Trasch, Brustwickel und Mehlsuppen, 150 Hinweise von Mama sowie die vollkommene Zukunft – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Und so lässt Erik Neutsch das 1. Kapitel seiner Regengeschichte anfangen – mit Regen, mit einem kräftigen Regen (und ausdrücklich ohne auf die neue Rechtschreibung umzustellen):
„Draußen rauschte der Regen. „Je älter, desto dümmer“, schimpfte Anna, Urbanczyks Frau, und rieb mit einem Frottiertuch Josefs dünne Haarzupfen trocken. Die Bluse zitterte über dem Fleisch ihrer sonnverbrannten, ziegelroten Arme. „Hockt sich in den Regen und läßt sich durchweichen.“, Josef knurrte unter dem Handtuch. „Holst dir ’ne Lungenentzündung an den Hals. Bei der Jahreszeit und dem Alter. Und wer hat den Trasch wieder? Brustwickel machen und Mehlsuppen kochen?“, Josef hob den Zipfel des Tuches hoch. „Der Fenske hat gesagt, der Angler, weißt du, du kennst ihn doch… Der hat gesagt, so ein Landregen geht über die Erdbeeren her. Sie werden schon moschig, wenn sie noch grün sind, die Erdbeeren, hat er gesagt…“, „Der Fenske, der… Und deine Erdbeeren…“, Anna knetete noch derber Josefs Kopfhaut. „Auauau!“, schrie Josef. „Du reißt mir am Ende noch den Kopf ab. Alte.“, Anna breitete das Handtuch am Herd zum Trocknen aus und warf Josef ein frisches Hemd zu. „Da“, sagte sie, „zieh über!“, Josef kroch in das Hemd. „Der Fenske hat gesagt, bei so einem Landregen soll man die Erdbeeren mit Draht abstützen. Mit kleinen Drahtresten, hat er gesagt. Dann liegen sie nicht auf der Erde und werden nicht moschig.“, „Was die Erdbeeren damit zu tun haben, daß du dich in den Regen setzt.“, „Bist du aber auch schwer von Begriff. Nach den Erdbeeren wollt ich mal sehen, ob sie schon moschen, wie der Fenske gesagt hat. So ein Landregen, hat doch der Fenske gesagt…“, Josef stak im Hemd und ruderte mit den Ärmeln in der Luft. Er mühte sich vergeblich, seinen Schädel durch die Halsöffnung zu zwängen. Er hatte vergessen, den Hemdkragen aufzuknöpfen. „Knöpf doch bloß nicht immer die Hemden bis obenhin zu.“, „Mach mir noch Vorwürfe! Bin ich schuld, daß du pitschnaß bist?“, prustete Anna und stemmte die Fäuste auf die Fettpolster ihrer breiten Hüften. „Bei den Erdbeeren bist du ja auch nicht gewesen. Hast im Hof vor der Abflußrinne gehockt.“, „Das verstehst du nicht, Anna“, kam es aus dem Hemd.“ Aber was hat das alles mit den Konflikten in der Chlorfabrik zu tun? Bitte weiterlesen. Fast nebenbei erfährt man nur wenig später, dass der bisherige Betriebsleiter abgehauen ist.
„Anna stellte krachend einen Topf auf die Herdplatte. „Abgehauen ist der? Wohin ist der denn abgehauen?“ „Nach dem Westen. Wohin denn sonst…“ „Wohin denn sonst… Als ob jeder nur immer dorthin laufen muß, wo es Abend ist. Unsereins rennt doch auch nicht nach dem Westen.“ „Unsereins ist auch kein Doktor.“ Josef blickte wieder auf den Regen, der den Abfluß im Hof entlangrann. „Und da hast du dich wegen der Erdbeeren nicht und wegen dem Salz nicht durchweichen lassen, sondern wegen dem Doktor.“´
Geschichten von Träumen und Enttäuschungen von Menschen in der DDR, von Rückschrittlichem und von Fortschrittlichem erzählt Maria Seidemann in ihrem Prosadebüt von 1980 „Der Tag, an dem Sir Henry starb“.
Der noch nicht einmal 10-jährige Andy steht im Mittelpunkt des Kinderbuches „Andy, Chef der Familie“ von Hildegard und Siegfried Schumacher: Seine Mutter geht für ein halbes Jahr nach Moskau zum Studium. Fast 150 Hinweise der Mutter schreibt er in sein Heft, denn Mutti hat ihn zum Chef über Vati und die zweijährige Schwester Anke erklärt. Vati ist Kreisschulrat und kommt meist sehr spät von der Arbeit nach Hause. Und was gibt es da nicht alles zu tun.
