Gesundheit & Medizin

Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird ab 1. Juli 2023 von den Kassen übernommen

Die Fruchtbarkeitserhaltung durch Kryokonservierung ist am 11. Mai 2019 gesetzliche Kassenleistung geworden. Doch bis diese Verbesserung in der Praxis bei den Betroffenen ankommt, werden mehr als vier Jahre vergangen sein. Ab dem 1. Juli dieses Jahres wird als letzter Schritt voraussichtlich auch die Kryokonservierung von Eierstockgewebe direkt von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. 

Rund 16.500 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren erkranken jährlich in Deutschland an Krebs. Glücklicherweise können 80 Prozent von ihnen geheilt werden. Doch die Krebstherapie, in einigen Fällen auch die Krebserkrankung selbst, führt bei vielen von ihnen zu Unfruchtbarkeit. Werden Spermien, Hodengewebe, Eizellen oder Eierstockgewebe rechtzeitig entnommen und in flüssigem Stickstoff eingefroren, kann für viele dieser jungen Menschen ein Kinderwunsch nach der Heilung der Krebserkrankung erfüllt werden. 

Wunsch nach einem normalen Leben nach dem Krebs 

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs erfährt in den Gesprächen mit Betrof­fenen immer wieder, wie sehnlich sich diese ein normales Leben nach der überstandenen Erkrankung wünschen. Die Aussicht auf eine eigene Familie ist dabei ein wichtiger Aspekt. 

Fruchtbarkeitserhaltung durch Kryokonservierung 2019 gesetzliche Kassenleistung 

Mit dem Gesetzespaket für schnellere Termine und bessere Versorgung wurde die Kryokonservierung von Keimzellen und Keimzellgewebe am 11. Mai 2019 Kassenleistung. Doch bis diese Leistung in der Praxis realisiert ist, sind zwei weitere Schritte notwendig. Der erste Schritt ist eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, in der medizinische Einzelheiten der Umsetzung des Gesetzes festgelegt werden. Für Spermien, Hodengewebe und Eizellen ist eine solche Richtlinie am 19.02.2021 in Kraft getreten. Am 14.11.2022 ist eine Erweiterung der Richtlinie für die Kryokonservierung von Eierstockgewebe in Kraft getreten. 

Vorteile der Konservierung von Eierstockgewebe 

Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe hat für junge Frauen den großen Vorteil, dass sie mit einem sehr kleinen Eingriff praktisch sofort durchgeführt werden kann. Anders als bei der Eizellkonservierung ist keine zeitintensive hormonelle Stimulation notwendig. Allerdings eignet sich die Konservierung von Eierstockgewebe nur für Erkrankungen, bei denen keine Gefahr besteht, dass sich Krebszellen in den Eierstöcken befinden. Kryokonserviertes Eierstockgewebe kann später problemlos wieder eingesetzt werden und ermöglicht eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege. Die Methode wurde führend in Deutschland mitentwickelt. 

Vier Jahre nach Gesetz Kassenfinanzierung noch nicht vollständig umgesetzt 

Nach der Richtlinie des G-BA müssen für die praktische Umsetzung noch Abrechnungsziffern für die Kryokonservierungsverfahren geschaffen werden. Der Zeitrahmen hierfür ist in Abs. 5b, § 87 SGB V festgelegt: „Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundes­ausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden […] anzupassen.“ 

Für die Kryokonservierung von Spermien, Hodengewebe und Eizellen sind die entsprechenden Abrechnungsziffern am 1.7.2021 in Kraft getreten. Seither wird die Kryokonservierung ebendieser Verfahren auch in der Praxis weitgehend problemlos gezahlt. Hürden treten allerdings immer wieder bei der Übernahme der Kosten für die Langzeitlagerung auf. Siehe dazu unsere News vom 27.1.2022

Gesetzliche Frist für den Beginn der Finanzierung bei Eierstockgewebe verstrichen 

Die Abrechnungsziffern für die Konservierung von Eierstockgewebe sind nach Auskunft der Bundesärztekammer immer noch in Arbeit und sollen erst am 1.7.2023 in Kraft treten. Zuständig ist der Bewertungsausschuss der Bundesärztekammer, der sich aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des Spitzenverbandes der Krankenkassen zusammensetzt. Der entsprechende Beschluss ist bereits im Internet abrufbar. 

„Die Richtlinie des G-BA zum Eierstockgewebe gilt seit dem 14.11.2022. Ich wundere mich, dass die gesetzliche Umsetzungsfrist von sechs Monaten in diesem Fall einfach gerissen wird, obwohl der Beschluss zu den Ziffern bereits vorliegt. Aber es scheint ja keinerlei Konsequenzen zu haben – außer für die betroffenen Frauen, die diese Leistung im Mai und Juni immer noch privat zahlen sollen“, sagt Prof. Dr. med. Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung. 

Rat an die betroffenen Patientinnen 

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs rät betroffenen Patientinnen, vor der Kryokonservierung von Eierstockgewebe einen Antrag auf Kostenübernahme bei den Krankenkassen zu stellen. Dies kann auch telefonisch erfolgen (Datum, Zeit, Ansprech­partner:in notieren). Die Abrechnung sollte dann später mit den künftigen Abrechnungsziffern erfolgen. Für den Fall einer Ablehnung der Kostenübernahme sollte man die Fristüberziehung als Argument vor dem Sozialgericht anführen. Die Stiftung unterstützt Betroffene gerne auf diesem Weg.

Über Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs

Jedes Jahr erkranken in Deutschland nahezu 16.500 junge Frauen und Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist Ansprech­partnerin für Patient:innen, Angehörige, Wissenschaftler:innen, Unterstützer:innen und die Öffentlichkeit. Die Stiftungsprojekte werden in enger Zusammenarbeit mit den jungen Betroffenen, Fachärztinnen und Fachärzte sowie anderen Expertinnen und Experten entwickelt und bieten direkte und kompetente Unterstützung für die jungen Patient:innen. Die Stiftung ist im Juli 2014 von der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Alle Stiftungsprojekte werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist als gemeinnützig anerkannt.

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