Ein Lebensplan in der Aktentasche, eine Entdeckung und ein Maler mit einem Hang zum Leichtsinn – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Wer schon das Erste Buch von „Der Friede im Osten“ von Erik Neutsch gelesen hat, der wird ihnen in „Frühling mit Gewalt“, dem Zweiten Buch, am Anfang der 1950er Jahre wiederbegegnen: Frank Lutter ist Student der Journalistik, Achim Steinhauer studiert Biologie in Leipzig. Beide – jeder auf seine Art – haben nicht geringe Konflikte, Fragen, Zweifel zu bewältigen auf dem Weg durch das Studium. Ein packendes Zeitenpanorama.
Es ist eine große Entdeckung für die kleine Tina, die Lonny Neumann in ihrem erstmals 1980 als Band 143 der bekannten und beliebten Reihe der „Kleinen Trompeterbücher“ beim Kinderbuchverlag Berlin erschienen Buch „Tina entdeckt das Meer“ beschreibt. Erstmals 1984 erschien als Band 169 derselben Reihe „Hexen gibt es nicht“ ebenfalls von Lonny Neumann. Beide sind in dem E-Book „Tina entdeckt das Meer – Hexen gibt es nicht“ vereint.
Auch hier in Deutschland dürfte ein gewisser Thomas Gainsborough inzwischen längst einen größeren Bekanntheitsgrad haben. Ein Grund mehr, zu „Der Maler und sein Biograf. Ein Thomas-Gainsborough-Roman“ von Ingrid Möller zu greifen: Wer sich in Gainsboroughs Lebensgeschichte vertieft, lernt einen sensiblen Künstler kennen, offen für seine vielen Freunde, aufgeschlossen für andere Kunstbereiche wie Musik und Schauspiel, aber auch mit einem Hang zu Leichtsinn und Beeinflussbarkeit.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. In der Titelgeschichte des heutigen Buches wird der Zweite Weltkrieg einmal aus anderer Perspektive betrachtet – aus der Sicht eines deutschen Kriegsgefangenen, der Akkordeon spielen kann – und soll. Und diese Geschichte hat wohl auch mit der Lebensgeschichte des Autors zu tun. Der wollte, bevor er in den Krieg ziehen musste, Musiker werden.
Erstmals 1982 erschien im Verlag Neues Leben Berlin der Band mit Erzählungen „Rosamunde, aber nicht von Schubert“ von Kurt David: Die Begebenheiten, an die sich David erinnert, sind unerhört, manchmal skurril, manchmal grotesk. Er erzählt von bedrückenden Zeiten und lebensbedrohlichen Ereignissen, nicht ohne ernste Heiterkeit, sozusagen mit einem Humor, der zur Weisheit zwingt. ROSAMUNDE? David denkt an die von Schubert, aber er muss die andere ROSAMUNDE spielen, die flotte Polka, und das Stunde um Stunde und immer wieder. Er glaubt sowieso nicht daran, dass MUSIK LEHRE ZUM GEHORSAM sein soll. Warum bläst einer an bestimmten Tagen mit seiner Trompete aus dem Fenster? ICH WEISS NICHT, WAS SOLL ES BEDEUTEN, DASS ICH SO TRAURIG BIN, erfährt er spätestens, wenn die Trompete verstummt. Und dass MOZARTS GRAB nicht in Karlovy Vary sein kann, weiß er auch, aber er geht trotzdem hin. Und die Besteigung eines berühmten mongolischen Berges wird abgebrochen und ist doch nicht umsonst: Der eine lernt Englisch zählen, der andere Mongolisch. Diese und alle anderen Geschichten haben eines gemeinsam: Sie regen zum Nachdenken an und bleiben in uns, auch wenn wir das Buch schon wieder zur Seite gelegt haben.
Lesen Sie doch mal ein bisschen in dem Buch:
Einen Tag vor seinem siebzigsten Geburtstag kam mein Großvater zu uns und sagte: „Ich gehe mir jetzt ein Haus kaufen.“ Meine Eltern waren von diesem späten Vorhaben derart überrascht, dass Vater, der gesessen hatte, aufstand und Mutter, die am Tisch gestanden hatte, sich setzte. Sie war eben dabeigewesen, den Präsentkorb mit Eiern, Butter, Wurst und einem Päckchen Tabak zu füllen. An den Bügel des Korbes hatte sie eine Weintraube gebunden, und den Draht mit der aus Pappe gestanzten goldenen Siebzig hielt sie noch in der Hand.