Auch um das Glück der Menschen, um die vollkommene Zukunft und um den lieben Gott geht es in dem Band „Im Mantel von Allerleirauh. Eine Auswahl früher und später Gedichte“ von Elisabeth Schulz-Semrau.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute geht es um Konflikte zwischen Tiere und Menschen. Lassen sie sich lösen? Gibt es doch Hoffnung?
Erstmals 1990 erschien im Kinderbuchverlag Berlin „Adebar und Kunigunde. Eine Erzählung für neun Abende mit einer Nachricht, die den ersten ermöglicht, und einer Hoffnung, die über den zehnten hinausreicht“ von Joachim Nowotny: Seit jeher soll es Menschen geben, die mit Tieren reden. Kunigunde, zum Beispiel, weiß nicht nur rätselvolle Sprüche, sie kann sich auch mit Mijnheer Adebar verständigen. Der Storch hat nämlich Sorgen. Er muss ein neues Nest bauen. Wohin aber? Doch nicht etwa auf den Leitungsmast! Da gibt es Konflikte mit den Menschen.
Wir haben es jedoch nicht mit einer herkömmlichen Tiergeschichte zu tun. Neun Abende gibt es Nachrichten über Stürme und sanften Frühlingswind, über Alarm und Kurzschluss, über Feiern und Entscheidungen – und schließlich auch Auskunft über einige Hoffnungen für unsere Zeit. Das für Kinder ab 10 Jahre, die sich für den Schutz der Tiere und ihrer Umwelt interessieren, gedachte Buch ist immer noch hochaktuell.
Bereit, in die Welt des Buches einzutauchen? Wirf einen Blick auf die folgende Leseprobe und lass dich verzaubern:
„Ha“, rief der Storch, „Ihr besteht also immer noch auf dem Wort. Aber meinetwegen: Wenn Ihr es eine Katastrophe nennen wollt, dass nun etliche Leute auf die Beine kamen, sich hier eine Tür öffnete, da ein Fenster, dass die einen begierig, die anderen erschreckt ihre Ohren in den Wind hielten, dass vor allem die jungen Männer im Laufschritt dem Spritzenhaus zustrebten, wo sie das Eisentor ganz aufrissen und das Löschfahrzeug herausholten, dass der rote Wagen in hohem Tempo die Kurve zum Dorfplatz nahm, wobei er pausenlos auf seine Art Alarm schrie, nämlich Tatütata!, sogar nachdem er zum Stehen gekommen war und man ihm die Schläuche entrissen hatte, dass nun alles auf Kommando ging: Löschtrupp vorwärts! Wasser marsch!, dass zum Keuchen der Männer und zu Konrads Kommando nun auch das Geknatter der Motorpumpe und das Zischen des Wasserstrahls kam, kurz, wenn Ihr für all das kein anderes Wort als Katastrophe habt, so will ich es gelten lassen. Obwohl Ihr Euch damit keineswegs in Übereinstimmung mit Euren Artgenossen befindet. Denn für die Leute dort kam die Katastrophe erst später.“
„Wieso denn das?“, rief Gulamo in höchster Erregung.
