Kompostierbare Theaterplastiken aus dem 3D-Drucker: Innovation aus Dresden für einen nachhaltigen Theaterbau
Aktuelle Theaterplastiken, insbesondere solche mit großen Abmessungen und hoher Komplexität, verursachen erhebliche Mengen an nicht recycelbaren Abfällen, hauptsächlich in Form von Styropor. Mit Hilfe des Forschungsprojektes „GreTA“ soll in Zukunft darauf verzichtet werden können, indem auf das Liquid Deposition Modeling (LDM) als geeignetes Verfahren für den 3D-Druck von biobasierten Materialien gesetzt wird.
Materialtests mit Agar-Agar, Carrageen und Glutinleim
Während des Forschungsprojektes wurden bereits umfangreiche Materialuntersuchungen durchgeführt, um geeignete naturstoffbasierte Materialien für das 3D-Druckverfahren zu identifizieren. Anstelle von herkömmlichen thermoplastischen Kunststoffen kommt eine plastische Masse zum Einsatz, die recycelbar, stabil, leicht und kostengünstig sein muss. So wurden bereits verschiedene Bindemittel, wie Agar-Agar, Carrageen und Zellleim, für den Einsatz im LDM-Verfahren getestet, jedoch führten diese oft zu langen Trocknungszeiten, starker Schrumpfung und geringer Haftung. Die Lösung fand sich in Glutinleim, der bei Raumtemperatur zu einem stabilen Thermoplast-Elastomer aushärtet. Eine gleichmäßige Schrumpfung wird bereits bei der Erstellung des 3D-Modells berücksichtigt. In Kombination mit geeigneten Füllstoffen und Additiven wird es zu einer schlagzähen Masse, die vollständig kompostierbar und recyclingfähig ist.
Erfolgreicher Praxistest auf der Felsenbühne Rathen
Die entwickelte Technologie wurde bereits erfolgreich in der Praxis getestet. Im Rahmen des Projekts wurden mit der entwickelten Materialrezeptur aus Wasser, Glycerin, Korkmehl und Glutinleim zwei originalgroße "Schweinehälften" für die Oper "Der Freischütz" im LDM-Verfahren geschaffen. Das perfekte Modell konnte dazu im „Vorwerk Podemus Hof“ mittels mobiler Scantechnologie aufgenommen und digitalisiert werden. Anschließend wurde eine in Bezug auf Druckzeit, Oberfläche, Stabilität sowie Trocknungs- und Schrumpfverhalten optimierte Füllstruktur für den Spiralvasenmodus konstruiert. Etwa eine Woche musste das fünfteilige Modell lufttrocknen, bevor es zusammengebaut und verklebt werden konnte. Für eine täuschend echte Bemalung und bühnentaugliche Finalisierung sorgten die Mitarbeiter*innen der Landesbühnen Sachsen.
Prof. Ulrich Eißner von der HfBK betont: „Die Herstellung der ‚Freischütz-Schweinehälften‘ für die Felsenbühne Rathen hat uns als Forschungsteam zunächst mit Stolz und Freude erfüllt. War es doch die allererste theaterpraktische Anwendung unseres entwickelten 3D-Druckverfahrens überhaupt. Und sie funktioniert, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Die Verwendung recycle- und kompostierbarer Materialien stellt nicht nur eine wegweisende Verbesserung der 3D-Drucktechnologie dar, sondern öffnet auch die Tür zu neuen kreativen Horizonten für Bühnenbildner und Künstler. Der Fokus auf Nachhaltigkeit in Verbindung mit modernster Technologie zeigt, dass Kunst und Umweltbewusstsein Hand in Hand gehen können.“
Das Projekt „GreTA“ wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
*GreTA – Generative Herstellung von recyclingfähigen Grundstrukturen für die Theaterplastik aus naturbasierten Ausgangsstoffen.
Informationen und Rückfragen an: Prof. Niels Modler (niels.modler@tu-dresden.de), Johanna Maier (johanna.maier@tu-dresden.de), Leopold Dietrich (dietrich@hfbk-dresden.de), Prof. Ulrich Eißner (eissner@hfbk-dresden.de), Carl Ahner (ahner@hfbk-dresden.de)
Das Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) ist eine Forschungseinrichtung der Fakultät Maschinenwesen und der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der Technischen Universität Dresden. Auf dem Gebiet des ressourcenschonenden Leichtbaus hoher Material- und Energieeffizienz führen rund 240 Mitarbeiter:innen umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch. Die Arbeit am ILK ist geprägt vom Dresdner Modell des funktionsintegrativen Systemleichtbaus in Multi-Material-Design und basiert auf einem werkstoff- und produktübergreifenden Ansatz. Die Wissenschaftler:innen des ILK betrachten bei der Entwicklung neuer Konzepte, Prozesse und Produkte die gesamte Entwicklungskette: Werkstoff – Konstruktion – Simulation – Fertigung – Prototypentests – Qualitätssicherung – Kosten. Indem sie sich dabei am Konzept des Neutralleichtbaus orientieren, werden neben den klassischen, technischen und ökonomischen Aspekten auch die ökologischen Parameter sowie Fragestellungen unserer globalisierten Gesellschaft auf jeder Stufe dieser Kette integriert. Geleitet wird das ILK von Prof. Dr.-Ing. habil. Maik Gude (Professur für Leichtbaudesign und Strukturbewertung, Vorstandsmitglied) und Prof. Dr.-Ing Niels Modler (Professur für Funktionsintegrativen Leichtbau, Vorstandsmitglied/Sprecher des Vorstandes).
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