Gesundheit & Medizin

Angeborener Tumor: Teamarbeit im OP-Saal rettete Baby Sofia das Leben

 

 

  • Überaus seltener Lungentumor verdrängte Lungengewebe und Herz
  • Gemeinsame Operation durch Thorax- und Kinderherzchirurgen des Universitätsklinikums Heidelberg verlief ohne Komplikationen
  • Sofia ist inzwischen neun Monate alt und hat sich gut entwickelt

Sofias Start ins Leben war alles andere als einfach. Sechs Wochen zu früh geboren, litt sie an einem Lungentumor, der sie zu ersticken drohte. Das ist so selten, dass ihre Operation für das Behandlungsteam des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) in mehrfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung darstellte: Aus den Voruntersuchungen ließ sich nicht eindeutig schließen, welche Art von Gewebe die Lunge des Mädchens verdrängte. Zudem erforderte der komplexe Eingriff im Brustkorb der frühgeborenen Sofia ein Hand-in-Hand-Vorgehen von verschiedenen Spezialistinnen und Spezialisten, die bisher noch nicht gemeinsam an einem OP-Tisch standen. "Innerhalb kürzester Zeit stand das Team fest und wir konnten mit den Vorbereitungen beginnen – das ist der Geist eines Universitätsklinikums! Wir wussten nicht genau, was uns erwarten würde, nur dass die Operation für Sofia die einzige Überlebenschance war", berichtet Professor Dr. Tsvetomir Loukanov, Leiter der Sektion Kinderherzchirurgie am UKHD. Der Thoraxchirurg Professor Dr. Martin Eichhorn ergänzt: "Dank der guten Vorbereitung und Absprache untereinander kam es während der rund fünfstündigen Operation zu keiner einzigen kritischen Situation und wir konnten bestmöglich gewebeerhaltend operieren." Inzwischen wurde Sofia entlassen und hat den Eingriff hervorragend überstanden.

Dass etwas nicht stimmte, hatte Sofias Mutter im Gespür, als sie an einem Freitag im Dezember 2022 ihren Frauenarzt aufsuchte. Die Ultraschalluntersuchung zwei Wochen zuvor war unauffällig gewesen, aber an diesem Tag hatte sich zu viel Fruchtwasser angesammelt. Sie wurde daher zur weiteren Diagnostik und Beobachtung ans Universitätsklinikum Heidelberg verwiesen. Die Untersuchung durch den Heidelberger Experten für Pränataldiagnostik, Dr. Michael Elsässer, ergab: Sofias Lunge war mit Gewebe gefüllt, jedoch deutete nichts auf eine baldige Geburt hin, weitere Untersuchungen sollten folgen. Doch noch am selben Abend platzte die Fruchtblase, Sofia kam per Notkaiserschnitt auf die Welt. Sie hatte Atemnot, musste intubiert werden. Eine Computertomographie zeigte das Ausmaß ihrer Erkrankung: Ein Tumor verdrängte fast den gesamten linken Lungenflügel, das Herz befand sich auf der rechten statt auf der linken Seite des Brustkorbs. Das Team der Klinik für Neonatologie am UKHD zog die Kinderherzchirurgen Prof. Loukanov und Privatdozent Dr. Philippe Grieshaber zurate, diese holten die Thoraxchirurgen Professor Dr. Hauke Winter und Prof. Eichhorn ins Boot. "Dann mussten wir abwarten, bis sich Sofias Zustand stabilisiert hatte", erinnert sich Prof. Loukanov. "Das war für die Eltern eine sehr belastende Zeit."

Seltener Tumor weltweit erst rund zehnmal beschrieben

Im Alter von elf Tagen wurde Sofia operiert. Um den Operationstisch standen Kinderherz- und Thoraxchirurgen, Kinderanästhesisten und Kardiotechniker. Im Hintergrund hielten sich Teams der Neonatologie, der Kinderchirurgie und der Kinderkardiologie bereit, um im Notfall einspringen zu können. Für Thoraxchirurg Prof. Eichhorn war vor allem Sofias kleiner Brustkorb mit der tumorbedingten Verlagerung der Organe eine Herausforderung: "Wir operieren an der Thoraxklinik zwar Kleinkinder mit angeborenen Lungenzysten, aber diese Kinder sind älter, da die Eingriffe meist nicht ganz so dringend nach Geburt erfolgen müssen. Wir haben die OP-Schritte daher nach Erfahrung aufgeteilt: Die Kinderherzchirurgen öffneten den Brustkorb und stellten bestmögliche Operationsbedingungen durch den Einsatz einer Herzlungenmaschine her. So konnten wir unter maximaler Schonung von gesundem Lungengewebe den Tumor vollständig entfernen." Das entnommene Gewebe entpuppte sich als höchst seltener, aber gutartiger Tumor des Lungenzwischengewebes, der weltweit erst rund zehnmal beschrieben wurde.

Behandlung von Früh- und Neugeborenen keine "One-Man-Show": Expertise unterschiedlicher Disziplinen muss ineinandergreifen

Keine 24 Stunden später wartete Sofia mit einer Überraschung auf: "Das Röntgenbild von Sofias Brustkorb sah abgesehen von den Spuren der Operation beinahe unauffällig aus: Ihr Herz war von ganz allein wieder an die richtige Stelle gerutscht und die Lunge hat sich soweit entfaltet, dass wir optimistisch sind, dass sie sich während des Wachstums weitgehend regenerieren wird", freut sich Prof. Loukanov. Dieser positive Ausgang sei vor allem der unkomplizierten interdisziplinären Zusammenarbeit am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des UKHD zu verdanken, stellt er klar: "Gerade die Behandlung so kleiner Kinder ist – unabhängig von der Erkrankung – keine One-Man-Show: Die Versorgung beginnt bereits mit einer kompetenten Pränataldiagnostik und geht nach der OP weiter mit neonatologischer Intensivmedizin, Kinderradiologie und Kinderpneumologie."

Für die Eltern war in dieser belastenden Zeit für die ganze Familie – Sofia hat zwei ältere Geschwister – die einfühlsame und umfassende Betreuung eine große Stütze: "Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt: Das gesamte große Team war für uns ansprechbar, auf der Frühgeborenen-Intensivstation, die Kinderherzchirurgen, im Sozialpädiatrischen Zentrum, bei der Physiotherapie und die Lungenfachärzte", so Sofias Mutter. "Ich habe von Anfang an nicht daran gezweifelt, dass Sofia es schaffen kann." Einen Tipp kann sie Eltern in ähnlicher Situation mitgeben: Im Verein "Bundesverband zur Begleitung von Familien vorgeburtlich erkrankter Kinder e.V." beraten Betroffene und stellen sehr schnell den Kontakt zu Patinnen und Paten her, deren Kinder mit gleicher oder ähnlicher Erkrankung zur Welt kamen. Diese helfen bei der Suche nach einem Behandlungszentrum, informieren über Unterstützungsmöglichkeiten, begleiten und teilen ihre Erfahrungen.

Eine wissenschaftliche Veröffentlichung zu Sofias interstitiellen Lungentumor und Behandlung ist in Vorbereitung.

Über Universitätsklinikum Heidelberg

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de

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