„In Chile gehören wir zu den Pionieren im Erneuerbaren Energien-Bereich“ – Interview mit Helmut Kantner, AustriaEnergy International GmbH
Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Kantner, stellen Sie uns die am hiesigen Kapitalmarkt noch unbekannte AustriaEngery International GmbH doch kurz vor? Womit verdienen Sie Ihr Geld und wo liegt der USP von AustriaEnergy?
Helmut Kantner: Als inhabergeführter, international tätiger Standortentwickler und Technologie-Integrator konzentrieren wir uns auf die Konzeption von industriellen Wind- und Solarparks zur Erzeugung von grünem Wasserstoff und grünem Ammoniak aus ausschließlich Erneuerbaren Energien. Es handelt sich dabei um Stand-alone- bzw. Offgrid-Standorte, die nicht auf einen Netzanschluss angewiesen sind.
Seit 2013 liegt unser Fokus auf dem Erneuerbare-Energien-Markt in Chile. Dank unserer Präsenz vor Ort verfügen wir über eine umfassende lokale Expertise, die uns auch bei unserem mehrstufigen Prüfungsprozess vor der vertraglichen Grundstückssicherung zugutekommt. Denn die Auswahl und Sicherung geeigneter Standorte sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Im Ergebnis ist es uns gelungen, in Chile 100 % unserer bisherigen Photovoltaik-Standorte erfolgreich bis zur Baureife zu entwickeln und dann zu veräußern. Dies zahlt natürlich auch auf unser Ansehen sowohl bei bestehenden als auch bei potenziellen zukünftigen Investoren ein.
Anleihen Finder: Was genau bedeutet „Standortentwickler und Technologie-Integrator“ – an welchem Teil der Wertschöpfungskette greifen Sie ein?
Helmut Kantner: Unser Fokus liegt ganz klar auf der Entwicklungshase. Hierzu gehören planerische Elemente (Planung, Identifikation, Beantragung, Verhandlung und Vertragsabschluss), die Einholung von Gutachten (technische, geologische und andere Studien über den Standort), die Verhandlung und der Abschluss von Verträgen für den Netzanschluss sowie die internationale Ausschreibung, die Verhandlung und der Abschluss von EPC- und O&M-Verträgen. In der Bauphase übernehmen wir auf Wunsch das Management und die Begleitung, aber die Umsetzung erfolgt durch einen Generalunternehmer.
„Unser Fokus liegt ganz klar auf der Entwicklungshase“
Anleihen Finder: Wo sind Sie geographisch (noch) tätig und wie verteilt sich Ihr Umsatz auf die Erneuerbaren Energien-Segmente?
Helmut Kantner: Unser Fokus liegt derzeit zu 100 % auf Chile. Dort sind wir seit 2013 in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik sowie seit 2019 im Bereich Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak aktiv. Der Umsatz verteilt sich aktuell noch auf Windkraft und Photovoltaik, aber voraussichtlich ab 2025 werden wir wesentliche Erlöse aus Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak erwirtschaften.
Anleihen Finder: Wie unterschiedlich und aufwendig sind die Standort-Anforderungen in den einzelnen Bereichen? Und wo sind die Margen/Gewinne am höchsten?
Helmut Kantner: Die besondere Herausforderung besteht darin, geeignete Standorte zu identifizieren und zu sichern – und zwar innerhalb einer begrenzten Anzahl. Hier gilt es, diejenigen auszuwählen, die die raumordnerischen, natur- bzw. landschaftsschutzrechtlichen, luftfahrtrechtlichen und sonstigen baurechtlichen Vorschriften erfüllen und gleichzeitig, ausgenommen bei Grün-Wasserstoff-/Grün-Ammoniak-Standorten, über einen Netzanschluss verfügen. Zudem dürfen keine unvorhergesehenen Risiken im Hinblick auf einen Interessensausgleich mit der indigenen Bevölkerung und etwaigen Umweltrisiken bestehen.
