Endlagersuche: Viele Entscheidungen schon getroffen?
- Bundesgesellschaft BGE hält notwendige Informationen vor der Öffentlichkeit zurück
- Kontinuierliche Bekanntgabe von Gebietsausschlüssen dringend notwendig
- Neubesetzung des Nationalen Begleitgremiums scheitert seit einem Jahr an politischem Geschacher
An diesem Wochenende findet das zweite Forum Endlagersuche statt. Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Kommunen, Verbänden und Wissenschaft können sich über den Stand der Suche nach einem tiefengeologischen Lager für hochradioaktive Abfälle informieren. Die Festlegung auf wenige geeignete „Endlager“-Standorte wird sich laut zuständigem Unternehmen BGE* noch weitere vier Jahre bis 2027 hinziehen. Die Öffentlichkeit wird damit noch sehr lange im Dunkeln tappen und bewusst in Unwissenheit gehalten, welche Standorte in Betracht kommen. Aus der Erfahrung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat diese Intransparenz und der Mangel an Teilhabe System. Beteiligung, wie sie das anstehende Forum verspricht, wird untergraben – das zuständige Bundesamt BASE geht nicht auf die Menschen zu. Dabei deuten die Aussagen mehrerer Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen geologischer Landesdienste bereits seit Jahren darauf hin, dass eine präzisere Eingrenzung schon jetzt möglich wäre.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Mehrere Studien und landespezifische Informationen über die Geologie Deutschlands lassen darauf schließen, dass für die zuständige BGE eine weitere Eingrenzung der Gebiete bereits jetzt möglich ist. Die BGE kommuniziert jedoch seit dem Zwischenbericht Teilgebiete weder systematisch noch kontinuierlich konkrete Gebietsausschlüsse. So wird Bürgerbeteiligung sehenden Auges durch die BGE versperrt.“
Der BGE liegt seit über einem Jahr ein Bericht zu sogenannten Kaltzeiten vor, der zeigt, dass durch kommende Eiszeiten ein mögliches „Endlager“ durch entstehende Gletscher und dadurch resultierende Rinnenbildung in größeren Teilen Norddeutschlands negativ beeinflusst werden kann und eine Endlagerung dort deutlich schwieriger wird als behauptet. Die Effekte dieser Erkenntnisse zu diskutieren und die Auswirkungen auf einer aktualisierten „Endlagerkarte“ zu zeigen, sind bisher nicht erfolgt.
Olaf Bandt weiter: „Klar gilt Sorgfalt vor Eile, die Öffentlichkeit aus wichtigen Entscheidungen rauszuhalten, statt mit ihr systematisch bei wegweisenden Festlegungen in den Dialog zu treten, ist aber der falsche Ansatz. Und das eigentlich für Beteiligung zuständige Bundesamt BASE hat derzeit augenscheinlich keinerlei Interesse an ernstgemeinter Öffentlichkeitsbeteiligung.“
Die BGE hat mit dem Zwischenbericht Teilgebiete vor drei Jahren über 50 Prozent der Fläche Deutschlands im Rennen belassen. Das war nicht im Sinne des gesetzlich festgelegten Verfahrens. Schon damals wäre durch den Rückgriff auf ortspezifische geologische Daten eine präzisere Eingrenzung möglich gewesen. Bei 90 großflächigen Gebieten in 15 Bundesländern fühlt sich kaum jemand tatsächlich betroffen oder beteiligt sich. Das Vorgehen von 2020 führt die BGE jetzt fort.
BUND fordert Kontinuität und Struktur
Bandt: „Die BGE hätte seit 2020 den Zwischenbericht kontinuierlich fortschreiben müssen und öffentlich weitere Gebietsausschlüsse vorlegen und diskutieren müssen. Durch zurückgehaltene Informationen, wird Beteiligung unterlaufen. Der BUND fordert ab sofort kontinuierlich mit der Öffentlichkeit Gebietsausschlüsse zu diskutieren und eine aktualisierte ‚Endlagerkarte‘ vorzulegen. Dabei ist selbstverständlich, dass eine wissenschaftliche Eingrenzung oberste Priorität hat. Aktuell läuft es darauf hinaus, dass die BGE in einem Jahr bekanntgibt, was heute schon Faktenlage ist. Die Menschen im Ungewissen zu lassen, ist der absolut falsche Weg. Wenn die BGE das nicht schafft, ist das Bundesumweltministerium gefordert einzugreifen“
Auch an anderer Stelle wird Beteiligung torpediert – durch politische Einflussnahme.
Bandt: „Das Nationale Begleitgremium NBG, das als neutraler Wächter die Suche begleiten soll, wartet auf die Neubenennung von Mitgliedern. Aber die bayerische Landesregierung mauert, weil die Landesregierung noch eine weitere Person bestimmen will. Das widerspricht absolut dem Geist des Gremiums als unabhängiger Begleiter. Die Berufung neuer Mitglieder scheitert seit knapp einem Jahr an politischem Geschacher. Das ist ein Trauerspiel und wird der Bedeutung der Endlagersuche nicht gerecht. Gerade einem Ministerpräsidenten, der das Hochlied auf die Atomkraft singt, sollte ein sicherer Standort für den Jahrtausende strahlenden Müll nicht egal sein. Wir fordern Markus Söder auf, endlich seine Blockade zu beenden.“
*Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH
Mehr Informationen:
- Aktueller Sorgenbericht des BUND zum Standortauswahlverfahren
- BUND-Seite: Atommülllagersuche
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