Die Big 4 als Sprungbrett für eine Karriere auf Unternehmensseite
Hannah Hermann, deren Karriere ebenfalls in einer der Big 4 begann, berichtet uns von ihren Erfahrungen mit Big-4-Kandidaten, die in die Industrie wechseln möchten oder bereits gewechselt sind.
Was sind die Hauptgründe dafür, dass Finanzexperten die Big 4 verlassen möchten?
Eine Tätigkeit bei den Big 4 ist insbesondere für Absolventen mit Bachelor- oder Masterstudium im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich hochattraktiv und gilt als Aushängeschild schlechthin für die spätere Karriere. Wahr ist aber auch, dass man bei den Big 4 oftmals eine harte Schule durchläuft. „Die Anforderungen sowie die Arbeitsbelastung sind in der Regel überdurchschnittlich hoch. Streckenweise leisten die Mitarbeiter eine 60- bis 70-Stunden-Woche. Aber es gibt natürlich auch eine gute Seite: Talente, die diese ,harte Schule‘ durchlaufen, bringen ein gewisses Mindset mit, gekoppelt mit einer extrem hohen Motivation und Einsatzbereitschaft. Die Mitarbeiter lernen in kurzer Zeit sehr viel und erhalten Einblick in verschiedene Unternehmen und Branchen.“
Hermann spricht aus eigener Erfahrung: „Die Fachkräfte arbeiten in der Regel projektbasiert. Das erfordert die Fähigkeit, extrem flexibel und effektiv auf die jeweiligen Kundenanforderungen einzugehen und sich schnell in neue Themen einzuarbeiten. Ein gewisser Nachteil ist, dass man bei einem Einsatz beim Mandanten meist nur einen kleinen Ausschnitt des Unternehmens kennenlernt und somit keinen profunden Einblick in den gesamten Unternehmensablauf gewinnen kann.“
Raus aus der Beratung und dann auf Unternehmensseite
In der Tat sehen viele Fachkräfte ihre Zukunft nicht auf ewig bei einer der Big 4. Nur wenige streben langfristige Partnerschaften an, denn der Weg dahin ist kein leichter. Um Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater zu werden, bedarf es nach etwa drei bis vier Jahren eines Examens. Hermann: „Das bedeutet – neben der ohnehin schon starken Arbeitsbelastung –, in der Regel mindestens ein Jahr lang Wochenendseminare zu besuchen, um sich auf das Examen vorzubereiten.“ Dabei sind die Durchfallquoten hoch und nur wenige schaffen es zur Partnerschaft. Daher beenden viele vor dem anstehenden oder nach dem nicht bestandenen Examen die Big 4.
Wo landen diese Big-4-Abgänger?
„Wir stellen fest, dass sich Fachkräfte je nach Lebensplanung und familiärer Situation häufig nach etwa drei bis vier Jahren dazu entscheiden, entweder auf Unternehmensseite zu wechseln oder in einer kleineren Wirtschaftsprüfungs- bzw. Steuerberatungsgesellschaft den nächsten Karriereschritt machen.“
Und dies scheint ein Trend zu sein: Die sogenannten Next-10-Beratungen können beispielsweise ebenfalls mit einer Top-Reputation aufwarten und betreuen ein spannendes Portfolio an Mandanten. Gleichzeitig sind die Work-Life-Balance und die Benefits oftmals attraktiver und die Arbeitsbelastung nicht ganz so hoch.
Andere finden ihr neues Tätigkeitsfeld innerhalb eines internationalen Unternehmens und besetzen eine Position z. B. im Konzernrechnungswesen oder im Financial und Business Controlling. Dort können Big-4-Abgänger mit ihren Fähigkeiten punkten. Der Bedarf an Finanzexperten steigt kontinuierlich, die Kandidaten sind also begehrt und dürfen sich auf teilweise deutlich bessere Gehälter freuen. Der Arbeitsalltag in der Industrie ist mit weniger Leistungs- und Zeitdruck verbunden und besser plan- und berechenbar – auch mit Hinsicht auf eine passende Work-Life-Balance. Das ständige Reisen entfällt und man arbeitet in festen Teams.
„Diese Veränderungen wünschen sich vor allem jene, die Wert auf ein Privatleben mit ihrer Familie legen und nicht all ihre Zeit dauerhaft dem Job widmen wollen“, weiß Hermann. „Dabei sind die Arbeitseinstellung, Belastbarkeit und Herangehensweise nicht mit denen in einer der Big 4 vergleichbar.“
Wie verändert sich die Arbeit dieser Professionals, wenn sie in der Industrie durchstarten?
Während man bei den Big 4 in sehr kurzer Zeit analysiert und prüft, legt man auf Unternehmensseite seine Prüferbrille ab und ist selbst für die Erstellungsprozesse, beispielsweise von Jahresabschlüssen und Unternehmensberichten, zuständig. Man arbeitet unterm Strich weniger, bekommt meistens aber mehr Gehalt. Auch der Bezug zur Führungskraft ist hier intensiver, während im dynamischen Projektgeschäft der Big 4 immer wieder in neu gemischten Teams gearbeitet wird.