Der Storch ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Gemach, gemach“, sagte er, „ich nehme mir die Freiheit, zuerst davon zu berichten, was ich als Katastrophe erlebte. Zunächst betrachtete ich das Hin und Her zu meinen Füßen von oben herab wie eine Art Übung, deren Regeln ich nicht kannte. Obwohl es rasch dunkel wurde, konnte man alles gut sehen, denn man hatte mehrere hell strahlende Lampen herbeigeschafft, die die Vorgänge beleuchteten. Freilich zuckten meine Glieder. Und ich war mehrmals drauf und dran, meinen Posten zu verlassen und Schutz in der Finsternis des Luftraums zu suchen. Doch ich unterdrückte alle Regungen dieser Art, denn noch immer vertraute ich den Leuten, die mich so lange in ihrem Dorf geduldet hatten. Es dauerte ja auch eine ganze Weile, ehe die Pumpe mit voller Kraft lief und der Wasserstrahl die Spritze steil ansteigend verließ. Konrads Kommandos wurden immer energischer. Macht Druck! Haltet drauf! rief er. Und bald wiederholten die beiden jungen Männer, die die Pumpe und die Spritze führten, die Befehle mit vor Anstrengung knirschenden Stimmen: Ich mache Druck! Ich halte drauf! Aber erst als mich der kalte Strahl traf und von meiner Plattform riss, als ich vom Druck des Wassers zu Boden geschleudert wurde, erkannte ich, wie sehr ich mich getäuscht hatte und dass der ganze Alarm nicht irgendeiner Übung, sondern einzig und allein mir gegolten hatte.“
„Wie denn“, rief Gulamo, „man hat Euch einfach … heruntergespritzt?“
„So ist es“, sagte der Storch. „Man scheute weder Sirenengeheul noch Scheinwerferlicht, man brachte eine ganze Dorffeuerwehr auf die Beine, nur um einen Storch von einem Lichtmast zu spritzen.“
„Konntet Ihr Euch retten?“
„Mit Mühe“, sagte der Storch, „es bedurfte schon einer ganzen Reihe von kräftigen Flügelschlägen, ehe der Luftstrom mein nasses Federkleid trocknete. Aber lassen wir das. Bleiben wir bei dem Aufwand, den Euresgleichen manchmal treibt und der jeder Vernunft spottet. Hätte man nicht …“
„Einen Augenblick!“, rief Gulamo, „wir können gleich darüber sprechen. Vergesst bloß nicht, dass Ihr mir noch etwas anderes schuldig seid.“
„Wie könnte ich“, antwortete der Storch, „kommt doch das eine aus dem anderen. Ich gewann dann doch ein bisschen Höhe, aber um in den Luftraum zu steigen, war es zu spät. Also suchte ich mir ein Stalldach, das im Dunkeln lag, und versuchte, mit meinem Schrecken fertig zu werden, so gut es ging. Im Schein der Lampen freilich beruhigte man sich nicht. Man hatte hurra! geschrien, als mich der Strahl vom Mast warf. Man war so begeistert, dass man nicht aufhören wollte. Vor allem die beiden jungen Leute, bei denen es sich natürlich um Alexanders Freunde Harzer und Stromer handelte, konnten nicht genug tun, zu rufen: Ich mache Druck! Ich halte drauf! Und so stieg der Strahl weiter zur Mastspitze hinauf und fetzte auch das letzte Zweiglein von den Isolatoren. Auf einmal aber begann es über den Drähten zu knistern, Funken sprühten, es erhob sich ein grell leuchtender Bogen inmitten des Wasserstrahls. Dann gab es einen trockenen Knall, und alles war aus. Nur das Tatütata gellte noch. Sonst aber lag das ganze Dorf plötzlich in der schwärzesten Finsternis.“
„Kurzschluss!“, stöhnte Gulamo.
„Kurzschluss“, bestätigte der Storch. „Was man von mir und meiner bescheidenen Baukunst befürchtet hatte, das war den beiden jungen Heißspornen aufs Trefflichste gelungen … Ich will es mir ersparen, das nun ausbrechende Durcheinander zu beschreiben. Ich stand auf meinem Bein und glaubte immer noch, es könne alles gut werden.“
„Der Tag, an dem Sir Henry starb“ von Maria Seidemann erschien erstmals 1980 im Eulenspiegel Verlag, Berlin. Drei alte Damen treffen sich in einem Café: Verbindendes und Trennendes in ihrem Leben wird deutlich. — Ein Mann hat anlässlich eines Staatsfeiertages eine Auszeichnung bekommen: Wie benimmt er sich danach? — Ein Mädchen sorgt für den kleinen behinderten Bruder und durchbricht in seinen Wünschen und Träumen alle Konventionen und Zwänge des Elternhauses. — Eine junge Frau, von vielen als asozial verleumdet, findet ihren Weg zu einem sinnvollen, erfüllten Dasein …
Um Menschen in der DDR geht es in diesen und anderen Geschichten Maria Seidemanns, um ihre Träume und Enttäuschungen, um Relikte aus früheren Entwicklungsabschnitten und um Prozesse des Werdens und der Veränderung durch Umwelteinflüsse.
Maria Seidemann, die mit diesem Band als Prosaistin debütiert, findet in oft unscheinbaren Vorgängen poetische Markierungen. Einher geht damit ein unterschwelliger feiner Humor, mit dem sie die menschlichen Verhaltensweisen vor ihrem konkreten gesellschaftlichen Hintergrund zu deuten versucht. Und doch bittet die Autorin bei aller verhaltenen Ironie um Nachsicht für die Verletzbarkeit derer, über die gelacht wird. Charakteristisch für Maria Seidemanns Erzählhaltung ist ihre starke Affinität zur Malerei, die sich gleichermaßen in ihrer Themenwahl und einem sinnlich-bildhaften Stil ausdrückt.
