Windspiele zur MaiOR: Flaute wurde weggeblasen
Die Traditionsveranstaltung bot wetterbedingt in diesem Jahr die ganze Vielfalt einer Outdoor-Sportart. Bei der Steuermannsbesprechung am Samstagvormittag stellte Gesamtwettfahrtleiter Eckart Reinke die Teilnehmer auf einen langen Tag ein. Flaute bis zum späten Nachmittag und ideale Segelbedingungen ab 17 Uhr – so die Prognose. Doch es kam anders: Der Wind drehte auf West und blies die Flaute einfach weg. Bei idealen 14 bis 17 Knoten (vier Beaufort) absolvierten die ORC-Yachten am ersten Tag drei Wettfahrten, die J‘s auf der Innenbahn vier. Eckart Reinke: „Wir hatten uns schon auf eine Nachtschicht eingestellt, aber der Wind drehte schneller.“ Die Flaute kam dann mit einem Tag Verspätung am Sonntag zurück. Die Startzeiten wurden von 11 auf 14 Uhr verschoben.
Enttäuscht, aber gleichzeitig auch kreativ zeigte sich Reinke angesichts des mangelnden Interesses der Yardstick-Gemeinde. Zum zweiten Mal hatte sie das Angebot des Trainings unter Regattabedingungen im Vorfeld der MaiOR (Go4speed) und die MaiOR selbst nicht genutzt. Um es vorweg zu nehmen: Sie verpasste trotz einiger Wartezeiten perfekte Segelbedingungen bei Sonne und Wind von bis zu vier Beaufort. Um dem mangelnden Interesse aus diesem Kreis entgegenzuwirken, wird Reinke noch in dieser Woche den DSV-Gremien ein neues Konzept zur engeren Verknüpfung von ORCi, ORC-Club und Yardstick unterbreiten.
Auch ganze neun Boote in der ansonsten so starken J/70-Klasse entsprachen nicht den Erwartungen der Veranstalter. In diesem Jahr hat jedoch die gleichzeitig stattfindende German Open der J/24 die Innenbahn belebt und den Aufwand gerechtfertigt. Jeweils 15 Yachten gingen in den beiden Gruppen ORC A&B sowie ORC C&D an den Start.
In der Kategorie ORC A&B dominierte die „Dixi4“ aus Dänemark bis zum letzten Tag. Mit an Bord Bertil Balser und Bendix Hügelmann aus der ehemaligen „Sportsfreund“-Crew von Axel Seehafer. RVS-Chef Bertil Balser und Bendix Hügelmann kennen die X-41 aus dem Effeff. Ob sie bis einschließlich der WM an Bord der „Dixi4“ des Dänen Erik Stannow (Helsingör Seijlklub) bleiben, steht indes noch nicht fest. Ein gemeinsamer Auftritt der ehemaligen „Sportfreund“-Crew ist aber unwahrscheinlicher geworden. Die übrigen ehemaligen Crewmitglieder würden bei der WM eher auf verschiedenen Yachten auftauchen, so Balser, der auch den Namen „Dixi4“ erklären kann. Er ist eine Hommage an den Vater der Eigners, der Jazz und Dixi liebte. Der Einsatz auf der „Dixi4“ vor Kiel war ein Heimspiel der ganz besonderen Art. Nach zwei Regattatagen führte die deutsch-dänische Crew, doch dann sicherte sich Europameister Michael Berghorn (Kieler Yacht-Club) mit der „Halbtrocken 4.5“ im Endspurt mit zwei Wettfahrtsiegen am Abschlusstag den Gesamtsieg. „Wir mögen es eben spannend, flachste Berghorn. „Nein, im Ernst, die X41 ist schon eine starke Waffe und natürlich auch bei den nächsten Regatten eine starke Konkurrenz“, so Berghorn mit Blick auf die Kieler Woche.
In der Starterliste bei der MaiOR fehlte der souveräne Vorjahrssieger Jens Kuphal mit seiner „Intermezzo“. Der Berliner gehört zu den engagiertesten Hochseeseglern Deutschlands. Doch zurzeit fehlen Zeit und Muße, um selbst zu segeln. Jetzt wird das The Ocean Race verfolgt, in dem sich Kuphal engagiert. Dort ist das deutsch-französische Team „GUYOT environnement – Team Europe“ auf der Etappe von Brasilien Richtung USA wieder im Rennen. An Bord der Imoca segelt ein entscheidender Teil der „Intermezzo“-Crew. Am 9. Juni wird es zu einem Wiedersehen in Kiel kommen, wenn das Ocean Race mit einem Fly-By durch die Kieler Innenförde führt, und zur ORC-WM steigt Kuphal dann selbst an Bord der „Intermezzo“.
