Mit Gold ins neue Ausstellungsjahr
Murr: „Das tim engagiert sich seit seinem Bestehen 2010, das reichhaltige Erbe der bayerischen Textilgeschichte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Das reicht von unserem lebendigen Museumskonzept mit ratternden Webmaschinen und spannenden Mit-Mach-Stationen bis hin zur interaktiven, medialen Vermittlung über Online-Plattformen. Als Beispiele seien die spielerischen Internetangebote „Stoff ohne Grenzen – Mode bewegt die Welt“ oder „CALICO“ genannt. Die Auszeichnung durch die ETA macht uns stolz – bestätigt sie doch unsere bislang geleistete Arbeit und gibt uns zusätzlichen Schwung für die Zukunft. Vielen Dank!“
Die internationale Jury von führenden Fachleuten zeichnet nach eigenen Angaben zukunftsweisende Leistungen zu innovativen Produkten unter Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien aus. In der Kategorie „Museums, Collections & Archives“ würdigt die ETA mit dem Award herausragende Museums-, Sammlungs- und Archivtätigkeit und die Qualität musealer Präsentations- und Vermittlungsarbeit sowie die Bemühungen „Textil“ in all seinen Bereichen als Kulturgut zu erhalten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
tim – Bilanz 2023 / Ausblick 2024
Mit seinem Ausstellungsangebot 2024 möchte das tim an den Erfolg des vergangenen Jahres anknüpfen. 2023 besuchten laut Murr 111.712 Menschen das tim. Murr: „Das sind sehr erfreuliche Zahlen für uns! Damit übertreffen wir sogar das erfolgreiche Niveau der Zeit vor der Corona-Pandemie. Ich danke allen Gästen, die das tim mit ihrem Besuch zu einem wirklich lebendigen Kulturort machen.“ Für 2024 verspricht Murr eine Vielzahl unterschiedlichster Sonderausstellungen – sowohl in kleinem als auch in großem Rahmen.
Ausstellungsübersicht 2024
22. März bis 13. Oktober 2024
Kleider. Geschichten. Der textile Nachlass von Arno und Alice Schmidt
In seiner großen Sonderausstellung 2024 öffnet das tim den Kleiderschrank der Nachkriegszeit und der früheren Bundesrepublik. Genauer gesagt die Schränke des bedeutenden Nachkriegsschriftstellers Arno Schmidt und dessen Frau Alice. Das Ehepaar, das nach Flucht und Vertreibung 1958 schließlich seine Bleibe in der Lüneburger Heide fand, hat seine gesamte Kleidung über die Jahrzehnte hinweg penibel verwahrt und aufgehoben. Ein einmaliger Schatz in seiner Form. So vereint der Nachlass mehr als 1.000 Objekte aus sechs Jahrzehnten und dokumentiert eindrucksvoll deutsche Alltagsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Die ältesten Kleidungsstücke stammen aus den späten 1930er Jahren, die jüngsten hatte Alice Schmidt noch kurz vor ihrem Tod 1983 erworben. Das Konvolut umfasst Kleidungsstücke aller Art, von der Leibwäsche, Wintermänteln bis hin zu Schuhen. Dabei handelt es sich entsprechend den Lebensumständen der Schmidts nicht um kostbare oder ausgefallene Einzelstücke, sondern um Alltagskleidung, die wertgeschätzt wurde – und werden musste. In Kooperation mit der Arno Schmidt Stiftung geht das tim der Frage nach, welche Kleidung die Menschen in der Bonner Republik trugen und welchen Wert die Stücke für sie besaßen. Die Besucherinnen und Besucher erwartet ein spannender Streifzug durch die Mode der unmittelbaren Nachkriegszeit und der alten Bundesrepublik, ebenso eine Abteilung zum literarischen Umgang des Autors mit textiler Sprache. Eine Lesereihe wird die Ausstellung begleiten.