Entdecken Sie eine fesselnde Leseprobe:
Das Schlimmste waren immer die Kinder. Das vergisst sich nicht. An vieles erinnere ich mich nicht mehr, aber die toten Kinder bleiben, eines wie das andere.
Das erste war dieser Junge, der kam gerade aus der Bäckerei Rakosz, als es ihn traf. Das muss neunzehnhundertundzwanzig gewesen sein, oder schon neunzehn, ich ging auf das Mädchengymnasium, wir gehörten noch zu Österreich, ab zwanzig waren wir dann polnisch, mir machte das wenig aus, ich sprach polnisch und russisch so gut wie deutsch. Es war doch neunzehn, die Ukrainer hatten Lemberg besetzt, ich war noch nicht gefirmt, ich hatte das Brillantkreuz noch nicht. Morgens ging man ganz normal zur Schule, und mittags rannte man im Kugelregen heim. So war das damals in Lwow. Wer ihn getroffen hat, Pilsudskileute oder Petljuraleute, wer soll das heute noch sagen, ich rannte in den Hausflur der Bäckerei, als es anhub, und der Junge kam heraus, er trug ein großes Blech mit Kirschkuchen auf dem Kopfe, das rutschte ganz langsam hintenüber, es deckte ihn zu, nur die Beine ragten unten hervor, ich stand die ganze Zeit hinter dem Tor und starrte auf seine schmutzigen Fußsohlen, bis das Schießen leiser wurde.
Ich selbst hatte eine behütete Kindheit, obschon Krieg war. Unserem Vater gehörte die Hirschapotheke in der Krakauer Vorstadt von Lwow, sie war seit drei Generationen im Besitz der Familie. Vaters Vorfahren stammten aus Wien und Südungarn. Mutters Mutter war eine Grundbesitzertochter aus Kongresspolen, sie sprach russisch und polnisch, sie lebte bei uns im Hause, so wuchsen wir dreisprachig auf. Ich las Christoph Martin Wieland wie Sienkiewicz und Reymont wie Tolstoi, das hättest du nicht gedacht, wie? Jawohl, meine Liebe, ich erhielt eine gediegene Bildung. Lehrerin wollte ich werden, weil ich Kinder so gern hatte, aber ich durfte nicht.
In unserem Hause herrschte Weltoffenheit, es wurde nicht gefragt, ist einer Russe, Ruthene, Pole, Jude, Deutscher, ein Mensch ist ein Mensch, er selbst bestimmt seinen Wert, das war die vorherrschende Haltung unter der Lemberger Bevölkerung, man lebte doch miteinander. Mein Vater war ein Liberaler, und meinen älteren Bruder Julius nahm er mit in seinen politischen Klub. Aber wir Mädchen, Lilli und ich, wir blieben richtig katholisch, wie Mutter und Großmutter, so musste das sein.
Einen Beruf sollten die Töchter haben, das wollte der Vater, aber Lehrerin nicht, Lehrerinnen blieben oft unverheiratet und gerieten in politische Affären. Ein Vorschlag der Großmutter bestimmte mich zur Hebamme.
Als ich zwanzig Jahre später, im Krieg noch, herkam, fing ich hier im Krankenhaus auf der Gebärstation an zu arbeiten, ich bin dort bald Oberin geworden. Das weißt du.
Wenn eine Hebamme sagt, sie erinnere sich an alle die Kinder, die sie ans Licht geholt hat, dann lügt sie.
So viele Kinder, wie ich geholt habe. Und viele sind gestorben, im Krieg, auf dem Treck, verhungert, erfroren, auch nach dem Kriege noch, wir hatten ja nichts.
Als die Amerikaner die Stadt bombardierten, im April fünfundvierzig, da wurde das Mütterhaus mit der Säuglingsstation schwer getroffen, alle waren im Keller, wir haben die halbe Nacht und den nächsten Tag bis zum Abend geschaufelt, nur ein Kind atmete noch, die Schwester hatte es im Arm gehalten und war vornüber gefallen.
Das vergisst sich nicht.