„Das heißt, wenn ich’s krieg.“ Der Großvater ließ sich rechts der Tür auf einen Stuhl nieder, aber nur so flüchtig, auf der vorderen Kante des Stuhles. „Es gibt nämlich eine ganze Reihe Leute, die sich dafür interessieren.“ Während er sich mit der einen Hand über die feuchtglitzernde Glatze wischte, zog er mit der anderen die Taschenuhr aus der Hose, streckte den Arm aus und blickte mit zusammengekniffenen Augen aufs Zifferblatt. „Halb acht! Die Versteigerung beginnt um neun.“
„Ein Haus?“, fragte Vater.
„Ein Häuschen“, erwiderte Großvater lächelnd. „Nur ein Häuschen. Und ein Garten drum rum ist auch, und ein Bach läuft vorbei, und im Garten stehen Bäume mit Äpfeln, Birnen, Kirschen, Pflaumen. Was meint ihr, ob ich’s krieg?“
„Wer kann das schon vorher wissen bei einer Versteigerung“, wich Vater aus.
Und Mutter meinte: „Jetzt noch ’n Haus, also ich weiß nicht.“ Sie fädelte den Draht mit der goldenen Siebzig oben in den Bügel des Korbes, bog ihn gerade und schob den Korb zur Mitte des Tisches, wo die Siebzig noch eine Weile zitterte wie Großvaters Finger beim Schreiben des Namens. „Vor zehn Jahren hätte ich es ja verstanden“, sagte sie.
„Vor zehn Jahren hatten wir Inflation und kein Geld“, sagte Großvater. „Und jetzt habe ich etwas beisammen. Was willst du, ich lebe noch!“
Vater wie Mutter schwiegen, und weil ich ihre Bedenken seinerzeit nicht begriff, war ich der einzige, der sich über Großvaters Absicht, ein Häuschen zu kaufen, nicht wunderte, sondern freute. „Kauf’s doch“, flüsterte ich ihm zu, worauf er mich schmunzelnd ansah und sagte: „Ich kauf’s auch, wenn ich’s krieg, Junge.“ Vater und Mutter lächelten nun ebenfalls, aber das war ein anderes Lächeln, eins über meine kindliche Unbefangenheit. Großvater schaute erneut auf die Taschenuhr. „Die Bäume“, fing er wieder an, „die Bäume sind überaltert, tragen nicht mehr viel. Ich werde neue setzen.“
Mutter seufzte.
Und Vater erkundigte sich mit mahnender Stimme, ob Großvater sich denn alles auch richtig gut überlegt hätte.
„In meinem Alter ist man mit Ratschlägen reichlich versorgt“, antwortete Großvater.
„Auf was du so kommst“, sagte Mutter. „Jetzt noch Bäume pflanzen, nein so was!“
„Für die Bäume ist es doch nie zu spät!“, sagte Großvater und fügte hinzu, er würde Halbstamm nehmen, die wüchsen schneller und trügen eher. Abermals holte er die Taschenuhr aus der Hose. „Gleich acht, eine halbe Stunde früher möchte ich schon dort sein.“
Vater wollte jetzt noch wissen, wie hoch der Startpreis auf der Versteigerung sei.