Der Schriftsteller Arno Schmidt wurde am 18.1.1914 in Hamburg geboren und zog als Jugendlicher mit seiner Familie nach Schlesien um. 1937 heirateten Arno Schmidt und Alice Murawski (geb. 1916), die sich als Angestellte einer Textilfabrik kennengelernt hatten. 1949 erschien mit „Leviathan“ Schmidts aufsehenerregendes Prosadebüt. Die politische und ästhetische Radikalität seiner Werke machte ihn in den 50er Jahren zu einem ebenso gefeierten wie umstrittenen Autor. 1973 erhielt er den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt. Am 3.6.1979 starb Arno Schmidt in Celle.
Neben dieser großen Sonderausstellung zur Alltagsgeschichte der Kleidung in der alten Bundesrepublik kündigt Murr weitere Ausstellungsangebote an.
Ab 22. Februar bis 21. April 2024
„Vor dem Abbruch – Die Weberei Nagler & Sohn. Fotografien von Anne Désor“
Erstmals zeigt die Fotografin Anna Désor Aufnahmen aus den 1990er Jahren, als sie mit ihrer Kamera ein wichtiges Stück Augsburger Industriegeschichte festgehalten hat. Der Hintergrund: Die Augsburger Familie Nagler hatte seit dem 19. Jahrhundert in den historischen Gebäuden der Schüle´schen Kattunmanfaktur am Roten Tor eine mechanische Weberei betrieben. Bis in die 1990er Jahre. Mit dem damaligen Konkurs der Firma endete jäh die Produktion, und „Nagler & Sohn“ musste schließen – wie so viele Augsburger Textilfabriken. Murr: „Für die Fotografin Anne Désor war dies eine spürbare Zäsur für die Stadt. Und so machte sie sich damals auf, um das Ende des Unternehmens „Nagler & Sohn“, die Demontage der Maschinen und die verlassene Atmosphäre der ehemaligen Produktionshallen mit ihrer Kamera einzufangen und zu dokumentieren.“ Diese eindrucksvollen schwarz-weiß Bilder zeigt das tim erstmals im Rahmen einer Ausstellung im Foyer. Der Eintritt dazu ist frei.
Mai bis November 2024
„Nähen, um zu überleben. Zur Geschichte der Juden in Shanghai 1938-1951“
In dieser Ausstellung mit internationaler Beteiligung beleuchtet das tim ein bewegendes Stück deutsche Geschichte. Murr: „Es geht um Männer und Frauen, die ab 1938 aus Deutschland und Österreich vor den Verfolgungen durch die Nationalsozialisten nach Shanghai flohen und dort ihren Lebensunterhalt vor allem durch textile Arbeiten der Frauen sicherten.“ Die Ausstellung entsteht als Kooperationsprojekt mit dem renommierten Käte Hamburger Research Centre „global dis:connect“ an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Augsburger Schau zeigt zum ersten Mal in Deutschland Originalobjekte jüdischer Flüchtlinge aus der Zeit in Shanghai. Im Zentrum steht eine historische Nähmaschine, die das Überleben einer der Familien sicherte.
Eine weitere Ausstellung wird laut Murr vor den Sommerferien starten. Bei dem studentischen Projekt in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg (Prof. Dr. Natascha Sojc, Klassische Archäologie) und der Augsburger Stadtarchäologie geht es um die Frage, welche Kleidung die Menschen in Augsburg zur Römerzeit getragen haben. Eine zentrale Frage der Ausstellung lautet, welche Bedeutung diese Kleidung für die Menschen der damaligen Zeit innehatte. Existierte schon damals ein verbindlicher Dresscode? Weitere Ausstellungseinheiten befassen sich mit der textilen Herstellung und dem Handel in Augsburg und der römischen Provinz Rätien.
Das Staatliche Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) ist eine Einrichtung des Freistaats Bayern, errichtet durch die Stadt Augsburg und den Bezirk Schwaben. Unterstützt durch den Förder- und Freundeskreis tim e.V.
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