Hermann: „Bei den Big 4 befindet man sich unter Gleichgesinnten. Alle haben dasselbe Ziel vor Augen und sind bereit, auch viele Überstunden zu leisten. Jedes Jahr steigt man im internen Ranking auf und alle zwei bis drei Jahre steht eine Beförderung an. Vom Junior- wird man zum Senior-Berater, nach erfolgreichem Examen zum Manager und Senior Manager. Danach steht die Tür offen für die Position des Direktors und später möglicherweise für eine Partnerschaft.“
Trotz dieses klaren Karrierepfads ist vielen die Arbeitsbelastung auf Dauer zu hoch. Nicht nur, dass eine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft sowie nach drei bis vier Jahren das Examen gefordert werden. Auch ist ein Mitarbeiter ab dem Level des Managers selbst für seine Mandanten sowie die Akquise neuer Mandanten verantwortlich. Mehr und mehr zählen auch Aspekte wie Persönlichkeit, Vernetzung, Vertriebsstärke und Verhandlungsgeschick. Hermann berichtet aus ihrer Erfahrung dazu: „Wer inhaltlich und fachlich starke Ergebnisse in der Jahresabschlussprüfung oder in der Steuerberatung vorlegen kann, muss nicht zwangsläufig auch in Sachen Kundenakquise, Vertrieb und Networking ein Virtuose sein.“ Diese Fähigkeiten nebst der notwendigen Bereitschaft, auf Kosten des Privatlebens auch in der eigenen Freizeit und abends für die Kunden da zu sein, dürften mit ein Grund dafür sein, warum nur ein kleiner Teil der Big-4ler letztlich die Position des Partners anstrebt.
Anders sieht es in Unternehmen aus. Diese geben häufig keinen klaren Karrierepfad vor, sodass die Fachkräfte selbst aktiv nach Positionen suchen müssen, um auf die nächste Stufe zu gelangen. Oftmals heißt dies abzuwarten, bis eine Position, z. B. die eines Teamleiters oder CFOs bzw. Finance Directors, frei oder umstrukturiert wird. So entsteht die Chance nachzurücken. Für die Tätigkeit als CFO sollte man zudem breit aufgestellt sein und idealerweise bereits Erfahrungen in den Bereichen Accounting, Controlling und Treasury mitbringen.
Was raten Sie Big-4-Prüfern, die einen Wechsel in die Industrie erwägen?
Wer sich ursprünglich für eine Karriere in der Wirtschaftsprüfung entschieden hat, sollte ganz ehrlich hinterfragen, was sich geändert hat. Stört die Arbeitsbelastung oder macht die Tätigkeit keinen Spaß mehr? Falls man grundsätzlich in einer Prüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft bleiben, aber die Arbeitsbelastung reduzieren möchte, könnte man in eine kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Steuerberatung wechseln. Wenn man frischen Wind braucht, bietet sich der Wechsel auf Unternehmensseite an.
„Aus Erfahrung wissen wir, dass nicht wenige der Big-4-Abgänger beim Wechsel auf Unternehmensseite mit einer mitunter deutlich geringeren Dynamik eine Art Kulturschock erleben. Der Esprit und das Mindset von Führungskräften bei den Big 4 unterscheiden sich meist von denen in Unternehmen“, weiß Hermann.
Bewerber sollten sich im Klaren darüber sein, dass man auf dem freien Markt nicht mehr so sehr in einem Team performanceorientierter Gleichgesinnter agiert. Stattdessen arbeitet man mit sehr unterschiedlichen Kollegen mit verschiedenen Karrierezielen zusammen, die vielleicht weniger motiviert sind und eine andere Arbeitseinstellung haben.
Hier kann es ratsam sein, in den Austausch mit einer Personalberatung zu treten, um von deren Insights zu profitieren. Recruitment-Experten von Robert Walters verfügen über viel Erfahrung und haben oftmals Einblick hinter die Kulissen der Unternehmen. Hermann: „Wir wissen, was die Unternehmen suchen. Wir erfahren aber auch viel von Fachkräften, die wir bereits vermittelt haben und können so Fragen zur Teamzusammensetzung, Perspektiven, Arbeitsbelastung, Eigenverantwortung, anstehenden Projekten, vorhandenen Systemlandschaften, Büroausstattung und anderes beantworten.“ Außerdem verfügt Robert Walters über qualitativ hochwertige Kunden- und Kandidatennetzwerke. Hermann fügt hinzu: „Wir kennen die Unternehmen und potenziellen künftigen Vorgesetzten wie auch aktuelle Vakanzen, die wir geeigneten Bewerbern anbieten können – je nachdem, ob sie sich für die Zukunft eher ein etwas gesettelteres Umfeld oder wieder eine Position mit viel ,Drive und Spirit‘ wünschen.“
Robert Walters ist als eine der führenden Personalberatungen spezialisiert auf die Besetzung von Fach- und Führungskräften auf allen Managementebenen. In Deutschland besetzen wir Positionen in Festanstellung und im Interim Management in den Bereichen Finance & Accounting, Banking & Financial Services, Human Resources, Information Technology, Procurement & Supply Chain und Sales & Marketing.
Robert Walters wurde im Jahr 1985 gegründet und ist heute international in 31 Ländern vertreten.
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