„Tausend“, antwortete Großvater und langte in die linke Brusttasche, als müsste er sich vergewissern, dass die Brieftasche mit dem Geld noch an ihrem Platz war. „Bis zweitausend kann ich mithalten. Dann hat sich’s bei mir ausgesteigert.“ Er erzählte, wie schön das Häuschen sei, dass es fünf Fenster habe, eine große Stube und zwei Dachkammern, aber keine Küche, was ihm nichts ausmache, weil er sowieso keine haben wolle. „Das Dach ist schnell zu reparieren“, sagte er, „und die Haustür muss neu gemacht werden; die ist mit Farbe verpappt, weil immer nur wieder draufgestrichen worden ist. Ich mach das alles mit der Lötlampe runter.“ Und eine Weile darauf sagte er: „Und der Hausstein wackelt vor der Tür, ein Basaltbrocken, also ich sage euch: nicht unter zwei Zentnern. Na ja, den werde ich verkeilen. Dann ist Ruhe für alle Zeiten.“
„Zweitausend ist viel Geld“, sagte Vater. Ich wusste mit meinen neun Jahren freilich nicht, wie viel Geld zweitausend Reichsmark waren, aber ich hatte beobachtet, wie sparsam Großvater war. Nicht einmal Streichhölzer verbrauchte er, wie es üblich war: Er spaltete sich Kienspäne vom Kiefernholz und holte sich mit ihnen das Feuer für die Tabakspfeife aus dem Ofen. Und geraucht hat er getrocknete Brombeerblätter, die er sich aus dem Wald mitbrachte.
„Viel Geld? Aber nicht für alle“, erwiderte er. „Der Schweißmayer will’s nämlich auch!“
„Der hat doch schon drei Häuser“, sagte Mutter. Sie schien das Großvater nicht zu glauben.
„Er will aber vier; siehste doch! Und der wird den Preis hochtreiben!“
Mein Vater und meine Mutter wechselten schweigend einen kurzen Blick. Mir kam das vor, als wäre es ihnen nicht ganz unwillkommen, wenn Herr Schweißmayer das Häuschen bekäme, obwohl sie es diesem Fleischermeister nicht gönnten.
„Vielleicht krieg ich’s doch nicht“, sagte Großvater nachdenklich. „Auf einem Kalenderblatt habe ich mal gelesen: Die Hoffnung ist das Brot des armen Mannes. Herrgott, man will ja auch mal etwas haben vom Leben. Wie viele Jahre habe ich denn in den lehmigen Drainagegräben geschuftet und im Wasser gestanden?“ Und gleich darauf sagte er: „Wie spät?“ Er schaute abermals auf seine Uhr, als misstraute er unserem Regulator über dem Sofa.
Das Buch „Eine Chance für Biggers“ von Heinz-Jürgen Zierke erschien erstmals 1970 im VEB Hinstorff Verlag Rostock. „Ich bin’s“, sagt Martin ganz unbefangen, als der alte Latotzki ihn fragt, ob er denn der Mann sei, der einen ganzen Betrieb auf den Kopf stellen könne. Der Alte hat sich neben ihn gesetzt, obwohl noch genug andere Plätze frei sind. Martin ist der Neuling in dem alten Bus, der über Land durch den Kiefernwald fährt. Er kennt Latotzki nicht und auch nicht das hübsche Mädchen Doris, das seine eigenen Absichten verfolgen wird. Er kennt hier niemanden, jedoch werden sie alle ihn kennenlernen. In seiner Aktentasche steckt mit dem Diplom der in den Umrissen vollendete Plan eines Umbaus: er will das alte, aber fehlerfrei funktionierende Werk automatisieren. Es ist sein Lebensplan. Er kennt das Leben noch nicht, wie es ist und sein soll. In seiner Tasche steckt aber auch noch ein Schnitzmesser, das er immer dann hervorholen wird, wenn er sich nicht zu helfen weiß. Mit dem Bären aus Pappelholz, der dabei entsteht, hat es seine besondere Bewandtnis. Nach Jahr und Tag wird Martin in seiner Kate Besuch bekommen. Der Werkleiter wird den Bären sehen, aber auch schon das Modell eines modernen Betriebes. Er ist nachdenklich geworden wie so mancher in diesem Werk hinter dem Walde:
An einem freien Vormittag kaufte Martin in der Kreisstadt Werkzeug, Nägel, Gips, Leim, Tapeten und was er sonst für die Ausrüstung des Hauses brauchte. Mit Zement gab es Schwierigkeiten. Er ging zur Kreisverwaltung. Der Sachbearbeiter lachte ihn aus. „Sie als Ingenieur des Betonwerks waten doch in Zement. Sie sind wohl ein Heiliger? – Na, dann lassen Sie sich vom Bürgermeister bescheinigen, dass Sie den Zement für Reparaturzwecke benötigen.“
Am nächsten Tag hatte Martin seinen Zement. Er sägte und hämmerte, setzte Steine ein, verschmierte Fugen, besserte den Herd im Vorraum aus, verglaste die Fenster. Den Ofen und die Wände ließ er sich fürs Wochenende. Wenn seine Schicht begann, war er schon müde. „Irgendwo muss doch der Mensch mal schlafen“, rief der Arbeiter, der den Spannstahl an der Mastenform verkeilte, dem Mann am Dampftunnel zu. Und der Kranfahrer fragte blinzelnd: „Haben Sie den Kasten Bier für das Richtfest schon bestellt?“
Da bat ihn Frau Salscha zu sich, einen Grund nannte sie am Telefon nicht. Also wieder eine Beschwerde, dachte Martin und sagte, er könne jetzt nicht aus der Schicht fort. Dann solle er nach der Schicht kommen, also zu ihr nach Hause, antwortete sie.
