ausbau zu sorgen. Andernfalls wäre eine erneute Diskussion um leere Fördertöpfe spätestens im Sommer 2023 vorprogrammiert.
Eine weitere politische Großbaustelle sind die Genehmigungsverfahren im Glasfaserausbau. Eine Vereinfachung und Digitalisierung der Antragsverfahren birgt erhebliches Beschleunigungspotenzial für den Ausbau insgesamt. Das von den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes entwickelte Breitbandportal ist dafür ein wichtiges Instrument. Für den Erfolg des Portals ist jedoch entscheidend, dass es schnellstmöglich in allen Bundesländern und Kommunen zum Einsatz kommt. Wir beobachten leider aktuell, dass viele Kommunen noch zögerlich agieren und Unterstützung durch Bund und Länder bei der Umsetzung benötigen.
Ein ebenfalls wichtiger Schritt hin zu einem schnelleren Glasfaserausbau ist die Normierung moderner Verlegemethoden, mit denen sich im Vergleich zur offenen Grabenbauweise viel Zeit und Geld sparen lässt. Entscheidend ist jedoch auch hier, dass die zuständigen Kommunen die kommende DIN 18220 beachten, um Glasfaser ausbauenden Unternehmen die Nutzung von Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren zu erleichtern.
In der bisher insbesondere auf europäischer Ebene geführten „Fair Share“-Diskussion um eine Kostenbeteiligung von Big-Tech-Unternehmen am Netzausbau ist die Bundesregierung bisher eine klare Positionierung schuldig geblieben. Wir erwarten eine konstruktive und ergebnisoffene Debatte mit allen Beteiligten. „Fair Share“-Beiträge können die bestehende Ausbaudynamik weiter stärken und zur Sicherheit und Nachhaltigkeit der Netze beitragen. Entscheidend in der Umsetzung ist jedoch, dass der faire Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt gesichert bleibt. Zahlungen müssen allen Glasfaser ausbauenden Unternehmen zugutekommen und die Netzneutralität wahren. Verhandlungslösungen, wie sie von den ‚Big Telcos‘ vorgeschlagen werden, würden zu Wettbewerbsverzerrungen führen und sind daher abzulehnen.
Als führender Glasfaserverband mit über 440 Mitgliedsunternehmen setzt sich der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) erfolgreich für den Wettbewerb im deutschen Telekommunikationsmarkt ein. Seine Mitglieder setzen klar auf die zukunftssichere Glasfaser und zeichnen für 70 Prozent des Ausbaus von Glasfaseranschlüssen in Deutschland verantwortlich. Die mehr als 230 im Verband organisierten Telekommunikations-Netzbetreiber versorgen sowohl Ballungsräume als auch ländliche Gebiete mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen. Dafür haben sie im Jahr 2021 3,2 Mrd. Euro investiert. Weitere Informationen finden Sie unter brekoverband.de.
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