Thüringer Kindergärten am Limit: GEW fordert im Zuge des neuen KiTa-Qualitätsgesetzes mehr Geld und mehr Verbindlichkeit von Land und Kommunen
Das Kita-System in Thüringen geht deutlich geschwächt aus den Krisen der letzten Jahre hervor. Vielerorts müssen Öffnungszeiten reduziert oder ganze Gruppen geschlossen werden. Die aktuelle Situation in den Kindergärten ist ein lang vorhergesagtes Ergebnis des Fachkräftemangels, insbesondere die GEW hat immer wieder davor gewarnt. Nunmehr treffen ein hoher Krankenstand und schlechte Personalschlüssel aufeinander. Viel zu viele Kinder müssen von viel zu wenigen Erzieher:innen betreut werden. Die Personalschlüssel in Thüringer Kindergärten waren und sind nicht geeignet, Fehlzeiten durch Krankheit, Urlaub und Fortbildungen auszugleichen und trotzdem jedem Kind eine alters- und entwicklungsgerechte Förderung zu ermöglichen.
Was es jetzt braucht, ist ein schneller und mutiger Kita-Plan. Zusammen mit den Bundesmitteln aus dem KiTa-Qualitätsgesetz müssen der Freistaat und die Thüringer Kommunen und Gemeinden jetzt endlich deutlich mehr Geld in die frühkindliche Bildung investieren. Denn es werden weder allein die Bundesmittel noch einzelne Landesvorhaben ausreichen, um das Kita-System für die Zukunft qualitativ auszubauen.
Nur wenn die Bundesmittel klug investiert, die Landesmittel deutlich aufgestockt und die Kommunen und Gemeinden auch ihren Anteil beitragen, indem sie die kommunale Pflichtaufgabe Kindertagesbetreuung endlich zur „Chef-Sache“ machen, können die Thüringer Kindergärten ihrem frühkindlichen Bildungsauftrag gerecht werden.
Wir brauchen in Zeiten wachsender ökonomischer und sozialer Ungleichheiten und mit dem Blick auf die Fachkräfte, Kinder und Eltern eine entschlossene Qualitätsentwicklung und nicht erneut ein zauderndes Flickwerk.
„Die Thüringer Landeregierung muss endlich definieren, welchen Personalschlüssel sie für die Kindertageseinrichtungen als Ziel anvisiert. Und wir brauchen einen verbindlichen Stufenplan, wann und wie sie diesen Personalschlüssel erreichen will“ fordert Bettina Löbl, die stellvertretende Vorsitzende der GEW Thüringen. „Wir können es uns nicht leisten, noch weitere zehn Jahre auf eine deutliche Entlastung der pädagogischen Fachkräfte und eine kindgerechte Förderung zu warten. Zögern, Zaudern und Fortschritte in homöopathischen Dosen sind wenig zielführend“, so Löbl weiter.
Zum Hintergrund:
Mit dem KiTa-Qualitätsgesetz unterstützt der Bund die Länder seit 2019 mit insgesamt 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Für Thüringen standen insgesamt 142 Millionen Euro zur Verfügung.
Alle 16 Bundesländer haben Verträge mit dem Bund unterzeichnet, die regeln, wie das Kita-Qualitätsgesetz umgesetzt wird. Thüringen hat mit diesen Mitteln folgende Maßnahmen ergriffen:
- Verbesserte Fachkraft-Kind-Relation und Erhöhung der Minderungszeiten mit 44 Prozent der Mittel
- Modellprojekt PiA mit einem Prozent der Mittel
- Modellprojekt „Vielfalt vor Ort begegnen“ mit 12 Prozent der Mittel
- Erweiterung der Beitragsfreiheit mit 43 Prozent der Mittel
Nun hat der Bund, da das KiTa-Qualitätsgesetz nur Finanzierungszusagen bis 2022 gibt, ein zweites Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität auf den Weg gebracht.
4 Milliarden Euro werden für die Jahre 2023 und 2024 den Ländern zur Verfügung gestellt. Der Bund wird erneut Verträge mit den Ländern zur Mittelverwendung schließen.
Die Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte Interessenvertretung in Thüringen im Bildungsbereich. Sie organisiert aktive und ehemalige Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum.
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