Martin lehnte sich müde gegen die Wand, nur für zwei Minuten. Dann ist vielleicht Stefanie zu Hause, Stefanie Salscha, überlegte er und stellte sich das vor: Stefanie klappert in der Küche mit dem Geschirr, er aber sitzt im Sessel und liest die Zeitung. Die Couch steht schräge im Zimmer, davor der Tisch mit dem Schachbrett, zwischen den Fenstern der Gummibaum, gleich wird sie den Tee bringen – wer denn? Seine Mutter, Frau Salscha, Stefanie ..
Erschrocken fuhr er auf, rieb sich die Augen, reckte sich, öffnete das Klappfenster und atmete die kühle Abendluft ein. Er beschloss, am andern Tag eine Stunde länger zu schlafen. Was hatte er da geträumt, er kannte Frau Salschas Wohnung doch gar nicht!
Stefanie traf er nicht an. Auch stand die Couch nicht schräg im Zimmer, sondern glatt vor der Wand, daneben ein Krug mit Rohrkolben, kein Gummibaum. Und Frau Salscha bot ihm Kaffee an.
„Sie haben sich eingelebt?“
„Ja …“
Er beobachtete, wie sie die Tasse hielt, das Handgelenk ein wenig gebeugt.
„Wenn Sie sich eingerichtet haben, schau ich gelegentlich vorbei. Dass vor Ihnen niemand darauf gekommen ist, sich in der Kate einzurichten! Ich verstehe Sie. Es gefällt mir, wie Sie die Sache anpacken.“
„Haben Sie mich deswegen herbestellt?“
„Im Ernst, ich arbeite nicht gern mit Menschen zusammen, die mir fremd sind. Ich möchte schon wissen, wie meine Kollegen leben, was sie denken, fühlen.“
„Ist es nicht problematisch, sich nach ein paar oberflächlichen Gesprächen und Begegnungen ein Modell von einem Menschen anzufertigen? Für mehr bleibt Ihnen doch keine Zeit. Und Modelle haben auch bestenfalls nur Annäherungscharakter.“
Die Druckausgabe „Frühling mit Gewalt. Der Friede im Osten. Zweites Buch“ von Erik Neutsch erschien erstmals 1978 bei Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale). So begegnen wir ihnen wieder: Frank Lutter ist Student der Journalistik, Achim Steinhauer studiert Biologie in Leipzig. Beide – jeder auf seine Art – haben nicht geringe Konflikte, Fragen, Zweifel zu bewältigen auf dem Weg durch das Studium. Sie durchleben den stürmischen, ereignisvollen, problemreichen „Frühling mit Gewalt" der Jahre 1951 bis 1953 und werden mit brisanten weltanschaulichen, wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und entscheidenden politischen Ereignissen konfrontiert. Was ist Objektivismus in der Wissenschaft in dieser Zeit? Ist Widerruf legitim? Ein Plan wird vorfristig erfüllt: Wo liegen die Grenzen zwischen Taktik und Betrug? Wir begegnen auch Münz, dem Genossen und Freund, der mittlerweile Chefredakteur einer Parteizeitung geworden ist, und Erich Höllsfahrt, der als Arbeiter an einer schwierigen Phase des Aufbaus einer neuen Industrie teilnimmt. Und neue Gestalten kommen ins Bild, wie der faszinierende Biologieprofessor Beesendahl. In den Kämpfen und Konflikten gilt es, Standpunkte zu erwerben, zu prüfen und zu behaupten. Und nicht wenige Episoden des turbulenten Studentenalltags zeigen sich auch in ihrer heiteren Dimension.
