Bundesverwaltungsgericht weist Klage von RSF zurück
„Bei Reporter ohne Grenzen kommunizieren wir regemäßig mit ausländischen Journalistinnen, Journalisten und Regierungsstellen. Deshalb sehen wir durchaus die Gefahr, dass der BND uns mittels Staatstrojaner ausspäht. Beweisen können wir das nur leider nicht, denn der BND informiert uns darüber natürlich nicht“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Zumindest hat uns der Gerichtstermin die Gewissheit gebracht, dass der BND den Staatstrojaner tatsächlich nutzt und wir somit potenziell gefährdet sind – ebenso wie Medienschaffende, die mit Zielpersonen des BND in Kontakt stehen. Das verletzt den journalistischen Quellenschutz und ist eine echte Gefahr für die Kolleginnen und Kollegen. Unser Ziel ist deshalb nach wie vor ein Verbot des Einsatzes von Staatstrojanern durch den BND gegen unverdächtige Nebenbetroffene.“
RSF hatte im Oktober 2021 mit Unterstützung des Berliner Rechtsanwalts Niko Härting vor dem Bundesverwaltungsgericht zunächst einen Eilantrag eingereicht, den das Gericht im November 2021 abgelehnt hatte. Am Mittwoch fand nun der erste und einzige Termin im Hauptverfahren statt. Bei diesem hörte das Gericht vier Experten des BND an. Sie bestätigten, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst sowohl in der Inland-Ausland- als auch in der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung sogenannte Staatstrojaner verwendet. Mittels dieser Spähsoftware kann der BND in Smartphones und Computer einer Zielperson eindringen und dort verschlüsselte Nachrichten abrufen. Die Nachfrage von Rechtsanwalt Härting, ob der BND auch die umstrittene Spionagesoftware Pegasus benutzt, wie 2021 Recherchen von Süddeutscher Zeitung, Zeit, NDR und WDR ergaben, ließ das Gericht nicht zu. Mithilfe von Pegasus kann sämtliche verschlüsselte wie unverschlüsselte Handykommunikation abgehört und mitgelesen werden.
Koordiniert von RSF hatten im Oktober 2021 auch zwei Journalisten und eine Journalistin, die zu rechtsextremen Netzwerken recherchieren, sowie das Whistleblower Netzwerk Klagen bei unterschiedlichen Verwaltungsgerichten eingereicht. Die Medienschaffenden könnten durch Quellen, die potenziell vom Bundesamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz sowie vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) überwacht werden, zum „Beifang“ von Überwachung mittels Staatstrojanern geworden sein. Die Eilverfahren waren bislang nicht erfolgreich, in den entsprechenden Hauptverfahren stehen Entscheidungen der ersten Instanz noch aus.
Mit der Abweisung der Klage durch das Bundesverwaltungsgericht zeigt sich einmal mehr sich die Bedeutung eines weiteren Verfahrens von RSF, das im Januar 2021 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zur Entscheidung angenommen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zuvor 2016 eine Klage von RSF gegen die anlasslose BND-Massenüberwachung zurückgewiesen, das Bundesverfassungsgericht ein Jahr später die darauffolgende Beschwerde von RSF. Die Gerichte begründeten dies schon damals damit, dass Organisation nicht glaubhaft dargelegt habe, dass sie konkret von der Überwachung betroffen sei.
RSF wird nun gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Aus Sicht von RSF ist eine grundsätzliche Neuregelung des deutschen Verfassungsschutzrechts nötig, die die Überwachung von Medienschaffenden als Mittel zur Verfolgung von Verdachtspersonen ausschließt. Im Juni 2021 hatte der Bundestag den Nachrichtendiensten zusätzliche Rechte eingeräumt.
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