Fahrzeugbau / Automotive

Marktpositionierung der deutschen Automobilhersteller in China

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– Strategische Marktkonzentration der deutschen Automobilhersteller in China führt zu hoher Abhängigkeit und Verwundbarkeit
– Im Zukunftsfeld der Elektromobilität liegen die deutschen Automobilhersteller in China noch weit zurück

Die Automobilindustrie steht in China vor multiplen Herausforderungen. Zum einen ist China mit Abstand der größte Automobilmarkt der Welt. Mit über 23,5 Mio. Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2022 entfällt damit fast ein Drittel des weltweiten Pkw-Absatzes auf China. Daraus ergeben sich große Absatz- und Gewinnchancen gerade für die deutschen Automobilhersteller, allerdings nimmt die Wettbewerbsintensität aktuell erheblich zu.

Denn zum zweiten spielen chinesische Unternehmen in zentralen Zukunftsfeldern wie der Elektromobilität und dem autonomen Fahren eine zunehmend wichtigere Rolle und treten im Heimatmarkt, aber immer mehr auch in anderen Weltregionen als relevante Wettbewerber auf. Im Bereich Elektromobilität zählt etwa BYD zu den innovationsstärksten Akteuren. Bei Vernetzung und autonomen Fahren spielen chinesische Unternehmen ebenfalls eine Hauptrolle.

Drittens wächst gleichzeitig die Abhängigkeit gerade auch der deutschen Automobilhersteller vom chinesischen Markt erheblich. Aufgrund der geopolitischen Ambitionen Chinas und der wachsenden Konflikte steigt für die deutsche Automobilindustrie das Verwundbarkeitsrisiko. Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM) zur Marktpositionierung
der globalen Automobilhersteller in China.

Im Jahr 2022 haben die deutschen Hersteller erhebliche Marktanteile verloren, während der Gesamtmarkt um 9,7 Prozent zulegte. Großer Gewinner ist BYD, deren Verkäufe um fast 150% zulegen und der nun nach dem Volkswagen Konzern zweitstärkster Autohersteller in China ist (vgl. Abb. 1). Im ersten Quartal 2023 steigerte BYD seine Verkäufe wiederum um 90% auf 552.076 Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, während die deutschen Hersteller – wie der Gesamtmarkt – im Minus liegen.

Die Abhängigkeit der deutschen Automobilhersteller von China bleibt sehr hoch. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass die Marktrelevanz, d.h. Anteil der Chinaverkäufe zum Gesamtabsatz im Jahr 2022, bei Volkswagen 40%, bei Mercedes-Benz 36,8% und bei BMW 33% beträgt (vgl. Abb. 2). Auch Tesla verkauft mehr als ein Drittel seiner weltweiten Produktion in China. Die Abhängigkeit gegenüber China ist in der letzten Dekade stark gestiegen: Vor zehn Jahren lag die Marktrelevanz von Volkswagen noch bei 31% bzw. bei Mercedes bei 18% und BMW bei 14%. Die Hersteller generieren damit bislang einen Großteil ihre Umsätze und Gewinne in China. Umgekehrt folgt daraus ein hohes Verwundbarkeitsrisiko der Unternehmen infolge möglicher geopolitischer Spannungen bzw. technologie- und wettbewerbsorientierten Turbulenzen.

Der Markthochlauf der Elektromobilität in China stellt für die deutschen Autobauer eine doppelte Herausforderung. China ist weltweit der Kernmarkt der reinen Elektromobilität (BEV) mit einem Wachstum von 84% auf mehr als 5 Mio. Pkw. Auch im ersten Quartal 2023 steigen die Pkw-Neuzulassungen von BEV überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt auf 1,08 Mio. (+12,5%), was einem BEV-Anteil an den Gesamtzulassungen von 21% entspricht. Allerdings entwickeln sich die deutschen Hersteller im Vergleich zum Wettbewerb noch unterdurchschnittlich. Marktführer bei Elektrofahrzeugen im Jahr 2022 ist BYD mit einem Marktanteil von 18% (+184%) gefolgt von SAIC (inkl. Wuling) mit 11,9% (+9,1%) und Tesla mit 8,7% (+37,1%). Die VW Group kommt im Zukunftsfeld der Elektromobilität nur auf einen Marktanteil von 3,1% (+68%). Insgesamt können die deutschen Hersteller ihre historisch starke Stellung in China im Zukunftsfeld der reinen Elektromobilität bislang nicht halten (vgl. Abb. 3).

Hinzu kommt, dass der weltweite Marktführer Tesla im chinesischen Markt einen Preiskampf eingeleitet hat, der auch die deutschen Hersteller zu Preisreduktionen zwingt. Insgesamt wird damit eine Konsolidierung der Branche im Zukunftsfeld der Elektromobilität eingeleitet. Da nur wenige Automobilhersteller derzeit mit der Elektromobilität Geld verdienen, dürften die Gewinnmargen insgesamt deutlich sinken. Dadurch steigt auch bei den deutschen Automobilherstellern perspektivisch der Kostendruck im Bereich Elektromobilität erheblich. Dies dürfte jedoch den Volumenhersteller Volkwagen deutlich stärker treffen als die Premiumhersteller BMW und Mercedes.

Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Marktbedeutung von China für die deutschen Automobilhersteller erreicht derzeit ein Rekordhoch. Aufgrund der zunehmenden geopolitischen Spannungen und der hohen
Wettbewerbsintensität von chinesischen Unternehmen steigt damit das Verwundbarkeitsrisiko erheblich. Die deutsche Automobilindustrie sollte perspektivisch ihre technologische und marktbedingte Abhängigkeit reduzieren und auf eine stärkere strategische Ausbalancierung der globalen Absatzmärkte zielen. Gleichzeitig bestätigt sich immer mehr, dass chinesische Unternehmen in den Zukunftsfeldern der Branche rund um Elektromobilität, Vernetzung und autonomes Fahren zu den Hauptwettbewerbern zählen werden. Die Innovationsstärke wird für die deutsche Automobilindustrie zu einer Überlebensbedingung in Zeiten der Transformation.“

Über die Dr. Bratzel Center of Automotive Management GmbH & Co. KG

Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.

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