Und so liest sich das Buch:
Der Bahnhof von Grizehne bestand aus einem alten Backsteinbau aus der Zeit der Streckengründung und zwei Gleisen. Hier verkehrten am späten Nachmittag in Abständen von nur wenigen Minuten mehrere Personenzüge in beiden Richtungen. Dann herrschte auf den Bahnsteigen ein unüberschaubares Kommen und Gehen, Türenklappen und Signalegeben. Erich Höllsfahrt hatte sich bereit erklärt, auch über Nacht im Werk zu bleiben, falls noch mit Provokationen zu rechnen sei. Nichts da, lautete die Antwort, scher dich nach Hause. Wir erwarten ein Kommando der Volkspolizei.
Im Gegenzug, der soeben gemächlich ausrollte, entdeckte er plötzlich Halka. Sie lehnte sich weit aus einem Waggonfenster, rief laut seinen Namen und schwenkte das Chiffontuch, das er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Was will sie denn hier, dachte er, und beinahe hätte sie mich verpaßt. Aber er freute sich.
Im selben Augenblick traten aus einer Nische des braunroten Backsteinbaus hinter ihm drei Gestalten. Er vernahm ein zweites Mal seinen Namen, drehte sich um. Das Gesicht … Ja, da war es wieder. Er hatte sich nicht geirrt, er erkannte es deutlich. Der Mann aus dem Mägdesprung. Der Mann mit dem Messer. Er hatte ihn hinter Schloß und Riegel geglaubt.
»Endlich, Höllsfahrt, jetzt rechnen wir ab.« Ein Zischen nur, ein breites Grinsen.
Der Zug nach Graubrücken und weiter nach Magdeburg fuhr ein. Sie drängten ihn an die Bahnsteigkante. Aus dem Tunnel kam Halka. Sie winkte mit ihrem hellblauen Tuch.
Die Lokomotive donnerte heran. Er hörte die Bremsen knirschen, ahnte den stählernen Leib. Drei Meter, zwei … Der Messermann hob den Arm.
Erich zog die Pistole und schoß.
"Tina entdeckt das Meer" erschien erstmals 1980 als Band 143 und "Hexen gibt es nicht" 1984 als Band 169 der Reihe "Kleine Trompeterbücher" beim Kinderbuchverlag Berlin, beide von Lonny Neumann.
Bäume fliegen vorbei, Wiesen und Felder — der Himmel wird immer höher, und endlich sieht Tina das Meer! Was gibt es nicht alles am Strand zu entdecken! Am schönsten sind für Tina die vielen, vielen Steine, die großen und kleinen, die blankgeschliffenen und die mit dem kleinen Loch, die Hühnergötter.
Und als sie eines Tages vom Vater hört, dass in einem fernen Ort mit dem schwer auszusprechenden Namen Reykjavik zwei Ringer um die Meisterschaft kämpfen, kommt Tina auf die Idee, dem einen – der wahrscheinlich wenig Chancen hat – einen Stein zu schicken, der ihm Glück bringen soll …
… Die Apfelbäume blühen schon, als nachts der Frost wiederkehrt. Um die Blüten zu schützen, besprühen wir sie mit Wasser. Tina sieht zu. Die fliegenden Tropfen erstarren, sobald sie sich auf die Blüten setzen, und werden eine hauchfeine Hülle aus Eis – wie ein gläserner Mantel …
Wenn du erfahren willst, was Tina im Laufe eines Jahres erlebt, so lies die vielen kleinen Geschichten, die ganz besonders für Leseanfänger geeignet sind. Und nicht nur, wenn du ein Naturfreund bist, wirst du Spaß daran haben und manches erfahren, was dir bisher unbekannt war:
DER GROSSE SCHRITT
Plötzlich steigt Tina die schmale Leiter hoch bis auf die Plattform des hölzernen Turmes. Sie balanciert weiter, hat nur noch das schwankende Brett unter den Füßen und weit unter sich den See – mehr als drei Meter tief.