Max Gurgel (mehrfacher Deutscher ORC-Meister mit „Rubix“, „Solconia“, „X-Day“ „Intermezzo“ sowie im Match Race) wird eingekauft, um Boote schneller zu machen. Bei der MaiOR war der Yacht-Optimierer, der bereits vier ORCi-Projekte zu Meistertiteln geführt hat, an Bord der „Loli“ (Jan Adam/Lübecker Yacht-Club/X-362 Sport). Am Ende reichte es in der Gruppe ORC C&D für Rang vier. Dominiert wurde die Gruppe von der „Sydbank“. „Es war ein schöner Leistungsvergleich mit guten Wettfahrten. Natürlich ist man als Sieger immer leichter zufrieden. Wir haben mit Wind und Wetter richtig Glück gehabt“, so Torsten Bastiansen, der seine X-35 gleich nach Zieldurchgang Richtung Heimathafen überführte. Die „Stony VIII“ belegte Platz zwei vor Knut Freudenberg mit seiner First 36,7 „Halbtrocken".
Die „Rubix“-Crew hegte am Ende gemischte Gefühle. Projektleiterin Eshana Müller: „Es war eine tolle Veranstaltung und man merkt, dass die Vorbereitungen auf die WM auf Hochtouren laufen. Wir selbst hatten gute und schlechte Phasen. Bis zur WM müssen und wollen wir einiges verbessern“
In der Einheitsklasse J/70 verloren sich wie bereits 2022 nur wenige Boote auf der Bahn. Nach zwölf im Vorjahr starteten in diesem Jahr ganze neun J/70. „Wir hatten auf mehr gehofft. Dass die Klasse lebt, zeigen die bereits 54 Meldungen aus sechs Nationen zur Kieler Woche“, so der Organisationschef der Kieler Woche-Regatten, Dirk Ramhorst. Dann gibt es auch ein Wiedersehen mit dem souveränen MaiOR-Vorjahressieger und Kieler-Woche-Titelverteidiger Carsten Kemmling (fünf ersten Plätze und drei zweite). Der Segelreporter segelt in diesem Jahr neben der J/70 auch im Laser (Masters) und Contender auf Regatten. Daher bleibt nur Zeit für ein abgespecktes J/70-Programm. „Neben der Amateur-WM auf dem Gardasee gehört die J/70-IDM im Rahmen der Kieler Woche natürlich zum Pflichtprogramm“, so der Hamburger. Dann gibt es auch ein Wiedersehen mit der fast kompletten J/70-Flotte der MaiOR. Ohne den Titelverteidiger sowie den Vorjahreszweiten Sören Hadeler (SV Gelting-Mole) nutzte der Vorjahresdritte aus Dänemark, Jonny Jensen, seine Chance zum Sieg und verwies den punktgleichen ehemaligen 505er-Weltmeister Claas Lehmann aufgrund dessen schlechteren Einzelplatzierungen auf Platz zwei. Zur Kieler Woche, die er zweimal im 505er (2003 und 2005 unter anderen gegen Hunger/Jess) und zweimal in der J/70 (2014 und 2021) gewann, ist Lehmann dann wieder am Start. „Ich freue mich immer auf Kiel und die Kieler Organisation“, so der Hamburger, bei dem auch die ehemalige erfolgreiche 470er-Seglerin Frederike Löwe (mit Vorschoterin Anna Markfort 2017 Kieler-Woche-Siegerin und 2018 Vize-Europameisterin) an Bord ist.
In der Klasse J/24 wurde die German Open zur MaiOR ausgesegelt. Hier erwies sich die Vorsitzende der Klassenvereinigung, Jette Lyssewski, als absolute Kennerin der Szene. Mit der Ankündigung von zehn bis 15 Boote aus drei Nationen (Deutschland, Niederlande und Schweden) legte die Hamburgerin eine Punktlandung hin. Lyssewski gehört zur Frauencrew „Derbe Kerle“. Auch mit dem Team des Blankeneser Segel-Clubs gibt es im Juni ein Wiedersehen. Der Titel ging an die SV Altona-Oevelgönne mit Skipper Fritz Meyer. An Bord Jonas Lyssewki. Ein Preis, den seine Schwester Jette besonders gern überreichte. „Es war eine tolle Veranstaltung. Danke an die Ausrichter, Danke an den Kieler Yacht-Club.“
Statt der angedrohten Verlängerung am Samstag waren alle Aktiven schließlich rechtzeitig beim Einlaufbier des Sponsors Cyclopes Marine – powered by von Gotthardt im Hafen. Der selbst aktive J/70-Segler Cedric Menzel (Herman Gotthardt GmbH) vertrat den Hamburger Fachhändler vor Ort. Neben Cyclopes Marine – powered by Gotthardt wurde die MaiOR gesponsert von Payone und Addix.Save the date: Nach der ORC-WM (4. bis 12. August) ist vor dem BlueRibbonCup (16. bis 20. August). Diese Langstrecken-Regatta führt zum zweiten Mal nach Aarhus, der Partnerstadt Kiels, und zurück. Die Teilnehmer des Vorjahres waren voll des Lobes über die gelebte Partnerschaft und das Rahmenprogramm in Dänemark.
2024 findet die MaiOR voraussichtlich am Wochenende nach dem 1. Mai statt, da dieser auf einen Mittwoch fällt.
Text: Hermann Hell
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