Verleihung des Herbert-Stiller-Preises für tierversuchsfreie Forschung in Tübingen
Am 12.10.2023 erhielt Dr. Loskill, Professor für Organ-on-Chip (OoC)-Systeme an der Eberhard Karls Universität Tübingen und Leiter des 3R-Centers Tübingen, einen der zwei diesjährigen gleichwertigen Herbert-Stiller-Preise für sein herausragendes Projekt „Breast-Cancer-on-Chip“ (Brustkrebs-auf-dem-Chip). Der Preis in Höhe von 20.000 Euro je Projekt wird von Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) für exzellente, menschenrelevante, tierfreie Forschungsprojekte vergeben und wurde durch zweckgebundene Spenden von neun großzügigen Sponsoren finanziert.
Bei der Preisverleihung an dem NMI Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen stellte Prof. Loskill sein hochmodernes, vielversprechendes Projekt vor. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe, MicroOrganoLab, hat Prof. Loskill bereits mehrere menschliche „Organ-on-a-Chip“-Modelle entwickelt. Dabei handelt es sich um kleine Vorrichtungen, in denen verschiedene menschliche Zellen und Gewebe kultiviert werden, um die Kommunikation zwischen verschiedenen Zellen zu ermöglichen sowie eine dynamische Analyse und Kontrolle der Versuchsbedingungen zu gewährleisten. In seinem nun geplanten Projekt will Prof. Loskill ein völlig tierfreies „Breast-Cancer-on-Chip“ Modell entwickeln. Hier werden patientenspezifische Brustkrebs-Organoide (Miniorgane) zusammen mit Fettgewebe in einer Umgebung gezüchtet, die der menschlichen Brust ähnelt. Proben von verschiedenen Patientinnen (z. B. gesund, fettleibig, in den Wechseljahren) werden verwendet, um spezifische Krebsprozesse zu erforschen und Krebstherapien und -medikamente zu testen. „Wir gehen davon aus, dass ein solches physiologisch relevantes menschliches In-vitro-System einen bahnbrechenden Meilenstein im Hinblick auf die patientenorientierte Medizin darstellen wird – sowohl für die Brustkrebsbehandlung als auch für die Behandlung anderer Krebsarten“, erklärt Prof. Loskill.
Das Projekt ist nicht nur für die Humanmedizin, sondern auch für den Tierschutz von besonderer Bedeutung. Denn viele sehr grausame Tierversuche werden mit diversen Tierarten für die Krebsforschung durchgeführt. Darüber hinaus werden bei der Kultivierung moderner In-vitro-Modelle wie Tumororganoiden häufig noch tierische Komponenten verwendet, was mit erheblichem Tierleid verbunden ist. So stammt Matrigel, ein Zusatzstoff für die Kultivierung von Zellen, üblicherweise aus Krebszellen von Mäusen. Fetales Kälberserum (FKS) wird aus dem Blut ungeborener Kälber gewonnen, deren Mütter geschlachtet werden. Das aktuelle Projekt wird ausschließlich mit tierversuchsfreien Reagenzien durchgeführt. Somit hat es eine doppelt positive Auswirkung auf den Tierschutz, da es ein ethisch vertretbares tierfreies Modell mit hoher menschlicher Relevanz in der Krebsforschung schaffen wird.
„Wir freuen uns sehr, das vielfältige Projekt von Prof. Dr. Loskill zu unterstützen und wünschen seinem Team viel Erfolg. Wir hoffen, dass viele andere Wissenschaftler sich diese bemerkenswerte Arbeit als Vorbild nehmen und ebenfalls auf eine tierversuchsfreie Forschung setzen“, sagt Dr. med. Rosmarie Lautenbacher, Vorstandsmitglied von ÄgT, die im Namen des Vereins den Herbert-Stiller-Preis an Prof. Dr. Peter Loskill überreichte.
Ein weiterer Herbert-Stiller-Preis in gleicher Höhe geht an Dr. Stephan Harm und sein Team von der Universität für Weiterbildung Krems, Österreich, für die Etablierung einer „Blutgefäßkammer“ für die Blutgefäßforschung. Die Preisverleihung für Dr. Harm findet am 10. November im Institut des Gewinners statt.
Die beiden Herbert-Stiller-Preise 2023 werden durch die Sponsoren Florian Buchner, Viviane Frey, Ed Destrée, Margrit Vollertsen-Diewerge, Ralf Hennig, Nina Rettberg und drei weitere Personen, die anonym bleiben möchten, finanziert.
„Medizinischer Fortschritt ist wichtig – Tierversuche sind der falsche Weg!“ – Unter diesem Motto setzt sich Ärzte gegen Tierversuche e. V. seit 1979 für eine tierversuchsfreie Forschung ein, die auf dem Einsatz von modernen Methoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips sowie der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten basiert. Ziel ist die Abschaffung aller Tierversuche und damit eine ethisch vertretbare, am Menschen orientierte Medizin – eine Wissenschaft, die durch moderne, tierversuchsfreie Testmethoden zu relevanten Ergebnissen gelangt.
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