Brennstoffzellen: Wie entwickeln sich Technologien, Markt und Produktion in Zukunft weiter?
Wasserstoff gilt als wichtiger zukünftiger Energieträger und spielt im Rahmen der weiteren Ausgestaltung der Energiewende und aus energiestrategischer Sicht eine zentrale Rolle. Brennstoffzellen sind dabei eine Schlüsseltechnologie für den flexiblen Einsatz des Energieträgers etwa im Verkehrssektor. Im Projekt »H2GO – Nationaler Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion« arbeiten 19 Fraunhofer-Institute gemeinsam an der Entwicklung von technischen Lösungen für einen zügigen Markthochlauf der Brennstoffzellen-Produktion, um damit eine nachhaltige Antriebsoption zur signifikanten CO2-Reduzierung im Schwerlastverkehr in Deutschland zu etablieren.
Das Fraunhofer ISI führte in »H2GO« ein Monitoring von Innovationsdaten zu Brennstoffzellen-Technologien durch, das Forschungsnetzwerke, Patentdaten, Markterwartungen und Produktionsaufbau berücksichtigt. Es differenziert drei Technologie-Bereiche, die sich unter anderem nach Arbeitstemperatur und elektrochemischem Zellaufbau unterscheiden: Erstens die Polymerelektrolytmembran bzw. PEM-Brennstoffzellen, die sich besonders für Anwendungen im Verkehr eignen und heute schon in Schienenfahrzeugen oder U-Booten verbaut werden. Künftig könnten sie im Schwerlastverkehr Anwendung finden. Zweitens Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die sich aufgrund ihrer höheren Arbeitstemperatur eher für Kraft-Wärme-Kopplung eignen. Schließlich erfasst das Monitoring noch alternative Brennstoffzellentypen, die sich deutlich von den anderen beiden unterscheiden und derzeit eine untergeordnete Rolle spielen.
Wie könnte sich der globale Markt für Brennstoffzellen in Zukunft entwickeln?
Eine der zentralen Fragen des Monitorings war, welche Bedeutung der globale Brennstoffzellen-Markt in Zukunft erlangen könnte. Die im Projekt durchgeführte Meta-Analyse zeigt eine enorme Spannbreite der Markterwartungen auf: Prognosen beziffern jährliche Wachstumsraten zwischen 10 und 41 Prozent, wobei die große Mehrheit der betrachteten Studien von einem mittleren Wachstum zwischen 15 und 30 Prozent ausgeht. Für das Jahr 2030 werden zudem jährliche Umsatzzahlen zwischen knapp 2 und 87 Mrd. US-Dollar prognostiziert. Die enorme Spannweite spiegelt die große Unsicherheit wider, die ohnehin mit der Entstehung neuer Märkte verbunden ist. Die hohe Dynamik der Energiewende verstärkt den Effekt, da in vielen Anwendungen verschiedene technische Alternativen zur Ablösung fossiler Energieträger konkurrieren.
Das Monitoring nahm zudem relevante Patentanmeldungen unter die Lupe, um globale Aktivitäten nach Ländern, Akteuren und Technologien aufzuschlüsseln. Im Zeitraum von 1985 bis 2020 sind weltweit über 30.000 Erfindungen mit Bezug zu Brennstoffzellen marktübergreifend angemeldet worden. Rund ein Drittel davon stammt aus Japan, Deutschland rangiert mit 4.642 Patentanmeldung hinter den USA (7.339) international auf dem dritten Platz, gefolgt von Südkorea (1.658), Frankreich (1.280), Kanada (996), Großbritannien (980) und China (777). Unter industriellen Akteuren stechen drei japanische Unternehmen heraus, die im Patent-Ranking die drei ersten Plätze belegen: Toyota, Matsushita und Nissan. Deutschland ist mit der Robert Bosch GmbH, der Siemens AG und der Daimer AG dreimal unter den Top 10 vertreten, was seine starke Position auf dem globalen Brennstoffzellen-Markt untermauert. Eine Differenzierung der Patente nach Technologien zeigt eine besondere Dynamik bei PEM-Brennstoffzellen auf. Die jüngsten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2020 weisen 305 einschlägige PEM-Patentanmeldungen aus, gefolgt von Hochtemperatur-Technologien (185), während für alternative Brennstoffzellen in 2020 nur 65 Patentanmeldungen erfasst wurden.
Fördermittel als wichtige Innovationstreiber
Gerade in frühen Innovationsphasen ist die staatliche Förderung ein wichtiger Treiber zur Entwicklung neuer Technologien. In Deutschland konnte durch eine systematische Förderung ein umfassendes Forschungsnetzwerk zu Brennstoffzellen unter starker Beteiligung der Industrie etabliert werden. So beteiligten sich bis heute mehr als 500 Unternehmen – darunter 270 KMU – an einschlägigen Fördervorhaben, die sie zumeist eng mit Verbundpartnern aus Wissenschaft und Wirtschaft vernetzen. In Summe zeigt sich, dass sich seit 2017 eine stetige Zunahme der Förderung durch den Bund speziell für die PEM-Technologie (ca. 130 Mio. Euro in 2023) beobachten lässt, während auch Investitionen in Hochtemperatur-Brennstoffzellen (ca. 14 Mio. Euro in 2023) über den Zeitverlauf konsistent vorangetrieben werden. Auch ist eine deutliche Zunahme an Förderung ohne direkte Zuordnung zu einer bestimmten Brennstoffzell-Technologie seit 2009 festzustellen. Es handelt sich dabei zumeist um Markthochlauf- und Marktanreizprogramme wie z.B. Verkehrsprojekte mit Brennstoffzell-Fahrzeugen oder den Aufbau einer Tankstelleninfrastruktur. Hier engagieren sich vor allem das BMDV (ca. 233 Mio. Euro in 2023), aber auch das BMWK (mit ca. 64 Mio. Euro in 2023) und das BMBF (mit ca. 27 Mio. Euro in 2023) als Fördergeber.
Dr. Henning Döscher, der am Fraunhofer ISI die Forschungsarbeiten zu »H2GO« koordiniert, verweist auch auf den weltweit beginnenden Aufbau von Produktionskapazitäten: »In der laufende Dekade erreichen wir nach heutiger Datenlage global eine Kapazität von etwa 300 Millionen hergestellten PEM-Brennstoffzellen pro Jahr, die primär für Mobilitätslösungen verwendet werden dürften.« Laut Döscher könnten damit dann etwa 250.000 Lkw pro Jahr ausgestattet werden. Die Investitionsankündigungen zum Produktionsaufbau in der laufenden Dekade belaufen sich auf mindestens 14,7 Milliarden US-Dollar. Die verfügbaren Daten seien derzeit aber noch lückenhaft, eine Mehrheit der Ankündigungen stamme von chinesischen Firmen. Aber auch in Frankreich, Korea und Deutschland zeichneten sich industrielle Investitionen ab. Der Forscher vom Fraunhofer ISI sieht Deutschland als wichtigen Innovationsstandort für Brennstoffzell-Technologien und große Chancen für die heimische Industrie: »Das erfordert jedoch kluge und konsequente Investitionen, sowohl von Seiten der Industrie in die Skalierung der Produktion, als auch von Seiten des Staates in Forschung, Entwicklung und den durchdachten Aufbau einer initialen Infrastruktur – andernfalls besteht mittelfristig die Gefahr, international den Anschluss zu verlieren.«
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