„Erwirtschaften hohe Renditen aufgrund verschiedener Faktoren“
Im Durchschnitt haben wir beim Verkauf unserer bisherigen Wind- und Photovoltaikstandorte ein Multiple vom 2,7-fachen der Entwicklungsaufwendungen exklusive Finanzierungskosten erzielt. Diese hohen Renditen sind darauf zurückzuführen, dass wir frühzeitig Markttrends erkennen, eine optimale Standortauswahl infolge monatelanger intensiver Vorbereitung und Auseinandersetzung mit den Standortgegebenheiten treffen und anschließend auch das Standortentwicklungsrisiko bis zum Baubeginn übernehmen, da wir die Entwicklungsphase von Beginn bis zur Baureife aktuell zu 100 % aus Eigenkapital inklusive unserer erwirtschafteten und reinvestierten Gewinne finanzieren.
Anleihen Finder: Wie sieht Ihr Track Record bislang aus und wie groß ist die aktuelle Standortentwicklungs-Pipeline?
Helmut Kantner: In Chile gehören wir zu den Pionieren in den Bereichen Windkraft, Photovoltaik und Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak. Seit unserem Markteintritt 2013 haben wir uns einen erfolgreichen Track-Record von rund 800 Megawatt aufgebaut. Aktuell umfasst unsere Pipeline Standorte mit einer Zielkapazität von rund 9,6 Gigawatt, für die wir uns bereits geeignete Grundstücke durch Pachtverträge gesichert haben.
INFO: AustriaEnergy bietet Anlegern am Donnerstag, 22. Juni 2023 um 17 Uhr (CEST) die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Webcasts (ohne begleitende Telefonkonferenz) zu informieren. Die Registrierung für den Webcast ist über folgenden Link möglich: https://montegaconnect.de/event/8jz2pnjastx0g1n8u2kf5pd5mee7caxa
Anleihen Finder: Da Sie operativ über Tochtergesellschaften hauptsächlich in Chile tätig sind, haben Sie aus steuerlichen Gründen eine spanische Zwischen-Holding gegründet, richtig? Wie ist die Unternehmensstruktur generell und wie verlaufen die Geldströme/Dividendenansprüche innerhalb der gesamten Unternehmensgruppe?
Helmut Kantner: Wir verfügen über eine steueroptimierte und EU-zentrierte internationale Unternehmensstruktur. 2012 hatten Österreich und Chile noch kein Doppelbesteuerungsabkommen, aber zwischen Spanien und Chile gab es bereits eines. Aufgrund dieser – auch weiterhin bestehenden – Steuervorteile werden alle chilenischen SPVs von der spanischen Zwischen-Holding, einer 100%igen Tochter der Emittentin, gehalten.
Wir werden die Mittel aus unserem besicherten 8 % Green Bond als 8 % Darlehen an die spanische Zwischen-Holding weiterreichen. Ergänzend zum Eigenkapital erfolgt daraus die Finanzierung unserer Erneuerbare-Energien-Standortentwicklung in Chile. Nach dem Verkauf der bis zur Baureife entwickelten Standorte schüttet die spanische Zwischen-Holding die erhaltenen, versteuerten Verkaufserlöse steuerfrei als Dividende an die Emittentin aus, die daraus wiederum Zins und Tilgung für den Green Bond leistet. Bis Ende 2027 erwarten wir aus der vertraglich gesicherten Pipeline potenzielle Verkaufserlöse von 150 Mio. US-Dollar. Damit ist unser Green Bond inklusive Zinszahlungen sicherlich mehr als ausreichend abgedeckt.
„Bis Ende 2027 erwarten wir Verkaufserlöse von 150 Mio. US-Dollar – damit ist unser Green Bond inklusive Zinszahlungen mehr als ausreichend abgedeckt“
Anleihen Finder: Wie sind Sie damals nach Chile gekommen? Welche Vorteile sehen Sie dort?
