Saarkonjunktur: Dämpfer zur Jahresmitte
Zu schaffen macht den Dienstleistern zunehmend die inflationsgetriebene Konsumzurückhaltung der Verbraucher, während die Industrie weiterhin unter der Investitionsschwäche im In- und Ausland leidet. Erstmals seit November letzten Jahres haben sich nun auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate eingetrübt. Der IHK-Erwartungsindikator fiel um 4,1 Punkte auf minus 13,1 Zähler. Ursächlich für diesen starken Rückgang sind im Wesentlichen die deutlich sinkenden Auftragsbestände im Automotive-Sektor. Angesichts der engen Verzahnung der Branche mit dem saarländischen Maschinenbau und Teilen der Stahlindustrie führt dies unmittelbar auch zu schlechteren Geschäftsaussichten in diesen Branchen.
„Die Saarkonjunktur hat zur Jahresmitte einen Dämpfer erlitten. Die noch zu Jahresbeginn aufkeimende Hoffnung auf eine konjunkturelle Erholung steht daher momentan unter dem Vorbehalt, dass im weiteren Jahresverlauf deutlicher Rückenwind aufkommt. Gegenwärtig sind aber keine Impulse zu erwarten, die unserer Wirtschaft neuen Schwung verleihen könnten. Zum einen lässt die Mischung aus hoher Inflation, sinkenden Reallöhnen und steigenden Zinsen die Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern sinken und bremst die Binnenkonjunktur aus. Zum anderen läuft das China-Geschäft erheblich schwächer, als es die Beendigung der dortigen strikten Corona-Politik erwarten ließ. Entscheidend ist daher nun, dass die Bundesregierung alles daransetzt, die Wachstumskräfte zu stärken. Denn nur mit einer umfassenden Verbesserung der Angebotsbedingungen kann Deutschland wieder zur Konjunkturlokomotive in Europa werden.“ So kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé die Ergebnisse der Juli-Umfrage der IHK Saarland, an der sich rund 300 Unternehmen mit gut 100.000 Beschäftigten beteiligten.
Insgesamt bewerten 35 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut oder sehr gut, 52 Prozent mit befriedigend und 13 Prozent mit schlecht. Gut bis sehr gut laufen die Geschäfte in der Elektroindustrie sowie in Teilen der Stahlindustrie und des Maschinenbaus. Überwiegend befriedigend ist die Lage im Fahrzeugbau, im Ernährungsgewerbe, in der Gummi- und Kunststoffindustrie, im Stahlbau, bei den Herstellern von Metallerzeugnissen sowie in der Medizintechnik. Die Bauwirtschaft leidet zunehmend unter der sinkenden Nachfrage nach Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau infolge steigender Zinsen und daraus resultierender schlechterer Finanzierungskonditionen. Die Geschäftslage in den Gießereien ist erstmals seit Monaten wieder etwas entspannter.
Im Dienstleistungsgewerbe berichten 91 Prozent der befragten Unternehmen über gute oder befriedigende Geschäfte. Weiterhin gut laufen die Geschäfte in der IT-Branche. Bei den Banken und Versicherungen, die angesichts steigender Zinsen von besseren Margen profitieren, ist die Lage ebenso überwiegend befriedigend wie im Verkehrsgewerbe und im Handel. Uneinheitlich ist das Stimmungsbild dagegen im Hotel- und Gaststättengewerbe. Während die Hotellerie von steigenden Übernachtungszahlen im Geschäftsreise-Segment und Teile der Gastronomie vom schönen Sommer profitieren, können andere Betriebe wegen des Mangels an Köchen und Restaurantfachkräften ihr Potenzial nicht ausschöpfen.
Starkes Aufbruchssignal erforderlich
Für die kommenden sechs Monate sind die Aussichten der Saarwirtschaft weiterhin nur verhalten. Lediglich fünf Prozent der Betriebe rechnen mit besseren, 18 Prozent dagegen mit schlechteren Geschäften. Die verbleibenden 77 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Entwicklung aus. Sorgen bereiten vor allem die rückläufigen Auftragseingänge, die über alle Industriezweige hinweg von Januar bis Mai um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken sind (Bund: -4,7 Prozent). „Der Standort Deutschland und viele mittelständische Unternehmen stehen aktuell an einer entscheidenden Weggabelung. Es ist daher höchste Zeit für ein starkes Signal des Aufbruchs. Das Mittel der Wahl wäre eine Steuerreform, die Mut, Innovations- und Unternehmergeist honoriert und zum Gründen und Investieren animiert. Dies würde zugleich das Vertrauen stärken und mehr wirtschaftliche Dynamik entfalten“, so Thomé.
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