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Gewollte Kinderlosigkeit

Erste empirische Erkenntnisse zur Entscheidung von Frauen für ein Leben ohne Kinder | Hervorbringen von Nachwuchs wird nicht als verpflichtende Lebensaufgabe betrachtet | Fokus liegt auf persönlicher Selbstverwirklichung

„Kinder kriegen die Leute immer.“ Mit diesem Satz begleitete Konrad Adenauer 1957 seine Rentenreform. Doch der damals gegründete Generationenvertrag unserer staatlichen Altersversorgung bröckelt seit Jahren. Hierzu tragen die längere Lebenserwartung genauso bei wie der stetige Geburtenrückgang. Die nächste große Welle steht bevor, wenn die Generation der „Babyboomer“ in Rente geht und der zunehmende Fachkräftemangel weiteres Ausmaß annimmt. Deutschland zählt mit einer Kinderlosenquote von etwa 20 Prozent zu den Staaten mit der geringsten Geburtenneigung innerhalb Europas. Die Forschungslage ist durch Heterogenität geprägt und nahm bisher vorwiegend die biologisch-genetisch bedingte Kinderlosigkeit und die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin in den Blick. Studien zu den Ursachen gewollter Kinderlosigkeit hingegen sind kaum vorhanden.

Die Sozialwissenschaftlerinnen Annkatrin Heuschkel und Claudia Rahnfeld legen in ihrem Buch Gewollte Kinderlosigkeit jetzt eine erste empirische Untersuchung zu den Ursachen gewollter Kinderlosigkeit vor. Ihre Forschungsfrage: „Warum entscheiden sich Frauen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren für ein Leben in Kinderlosigkeit?“. Kernanliegen des Buches ist es, das Thema der gewollten und ungewollten Kinderlosigkeit fachlich konkreter zu trennen. Die quantitative Befragung von über 1000 Frauen, bei denen eine bewusste Entscheidung für ein Leben ohne Kinder vorliegt, trägt dazu bei, die bestehende Forschungslücke zu schließen.

Der Entschluss zu einem Leben ohne Kinder ist laut den Befragungs-Ergebnissen das Resultat mehrerer, in gegenseitiger Wechselwirkung stehender Faktoren:

  • Frauen betrachten das Hervorbringen von Nachwuchs als keine verpflichtende Lebensaufgabe. Ihrer Auffassung nach ist die Rolle der Frau und Mutter nicht mehr auf untrennbare Weise miteinander verbunden. Sie fühlen sich in ihrer Geschlechtsidentität und Weiblichkeit durch ihre Entscheidung nicht beeinträchtigt.
  • Ihr Fokus liegt auf den sich eröffnenden Möglichkeiten der persönlichen Selbstverwirklichung. Der Ausübung einer Erwerbsarbeit kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen hat eine mehrjährige Ausbildung oder ein Studium absolviert.
  • Die Erwerbsarbeit bietet finanzielle Unabhängigkeit. Hier besteht Handlungsbedarf für die Politik in den Punkten finanzielle Unterstützung und einem verstärkten Ausbau der Infrastruktur zur Lösung der bestehenden Vereinbarkeitsproblematik.
  • Die Selbstverwirklichung schließt die Paarbeziehung mit ein. Frauen in fester Partnerschaft schätzen die Qualität dieser. Ihnen fehlt kein Kind, welches die Beziehung vervollständigt. Vielmehr haben sie die Sorge vor einer übermäßigen emotionalen Belastung.
  • Mit ihrer bewussten Entscheidung gegen die Mutterschaft strukturieren sie den weiteren Verlauf ihrer Biografie. Die Debatte um das von ihnen gewählte Lebensmodell verstehen die Teilnehmerinnen als Offensive gegen ihr persönliches Recht auf Selbstbestimmung.
  • Für mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen stellen die Eltern kein positives Vorbild für die eigene Lebensgestaltung dar. Die Frauen sind bemüht, ein Abhängigkeitsverhältnis in der Paarbeziehung zu verhindern und streben eine egalitäre Aufteilung der Aufgaben an. 

Paaren sowie Alleinstehenden ohne Nachwuchs wird von gesellschaftlicher Seite häufig Egoismus und eine übermäßige Selbstbezogenheit vorgeworfen. Außer Acht bleibt der Emanzipationsprozess, den Frauen im Allgemeinen und kinderlose Frauen im Einzelnen vollzogen haben. Die Studie von Annkatrin Heuschkel und Claudia Rahnfeld trägt zu mehr Transparenz, Akzeptanz sowie Sensibilität gegenüber den Individuen bei und erweitert die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse zu weiblicher Selbstbestimmung, modernen Lebensmodellen und alternativen Familienformen. 

Annkatrin Heuschkel ist Masterstudentin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig mit Schwerpunktsetzung im Bereich Forschung. Gegenstand ihrer Tätigkeit als Nachwuchswissenschaftlerin sind die verschiedenartigen Lebens- und Rollenmodelle, welche das private wie auch gesellschaftliche Zusammenleben prägen. 

Claudia Rahnfeld ist Professorin für Sozialwissenschaften an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf gesellschaftlichen Ungleichheitsmechanismen durch Bildung und Geschlecht sowie auf Steuerungs- und Managementfragen. Außerhalb der Forschung und Lehre ist Rahnfeld als Politikberaterin und Trainerin tätig. 

Annkathrin Heuschkel | Claudia Rahnfeld
Gewollte Kinderlosigkeit
2023, 147 S.
Softcover € 59,99 (D) | € 61,67 (A) | sFr 66.50 (CH)
ISBN 978-3-658-41973-8
Auch als eBook verfügbar

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Informationen zum Buch
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-41974-5

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