Hamburger Rettungsdienst droht der Kollaps
Die neun Rettungswagen (RTW) von Falck werden durch die Einsatzzentrale der Feuerwehr disponiert. Neben Falck und der Feuerwehr sind die vier Hilfs- organisationen (ASB, DRK, JUH und MHD) in der Notfallrettung tätig. Alle Leistungserbringer arbeiten partnerschaftlich und auf Augenhöhe miteinander zusammen, um den Rettungsdienst für die Hamburger Bürgerinnen und Bürger auch in diesen schwierigen Zeiten optimal zu leisten.
Bereits im Dezember wollte die Behörde für Inneres den Hamburger Rettungsdienst durch zwölf zusätzliche RTW ab Oktober 2023 aufstocken – aber sie forderte ausschließlich die Hilfsorganisationen zur Angebotsabgabe auf. Diese sind jedoch nicht in der Lage, alle Fahrzeuge allein zu betreiben und haben für zwei der zwölf neuen RTW gar keine Angebote abgegeben. Falck hätte die Fahrzeuge problemlos besetzen können, durfte aber nicht an der Ausschreibung teilnehmen. Diese zusätzlichen Rettungsmittel werden der Stadt weiterhin fehlen.
Zusätzlich werden nun die neun Falck-RTW neu ausgeschrieben. Aber Falck darf sich auch an dieser Ausschreibung nicht beteiligen. Diese neun RTW werden nicht durch die Hilfsorganisationen allein besetzt werden können. Dadurch reduziert sich die Zahl der einsatzbereiten RTW in Hamburg weiter. „Die Tätigkeit von Falck in der Hamburger Notfallrettung soll damit nach dem Willen der Innenbehörde im November 2023 enden.“, sagt Falck-Chef Klaus Runggaldier.
Hintergrund: In Hamburg kann sich die Behörde nach seit 2019 novelliertem Rettungsdienstgesetz dafür entscheiden, die Notfallrettung neben der Feuerwehr nur von Organisationen oder Unternehmen durchführen zu lassen, die gemeinnützig sind und denen die Behörde selbst eine sogenannte „Zustimmung zur Mitwirkung im Katastrophenschutz“ ausgestellt hat. Gemeinnützig ist Falck, allerdings wird Falck trotz mehrfacher Anträge und nachgewiesener
Leistungsfähigkeit eine solche Anerkennung als Katastrophenschutzorganisation seitens der Behörde verweigert, weil es „aus haushälterischer Sicht im Rahmen bestehender Haushaltsmittel abgelehnt werden müsse“, – so der Wortlaut der Behörde im jüngsten Ablehnungsschreiben vom 10. März.
Das ist vollkommen unverständlich, denn Falck hat überhaupt keine Förderung aus Haushaltsmitteln beantragt und würde auf Haushaltsmittel für eine Zustimmung zur Mitwirkung im Katastrophenschutz sogar verzichten. „Falck finanziert seine Katastrophenschutz-Einheiten selbst, um seinen Beitrag für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz an den jeweiligen Standorten zu leisten. Wir sind beispielsweise an unseren Standorten in Sachsen und Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren mit eigenen Einheiten in den Katastrophenschutz eingebunden. Auch für Hamburg stehen unsere Einheiten bereit, aber sie sind politisch offensichtlich nicht gewollt.“ erläutert Klaus Runggaldier.
Ohne Zustimmung der Stadt zur Mitwirkung im Katastrophenschutz in Hamburg wird Falck die Chance genommen, die neun RTW auch über den November 2023 hinaus zu betreiben.
Der Ausschluss von Falck aus der Notfallrettung hat weitere Konsequenzen, die den Personalmangel im Rettungsdienst zusätzlich verschärfen würden. Die Beteiligung an der Notfallrettung ist Basis für die Falck-Akademie in Hamburg. Hier bildet Falck neben eigenem Personal auch Rettungsfachkräfte für die Feuerwehr Hamburg, die Bundeswehr und andere Rettungsdienstleister aus. Ohne Einbindung in die Notfallrettung sind diese Ausbildungen nicht mehr adäquat zu realisieren, einer gemeinnützigen Ausbildungsinstitution in Hamburg würde die Existenzgrundlage entzogen. Die Folge: noch stärkerer Personalmangel in Notfallrettung und Krankentransport und noch mehr Krankentransporte, die mit RTW gefahren werden müssen, die dann wiederum nicht für Notfallpatienten zur Verfügung stehen.
Die Rahmenbedingungen der Ausschreibung und der bisherige Ausschluss von Falck stehen im Widerspruch zu den ausdrücklichen Empfehlungen von Feuerwehr, Hilfsorganisationen sowie Fachleuten. Die Folgen der momenta- nen Ausschreibung sind für Experten schon jetzt abzusehen: Das Rettungsdienstsystem in Hamburg würde sich massiv verschlechtern, Hilfsfristen noch weniger eingehalten werden und die Menschen in Hamburg nicht rechtzeitig gerettet. Zudem würden die Kosten für alle Akteure im System enorm steigen. „Wir sind entsetzt, wie die Gesundheit der Bürger aufs Spiel gesetzt und alle Folgen für die Hansestadt außer Acht gelassen werden.“, sagt Runggaldier.
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