Noch nie ist Tina von hier oben gesprungen. Nur jetzt nicht hinuntersehen! Doch das Wasser lockt mit tausend Lichtfünkchen, die tanzen und ihr zuzwinkern: Komm nur! Spring doch! Spring!
Die Bäume am Ufer sehen von hier aus kleiner aus und sind staubbedeckt vom Lauf des Sommers. Tief unter Tina spielen und toben die Freunde. Sehen sie nicht hoch zu ihr?
Tina reckt die Nase.
Da fassen sich See und Himmel an die Hand und vollführen einen Wirbeltanz, dass Tina nur noch eins kann: springen!
Wie ein Blitz saust sie vom Turm, taucht ins Wasser. Es schlägt über ihr zusammen. Tina taucht prustend wieder auf.
Sie klettert die kleine Leiter auf den Steg, tropfnass und schluckend und leuchtend vor Glück.
Wir haben während der ganzen Zeit bäuchlings in der Sonne gelegen und ihr zugesehen.
„Hattest du nicht doch ein wenig Angst?", fragen wir sie.
„Ich habe rübergeguckt auf den Zeltplatz und mir fröhliche Gedanken gemacht – und: Es war doch bloß ein großer Schritt!"
Das Buch „Der Maler und sein Biograf. Ein Thomas-Gainsborough-Roman“ von Ingrid Möller erschien 2011 in der edition NORDWINDPRESS, Lychen. In Deutschland sind Gemälde von Gainsborough (1727- 1788) rar, weshalb er hier auch bei weitem nicht so bekannt und geschätzt ist wie in seinem Herkunftsland England oder auch in Amerika. Sein Ruhm ist heute wieder im Steigen begriffen, wie besonders die Ausstellung in der Londoner Tate Gallery 2002 beweist, die vom Washingtoner Museum übernommen wurde. Gainsborough war ein begabter Porträtist, wäre aber lieber Landschaftsmaler gewesen, wofür jedoch damals das Publikum noch nicht reif war. Seine Aufträge kamen vor allem von der high society bis hin zum Königshaus, wie das Ganzfigurenbildnis der Queen Charlotte in Schwerin beweist. Wer davorsteht, wird gefangen von der Lebhaftigkeit der Malweise, die für seine Zeit modern, ja impressionistisch anmutet. Und diese malerische Auffassung bewog damals den konventionellen Akademiepräsidenten Reynolds in seiner Rede kurz nach Gainsboroughs relativ frühem Tod, den besonderen Reiz zu loben, gleichzeitig aber auch seine Schüler vor Nachahmung zu warnen. Die zahlreichen Briefe, die erhalten blieben, überraschen durch Esprit und – aus heutiger Sicht – Modernität. Wer sich in Gainsboroughs Lebensgeschichte vertieft, lernt einen sensiblen Künstler kennen, offen für seine vielen Freunde, aufgeschlossen für andere Kunstbereiche wie Musik und Schauspiel, aber auch mit einem Hang zu Leichtsinn und Beeinflussbarkeit:
“Wegen dieser dummen Geschichte möchtest du wirklich, dass wir aus Bath wegziehen?”
Margaret zieht sich das Tuch fester um die Schultern. “Weißt du, obgleich ich diesen Thicknesse nie leiden konnte und ihn im Grunde meines Herzens oft klaftertief unter die Erde gewünscht habe – diese Wendung gefällt mir nicht.”
“Mir auch nicht! Ganz und gar nicht! – Aber es ist ein gefundenes Fressen für die Klatschmäuler, jeder, der die Geschichte weiter verbreitet, schmückt sie noch ein bisschen mehr aus. Ich kann nicht mehr durch Bath gehen, ohne auf Schritt und Tritt darauf angesprochen zu werden. Das alles macht es mir ganz und gar unmöglich, das erwartete Bildnis zu malen. – Vielleicht wird es überhaupt Zeit für einen Tapetenwechsel.”
Margaret sitzt im Armsessel am Fenster neben dem Handarbeitstisch. “Wie kamst du auch bloß dazu, Thicknesse so zu malen! Das war kein Scherz.”
