Finanzen / Bilanzen

Atradius-Umfrage: Bürokratie und Energiekosten schwächen den Standort Deutschland

Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland löst laut einer aktuellen Umfrage des internationalen Kreditversicherers Atradius bei Unternehmen keine Begeisterungsstürme aus. Energiekosten und Bürokratie werden als die größten Schwächen des Standortes ausgemacht. Für die meisten Unternehmen ist das aber dennoch kein Grund, gleich über eine Abwanderung nachzudenken.

Die Atradius-Umfrage, an der mehr als 400 Unternehmen teilnahmen, ergab, dass die durchschnittliche Zustimmung zu der Aussage „Deutschland ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort“ bei den Unternehmen in Deutschland sehr zurückhaltend ausfällt. Auf einer Skala von eins bis zehn für niedrige bis hohe Zustimmung liegt der Durchschnittswert der Befragten bei vorsichtigen sechs positiven Punkten, also nicht weit über der unentschlossenen Mitte. Einen großen Anteil unter den Befragten bildeten kleine und mittlere Unternehmen.

Die Unternehmen benennen in der Umfrage zwei zentrale Probleme des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Die Liste der Schwächen führen Bürokratie und Energiekosten fast gleichwertig mit einer Zustimmung von 83 Prozent der Befragten an. 75 Prozent benennen die steuerliche Situation als großen Nachteil, gefolgt von knapp 67 Prozent, die die Fachkräftesituation am Arbeitsmarkt und 52 Prozent, die die Lohnkosten als zentrale Schwächen für die deutsche Wirtschaft sehen.

Parallel zu den Schwächen erkennen die Unternehmen jedoch auch die Stärken an. Platz eins der abgefragten möglichen Stärken des Standortes belegt hier der Zugang zu Märkten und Handelspartnern mit über 70 Prozent Zustimmung. 60 Prozent der befragten Unternehmen loben die politische Stabilität und knapp 59 Prozent das Gesundheitssystem. Auch die Infrastruktur des Landes wird bei mehr als der Hälfte (55 Prozent) der Unternehmen als Stärke benannt. 

Jedes fünfte Unternehmen möchte gerade nicht in Deutschland investieren

Befragt nach der aktuellen wirtschaftlichen Situation ihres eigenen Unternehmens, schätzt knapp die Hälfte der Befragten die Lage als sehr gut bis gut ein. 32 Prozent geben an, ihre wirtschaftliche Situation sei noch im mittleren Bereich. Die Investitionsbereitschaft ist bei sechs Prozent der Befragten sehr positiv, bei 33 Prozent positiv und bei 35 Prozent der Befragten noch moderat. Etwa jedes fünfte Unternehmen zeigt jedoch nur noch geringe bis sehr geringe Bereitschaft, Investitionen innerhalb des deutschen Marktes zu tätigen.

„Die finanzielle Stabilität der deutschen Unternehmen ist stark beeinträchtig von zahlreichen Unsicherheiten im Markt. Dass insbesondere die Unsicherheit beim Thema Energiekosten die Unternehmen umtreibt, beobachten wir über alle Branchen hinweg.“, stellt Thomas Langen, Senior Regional Director, Deutschland, Mittel- und Osteuropa bei Atradius, fest. Die Umfrage zeigt, dass Unternehmen hier insbesondere auch ihre eigene Schnelligkeit und Modernität auf den Prüfstand stellen: Die Digitalisierung steht bei knapp der Hälfte der Unternehmen als Investitionsprojekt auf dem Plan.

Trotz der aktuellen Herausforderungen und Schwächen des Standortes kommt für eine klare Mehrheit der Befragten (79 Prozent) dennoch keine Verlagerung ihrer Geschäfte ins Ausland infrage. 15 Prozent könnten sich dies unter Umständen vorstellen und nur sechs Prozent können sich schon jetzt vorstellen, ihren Standort zu verlagern.

„So schlimm, dass die Unternehmen über Abwanderung nachdenken, ist es zwar noch nicht, aber die Situation der deutschen Unternehmen trübt sich spürbar ein. Das wiederum wirkt sich auf die Liquiditätssituation aus und erhöht das Risiko von Zahlungsausfällen. Die Umfrageergebnisse lassen erwarten, dass in den kommenden Monaten keine kurzfristige Verbesserung der Lage eintreten wird“, sagt Thomas Langen.

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