Meine eigenen Kinder habe ich an einem Tag verloren. Im Januar vierzig. Wir sind aus Lwow fort über den San und dann nach Deutschland, ich allein mit den drei Mädchen, die Älteste war neun, sie bekamen Diphtherie. Ich habe kein Bild von ihnen, nichts ist geblieben. Lillis Zwillinge sind am Leben, meine Nichten, die kennst du, davon wollen wir nicht reden. Hübsche Kinder waren die beiden. Ich hatte sie gern, weißt du.
Das Kinderbuch „Andy, Chef der Familie“ von Hildegard und Siegfried Schumacher erschien erstmals 1976 im Kinderbuchverlag, Berlin. Andy ist noch nicht 10 Jahre alt, als seine Mutter für ein halbes Jahr nach Moskau zum Studium geht. Fast 150 Hinweise der Mutter schreibt er in sein Heft, denn Mutti hat ihn zum Chef über Vati und die zweijährige Schwester Anke erklärt. Vati ist Kreisschulrat und kommt meist sehr spät von der Arbeit nach Hause.
Was gibt es da nicht alles zu erledigen? Anke muss in die Krippe gebracht und pünktlich abgeholt werden und auch so immer betreut werden. Die Wohnung und die Wäsche ist zu reinigen, täglich steht der Einkauf an, dazu die Essenzubereitung und der schreckliche Abwasch. Andy weiß oft nicht, wo ihm der Kopf steht, obwohl er sich mit Vati in die Arbeit teilt und „neuen Methoden“ erfindet. Dazu kommt natürlich die Schule und das Fußballtraining.
Spannend und mit viel Humor schreiben die beiden Autoren über den Eifer des Jungen, manche Panne und – hilfsbereite Freunde.
Hier ist eine Leseprobe, die einen Vorgeschmack auf die Abenteuer bietet, die Sie im Buch erwarten:
Süßes ess ich gern. Ich ließ Tante Felchow bei ihrer Fliegengewichtseinbildung und nahm einen Teller mit Apfeltorte in Empfang.
„Kannst ihn mit raufnehmen, Andy. Und bitte, kipp nicht mehr die Müllschippe aus dem Fenster, wie es deine Mode ist. Meine sind geputzt. Euren würde es auch guttun.“
Weil ich die Treppe schon halbhoch war, mochte ich den Kuchen nicht wieder hinunterbringen. Der Appetit darauf war mir völlig vergangen. Meine Neuerermethode mit dem Müll hatte mit Mode nicht im geringsten zu tun! Das war Arbeitsproduktivität. Vati sagt, sie stehe in unserer Volkswirtschaft an erster Stelle. Meine und Vatis Wirtschaft war der Haushalt. Wenn wir den nach Großmutterart führten, konnten wir uns gleich begraben lassen.
Mit Ärger im Bauch kann man gut arbeiten. Ich begoss die Blumen, schüttelte die Betten und klopfte sie glatt, als hätte ich Tante Felchow unter den Händen. Die Fenster machte ich nicht auf. Ich wollte mir nichts nachreden lassen. Und überhaupt, die Torte stelle ich ihr nachher vor die Tür! Den Staubsauger ließ ich brummen wie einen bissigen Bären. Was herumlag, stopfte ich in Schränke und Schubladen, und zum Schluss klatschte ich den Scheuerlappen durch mein Zimmer und das Bad.
Hier roch es. Es roch nach Ankes Hose. Aus Vatis Rasierwasserflasche nahm ich Gegengeruch und kniff mit der linken Hand meine Nase zu. Mit der Rechten warf ich Ankes Hose ins Wasser und schwenkte sie darin am Waschstock hin und her. Ein paarmal erneuerte ich das Wasser. Dann roch nichts mehr. Zur Sicherheit wusch ich den braunen Fleck noch mit Rosenseife weiß. Meine Schwester sollte niemandem schlecht riechen. Aber das schwor ich mir: Egal, wo und wann Anke musste, in die Hose nicht!
Ich haute meine Mappe ins Regal und mich in den Ohrensessel. Feierabend! Schließlich war ich kein Pferd. Die haben es gut in der Genossenschaft. Sie werden nur noch fürs Reiten gefüttert. Aus Arbeitsgäulen waren Sportler geworden. War es bei mir nicht umgekehrt?