“Nein. Ich gebe zu, ich habe ihn mit Galle gemalt, mit all der Galle, die sich in den vielen Jahren aufgestaut hat. Dabei hielt ich ihn aber nicht für so empfindlich. Er hat mir einmal Teile aus einer geplanten Selbstbiografie vorgelesen. Dabei kommt er so schlecht weg, als ob sein ärgster Feind es geschrieben hätte.”
“Selbstironie ist etwas anderes als Ironie von außen.”
“Wenn Ann Thicknesse wenigstens einen Funken Humor aufgebracht hätte! Wenn sie gesagt hätte: Ganz so schmeichelhaft für mich hätte ich mir das Gegenstück meines Porträts nicht gedacht! – Dann hätte ich den Pinsel genommen und es übermalt.”
“Dafür wäre es auch jetzt noch nicht zu spät. Tu es, Thomas!”
“Nein, es geht einfach nicht!” Er springt vom Stuhl hoch.
“Mein Gott! Ein solches Bild kann man nicht Bahn neben Bahn streichen wie ein Handwerker eine Türfüllung oder einen Fensterrahmen streicht! Begreif doch bitte: Ich kann dieses Bild nicht malen, beim besten Willen nicht!”
“Und wie soll dieses Theater nun weitergehen?” Gainsborough läuft aufgeregt im Zimmer hin und her. Die beiden Schoßhündchen haben sich ängstlich in eine Ecke verkrochen.
“Tom hat das Bild schon verpackt.”
“Du willst es Thicknesse wirklich in diesem Zustand schicken?!”
Margarets Augen weiten sich vor Entsetzen. Dann allerdings bleibt ihnen wohl gar nichts anderes mehr übrig, als Bath fluchtartig zu verlassen.
Gainsborough errät ihre Gedanken und sucht einen leichteren Ton anzuschlagen. “Vor vierzehn Jahren war es Thicknesse, der alles daransetzte, uns in Bath anzusiedeln. Warum soll er nicht auch der Grund sein, warum wir es wieder verlassen!”
“Du akzeptierst ihn also als eine Art Schicksalsengel?”
“Gerade dazu soll er nicht werden!”
Margaret wartet darauf, dass Gainsborough seine genaueren Pläne äußert. Es fehlt nur, dass er nach Ipswich oder in ein noch kleineres Nest zurückstrebt! Aber zu ihrer Überraschung spricht er – ganz im Gegenteil – von London. Das wäre natürlich etwas ganz anderes!
“Und du bist sicher, dass du dich dort behaupten kannst, bei so viel Konkurrenz?”
Ja, es ging nicht zuletzt auch um Chancen für viele Leute n diesem kleinen Land, das es inzwischen schon lange nicht mehr gibt. Und viele Leute haben damals versucht, ihre Chancen zu nutzen. Im Nachhinein kann man sich natürlich fragen, was falsch gelaufen ist, dass es dieses Land nicht mehr gibt, und ob es die Chancen, die an seinem Anfang gesehen wurden, wirklich gegeben hat – trotz aller Konflikte, Krisen und Kämpfe im Äußeren wie im Inneren – wie man auch mindestens in zwei der heute vorgestellten Büchern nachlesen kann.
Doch wäre es sicher ungerecht gegenüber allen Menschen, die sich damals kräftig für das Leben und Überleben dieses kleinen Landes mit seinen großen Hoffnungen ins Zeug gelegt haben, bereits von Anfang an von Chancenlosigkeit zu sprechen. Wann genau aber war dann der Zeitpunkt, als der Stillstand größer war als die Entwicklung und die Resignation größer als die Begeisterung? Woran hat es gelegen? Das alles sind Fragen, die sich stellen, wenn man die berühmten Lehren aus der Geschichte ziehen will, damit man vielleicht eines fernen Tages alte Fehler nicht noch einmal macht – mitunter lässt sich auch aus Niederlagen Kraft ziehen.
Viel Vergnügen beim Lesen und Überlegen, weiter einen schönen Sommer, bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst. Dann geht es auch um ein geschminktes Chamäleon, um eine Revolution, um Ideale und um Anpassung.
EDITION digital war vor 28 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.100 Titel. E-Books sind barrierefrei und Bücher werden klimaneutral gedruckt.
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