Helmut Kantner: Zunächst waren wir bereits erfolgreich in Europa aktiv und haben dort Standorte mit einer Gesamtleistung von ca. 200 Megawatt bis zur Baureife entwickelt. Allerdings waren sämtliche Märkte von Subventionen abhängig. Da wir in diesem Umfeld nicht mehr agieren wollten, haben wir uns nach attraktiven Alternativen umgeschaut und sind schließlich in Chile fündig geworden, das über attraktive Rahmenbedingungen verfügt. Dazu gehören beispielweise die sehr ehrgeizigen Klimaziele, die vorsehen, dass bis 2040 die Energieerzeugung zu 100 % CO2-frei erfolgen soll. Gleichzeitig will Chile bis dahin auch zu den drei größten Wasserstoff-Exporteuren der Welt gehören. Hinsichtlich der Investitionsfreundlichkeit für Energieprojekte liegt das OECD-Land weltweit auf Platz 14 und gehört im Bereich Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak sogar zu den führenden Nationen. Chile war damals und ist auch heute noch ein idealer Standort, um einen nachhaltigen Beitrag dazu zu leisten, das globale Potenzial für Erneuerbare Energieträger verstärkt auszuschöpfen.
Anleihen Finder: Wo liegen die größten Risiken in Ihrem Geschäftsmodell? Welchen Einfluss haben bspw. die aktuellen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Währungsrisiken oder politische und regulatorische Veränderungen auf Ihre Tätigkeit und wie verlässlich sind die Vertragspartner vor Ort?
Helmut Kantner: Ein wichtiges Thema bei netzgebundenen Wind- und PV-Standorten ist sicherlich der verzögerte Netzausbau in Chile. Hier setzen wir bereits im Vorfeld auf eine sorgfältige Netzanalyse und eine adäquate geografische Verteilung unserer Standorte. Da wir Erlöse in US-Dollar erzielen, die Kosten aber teilweise in Chilenischen Pesos anfallen sowie unsere Bilanzierung und Finanzierung in Euro erfolgen, unterliegen wir zudem einem, wenn auch geringen Währungsrisiko, da der Chilenische Peso de facto an den US-Dollar gekoppelt ist. Im Bereich Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak ist es sicherlich die sorgfältige Standortauswahl.
Zuverlässige lokale Vertragspartner sind von großer Bedeutung. Wir profitieren hier von unserem umfassenden Netzwerk, das über die vergangenen zehn Jahre dank unserer Präsenz vor Ort kontinuierlich gewachsen ist.
Hinweis: Dieses Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (Juni-2-2023). Registrieren Sie sich hier für unseren kostenlosen Newsletter und seien Sie stets vorab informiert.
Anleihen Finder: Sie sind ja stets von Verkäufen abhängig, daher schwanken vermutlich auch die Jahresergebnisse. Wie sehen denn die Finanzkennzahlen (Umsatz, EBITDA, Gewinn) in den vergangenen drei Jahren aus?
Helmut Kantner: Gemäß dem Vorsichtsprinzip werden in der Tat 100 % der Umsätze erst bei Standortfertigstellung erfasst, also nicht etwa zeitanteilig über die Entwicklungsdauer. Vor diesem Hintergrund lag der Konzernumsatz 2022 bei 1,0 Mio. Euro nach 13,2 Mio. Euro im Vorjahr, weil wir im vergangenen Jahr keinen Standort verkauft hatten. Gleichzeitig wurde die Ertragsseite vom Start unseres Grün-Wasserstoff-/Grün-Ammoniak-Standorts aufgrund des erforderlichen Kapazitätsaufbau geprägt. Unter dem Strich haben wir trotz der erheblichen Vorlaufkosten einen Jahresüberschuss von 1,3 Mio. Euro (2021: 8,8 Mio. Euro) erzielt. Grund hierfür sind im Wesentlichen die Effekte aus latenten Steuern.
Anleihen Finder: Bislang sind Sie ohne größere Darlehen und Verbindlichkeiten ausgekommen, nun begeben Sie erstmals eine Anleihe im Volumen von bis zu 25 Mio. Euro und suchen Investoren auf dem Kapitalmarkt. Warum haben Sie sich ausgerechnet jetzt dafür entschieden (und nicht für einen Bankkredit) und wofür sollen die Anleihemittel konkret eingesetzt werden?
