Diabetes, Demenz, Depression: Anpassung der Mineralölsteuern kann Gesundheit der Menschen fördern
"Die erheblichen gesundheitlichen Vorteile davon, zu Fuß zu gehen und Rad zu fahren legen nahe, dass die Wirtschaftlichkeit von Verkehrspolitik neu bewertet werden muss", erklärt Linus Mattauch vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitautor der Studie. "Wir liefern ein neuartiges Argument für die Abwägung zwischen den Vorteilen der Autonutzung und ihren Kosten für die Gesellschaft. Mit unserem ökonomischen Modell können wir speziell die Kraftstoffpreise quantifizieren, aber unser Ansatz gilt auch für andere Politikmaßnahmen für nachhaltigen Verkehr, wie z.B. den Umbau von Städten."
Zum ersten Mal waren die Forschenden in der Lage, die Kosten für die öffentliche Gesundheit in die wirtschaftliche Bewertung von Verkehrspolitik einzubeziehen." Während es für viele offensichtlich ist, dass Radfahren und zu Fuß gehen gut für die Gesundheit ist, waren wir überrascht, dass diese Verbindung in der Verkehrsökonomik bisher nicht hergestellt wurde. Die Wechselwirkungen zwischen Gesundheits- und Verkehrspolitik sind größer, als wir erwartet haben", erklärt Inge van den Bijgaart von der Universität Utrecht, die ebenfalls Autorin der Studie ist.
Kostspielige Entscheidungen: Das Gesundheitssystem könnte von höheren Mineralölsteuern stark profitieren
Mineralölsteuern sind für die individuelle Entscheidung, zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren, nur von geringer Bedeutung. Die Vorteile angepasster Mineralölsteuern könnten jedoch alle gesellschaftlichen Kosten der Autonutzung, einschließlich Umweltverschmutzung und Verkehrsstaus, berücksichtigen. Die Einnahmen könnten entweder für klimafreundliche Verkehrsinfrastruktur oder zur Entlastung von Haushalten verwendet werden, die von der Steuer besonders betroffen sind.
Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien und in den USA ist körperliche Inaktivität ein wesentlicher Risikofaktor für 6 der 10 häufigsten Todesursachen weltweit, da eine sitzende Lebensweise weit verbreitet ist. Dabei können schon 2,5 Stunden Gehen pro Woche das Risiko von Diabetes, Herzkrankheiten, Demenz und Depressionen erheblich verringern. Gute Fußwege, Radwegenetze oder sogar autofreie Stadtzentren sowie Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr könnten dazu beitragen, aktive Mobilität zu fördern und die tägliche Bewegung zu erhöhen.
"Manche Menschen würden das Argument, dass die Verkehrspolitik sie fitter machen soll, als Eingriff in ihre ganz persönlichen Entscheidungsfreiheit ansehen", sagt Inge van den Bijgaart. Vor allem in städtischen Gebieten bietet der tägliche Arbeitsweg jedoch eine einzigartige und kostengünstige Möglichkeit, Anreize für mehr regelmäßige Bewegung zu schaffen, weil viele Menschen ohnehin pendeln müssen. "Das Gesundheitssystem leidet unter den hohen Kosten der Krankheiten, die durch zu Fuß gehen und Radfahren verringert werden können. Wenn nichts unternommen wird, um die Fitness der Bevölkerung zu verbessern, müssen die Gesellschaften die Kosten, die durch Bewegungsmangel entstehen, durch höhere Krankenversicherungsprämien oder höhere Steuern zur Finanzierung des Gesundheitssystems tragen", erklärt van den Bijgaart.
"Es ist eine kostspielige gesellschaftliche Entscheidung, die gesundheitlichen Vorteile von Verkehrsmitteln, die zu mehr körperlicher Aktivität führen, nicht zu nutzen. Unsere Studie unterstreicht das große Potenzial angepasster Mineralölsteuern. In Kombination mit anderen Maßnahmen zur Förderung des nicht-motorisierten Verkehrs könnte dies der Gesundheit der Menschen sehr zugute kommen", so Mattauch abschließend.
Artikel: Inge van den Bijgaart, David Klenert, Linus Mattauch, Simona Sulikova (2023): Healthy climate, healthy bodies: Optimal fuel taxation and physical activity. Economica [DOI: 10.1111/ecca.12497]Weblink zum Artikel: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ecca.12497
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
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