Eine Milliarde Umverteilung in der Rentenkasse: Midijob-Reform schützt nicht vor Altersarmut
Frauen, Alleinerziehende und Teilzeitbeschäftigte profitieren besonders von der Reform der Midijobs seit Anfang des Jahres. Bis zu einem Arbeitslohn von 2 000 Euro zahlen Midijobber*innen verminderte Beiträge zur Rente und anderen Zweigen der Sozialversicherung. Die Midijob-Regelung kann zur Vermeidung von Altersarmut beitragen. Allerdings entlastet sie auch Personen mit mittleren und hohen Einkommen oder Stundenlöhnen, deren Altersarmutsrisiko deutlich geringer sein dürfte. Das zeigt eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) die Wirkungen der Reform untersucht haben.
„Die Ausweitung der Midijobs soll vor Altersarmut schützen, die Reform ist aber nicht zielgenau“, sagt Hermann Buslei, wissenschaftlicher Mitarbeiter im DIW Berlin und Co-Autor der Studie. „Die eine Milliarde Euro teure Reform entfaltet nicht ihr volles Potenzial, weil das Geld auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und nicht zum Ziel der Armutsvermeidung beiträgt – dafür profitieren auch Besserverdienende“, sagt Buslei. Die Sozialversicherungsbeiträge von Midijob-Beschäftigten sind von 520 Euro bis zu 2 000 Euro monatlichem Bruttolohn vermindert. Die reduzierten Sozialabgaben für die Rente werden durch eine Umverteilung innerhalb der Rentenversicherung ausgeglichen. Das bedeutet: Midijobber*innen zahlen weniger Beiträge, erhalten aber dieselben Rentenansprüche als wenn sie den vollen Beitrag gezahlt hätten.
Grundrente ausbauen bringt mehr als Midijob-Regelung
Allerdings entlastet die Midijob-Regel auch Personen in den höchsten Einkommensgruppen, ohne zu prüfen, wie hoch der Stundenlohn liegt oder wie die finanzielle Situation der staatlich geförderten Person ist. Zwar profitieren auch potenziell von Altersarmut betroffene Menschen, allerdings werden auch Beschäftigte entlastet, deren Altersarmutsrisiko eher niedrig ist. Um Altersarmut effektiver zu bekämpfen, könnte direkt bei den Rentenanwartschaften der Betroffenen angesetzt werden. „Man könnte die Förderung anhand der Grundrente ausbauen. Die hat den Vorteil, dass sie nur Haushalte mit niedrigem Einkommen erreicht und dass die Betroffenen keine Anträge für die Unterstützung benötigen“, sagt Hermann Buslei. Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass die Förderung der Midijobs nicht gegenfinanziert ist und in Zukunft Kostensteigerungen zu erwarten sind. Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin und Co-Autor der Studie rät: „Man sollte den Bundeszuschuss entsprechend anpassen und die zusätzlichen Kosten transparent finanzieren.“
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