„Haben unsere Standortentwicklung seit Jahren zu 100 % aus Eigenkapital inklusive unserer erwirtschafteten und reinvestierten Gewinne finanziert“
Helmut Kantner: Wir haben unsere Standortentwicklung seit Jahren zu 100 % aus Eigenkapital inklusive unserer erwirtschafteten und reinvestierten Gewinne finanziert. Mit Blick auf unsere vertraglich gesicherte Pipeline von rund 9,6 Gigawatt und unsere starke Konzern-Eigenkapitalquote von 89,6 % per 31. Dezember 2022 ist es aus unserer Sicht jetzt ein idealer Zeitpunkt, um – ergänzend zum Eigenkapital – unser weiteres Wachstum in Chile mit Fremdkapital zu unterlegen. Im Rahmen unserer weiteren Standortentwicklung und Technologie-Integration soll der Emissionserlös konkret zu 40 % in Windkraft, zu 30 % in Photovoltaik und zu 30 % in Grün-Wasserstoff/Grün-Ammoniak fließen.
Anleihen Finder: Die Anleihe ist von imug als Green Bond klassifiziert. Sie sprechen zudem von einer besicherten Anleihe. Inwiefern ist die Anleihe denn besichert und womit? Wie hoch waren dabei die Dividendenzahlungen in den letzten Jahren?
Helmut Kantner: Zur Besicherung unseres Green Bonds werden die Dividendenansprüche der Emittentin gegenüber der AustriaEnergy, S.L.U., die sämtliche Standorte in Chile hält und die die Dividenden aus dem Verkauf der Standorte generiert, an einen Treuhänder zugunsten der Anleihegläubiger erstrangig verpfändet. Bis 2022 hatten wir ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr, das immer am 31. März endete. Im Geschäftsjahr 2019/2020 erhielten wir von unserer spanischen Tochtergesellschaft eine Dividende von 7,4 Mio. Euro, in 2020/2021 und in 2021/2022 von 7,8 Mio. Euro.
Anleihen Finder: Bei einer Ausplatzierung der Anleihe müssten Sie jährlich 2 Mio. Euro an Zinsen zahlen – wie bewerkstelligen Sie das? Sind in jedem Jahr inklusive zur Rückzahlung der Anleihe Verkäufe vorgesehen? Und was passiert, wenn Sie diese nicht tätigen können?
„Noch in diesem Jahr soll ein Standort mit einem Umsatz von ca. 9 Mio. US-Dollar verkauft werden“
Helmut Kantner: Wir erwarten, noch in diesem Jahr einen Standort zu verkaufen. Der Verkaufsprozess ist bereits sehr weit fortgeschritten und wird zu einem Umsatz von ca. 9 Mio. US-Dollar führen. Damit sind dann bereits die Zinsen für die ersten vier von fünf Jahren der Anleihelaufzeit abgedeckt. 2024 wird kein Verkauf erfolgen, doch 2025 erwarten wir den Verkauf unseres ersten Grün-Wasserstoff-/Grün-Ammoniak-Standortes – gleichbedeutend mit einem Mittelzufluss von ca. 29 Mio. US-Dollar sowie einer frühzeitigen Sicherstellung der letzten Zinszahlung und der vollständigen Rückzahlung unseres Green Bonds. In Summe werden wir bis Ende 2027 aus unserer vertraglich gesicherten Pipeline einen Umsatz von 150 Mio. US-Dollar erwirtschaften.
Anleihen Finder: Welche Ziele verfolgen Sie mithilfe der Anleihe? Wie soll sich die AustriaEnergy generell weiter entwickeln?
„Möchten uns am Kapitalmarkt als zuverlässiger Emittent etablieren und diesen Zugang dauerhaft nutzen“
Helmut Kantner: Wir wollen unsere bereits starke Marktposition in Chile weiter ausbauen. Dazu werden wir mit den Anleihemitteln unsere umfassende Pipeline konsequent umsetzen und auch gezielt ausbauen. Gleichzeitig möchten wir uns am Kapitalmarkt als zuverlässiger Emittent etablieren, denn ist unser klares Ziel, diesen Zugang dauerhaft zu nutzen, um die Finanzierung unseres weiteren Wachstums, gegebenenfalls auch über Chile hinaus, nachhaltig zu diversifizieren.
Anleihen Finder: Herr Kantner, besten Dank für Ihre Ausführungen.
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