Ich überprüfte mein Schussbein. Augenblicklich hielt es nichts vom Sport. Das stimmte mich traurig. Fredi hatte mich auch sitzen lassen. Das stimmte mich noch trauriger. Ich biss in die Apfeltorte. Sie schmeckte wie Pappe. Ich schob sie von mir, und als es klingelte, blieb ich auf meinem Platz. Wer weiß, wer da was wollte. Was Vernünftiges kam bestimmt nicht. Ich starrte auf das Fenster. So unrecht hatte Tante Felchow nicht. Und wenn sie Mutti nun schreiben würde, langsam wird Ihrer Familie die Aussicht aus den Fenstern versperrt?
„Bist du taub?“
Ich fuhr hoch.
Fredi stand im Zimmer und musterte mich. „Sitzt im Sessel wie ’ne Padde, die spinnt!“
„Ich erhole mich“, sagte ich.
„Mein lieber Mann“, sagte er, „wenn ich mich immer gleich erholen würde! Kartoffeln musste ich sortieren. Ein Haufen wie ’n Berg! Befehl von Muttern. Den ganzen Tag versauen sie einem!“ Er nahm sich den Apfeltortenteller. „Schmeckt schau“, stellte er fest. „Bestimmt reine Butter.“ Und kauend redete er weiter: „Bist ’n schöner Freund! Erholst dich stundenlang, und ich muss schuften.“
„Ich auch!“ Und ich erzählte ihm, was ich alles getan hatte.
Fredi kaute und hörte zu. Schließlich stippte er die Krümel vom Teller, leckte die Fingerspitzen ab und sagte: „Nee, meine Mutter würde ich nicht nach Moskau lassen.“
„Musste sein“, sagte ich.
„Trotzdem“, sagte er. „Nu lass uns man! Meine Zehen jucken schon, und eure Unterfrau ist abgezogen in Richtung Falkenwalder Bus.“
Tante Felchow liebt den Rasensport nicht. Sie schimpft, wenn wir ihn vor der Haustür pflegen. Wir sollen uns zum Sportplatz scheren, anstatt den Ball dauernd zwischen ihre Rosen zu donnern. Höchstens einmal die Woche soll dauernd sein! Sie begreift einfach nicht, dass für ein persönliches Zwischentraining der Weg bis zum Sportplatz keine Arbeitsproduktivität bringt.
„Im Mantel von Allerleirauh. Eine Auswahl früher und später Gedichte“ von Elisabeth Schulz-Semrau erschien 1995 im BS Verlag Rostock.
Hier ist eine Leseprobe, die einen ersten Einblick in die Gedichte gibt:
Kindheit 2
Als ich
ein Kind war
kunkelte ich
mit dem lieben Gott:
Drei Streuselschnecken
gegen eine Eins im Diktat
fünf Zuckerhörnchen
eine Zwei im Rechnen
sieben Cremeschnitten
gegen die spitze Nase
und die böse Zunge
vom Fräulein Roman
Die süßen Köstlichkeiten
stahlen meine Augen einfach
aus dem Schaufenster
von Bäcker Berg
und meine ungebärdigen Wünsche
schickten sie per Lust-Post
zum Himmel
Manchmal ging Gott
auf den Handel ein
und auf dem Heimweg
hüpften die ehrwürdigen Häuser von K.
mit mir um die Wette
Meist aber
war ich wohl
zu geizig gewesen …
So. Mit diesem letzten Dezember-Newsletter und seinen wie immer fünf Sonderangeboten ist nicht nur dieser Monat, sondern gleich ein ganzes Jahr vorbei und ein neues wartet schon ungeduldig vor der Tür.
Vielleicht ist dieser Jahrwechsel auch eine gute Gelegenheit, noch einmal zumindest einen kurzen Blick auf die Newsletter dieses Jahres zu werfen – von Januar 2023 bis Dezember 2023. Es waren insgesamt 52, und sie brachten 260 Sonderangebote von 84 Autorinnen und Autoren. Geschrieben wurde über Alltag und Sonntage, über große und kleine Liebesgeschichten, aber auch über die ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit wie Klima, Umwelt und Frieden.
Und jetzt wollen wir uns aber nicht mehr lange mit dem Blick zurück aufhalten, sondern lieber vorausblicken und uns allen gemeinsam ein schönes und glückliches sowie ein friedliches und erfolgreiches Neues Jahr 2024 wünschen. Guten Rutsch!
Bleiben auch Sie im Neuen Jahr weiter vor allem schön gesund und munter. Und bleiben Sie Freundinnen und Freunde der Bücher. Auch 2024 viel Vergnügen beim Lesen.
EDITION digital war vor 29 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.300 Titel. E-Books sind barrierefrei.
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