Aufbau guter Beziehungen fördert Frieden
Stuttgart, 1. Februar – Wir nehmen Frieden als Normalzustand an. Dabei ist Frieden nichts, das ein für alle Mal da ist. Frieden muss immer wieder neu errungen und gestärkt werden. Das gilt im privaten Umfeld und erst recht in einem gesellschaftlichen oder gar weltweiten Horizont. Der Einsatz für Frieden beinhaltet auch, dass Armut und soziale Ungleichheit bekämpft werden. Die Caritas wirkt aktiv an einem solchen Frieden mit, indem sie Menschen begleitet, sich für Versöhnung einsetzt und den Aufbau guter Beziehungen fördert. Sie bringt sich als Vermittlerin, Dolmetscherin und Tür-Öffnerin aktiv ein. Wie kann Frieden angezettelt und die Hoffnung darauf gestärkt werden? Diese Frage stellte die Caritas Baden-Württemberg bei ihrem Jahresauftakt im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart. Ganz im Sinne der diesjährigen Caritas-Kampagne „Frieden beginnt bei mir“.
„Der Frieden ist auch hier in Deutschland gegenwärtig mehr als angegriffen“, sagte Caritasdirektorin Birgit Schaer (Freiburg) vor rund 200 Gästen aus Politik, Medien, Kirche und Wissenschaft. Ohnmachtsgefühle und Unzufriedenheit seien mittlerweile alltäglich und machten sich in Dauerprotesten, Dauerstreiks und Dauerresignation bemerkbar. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände müssten deshalb mehr denn je das Individuum in seiner Widerstandskraft stärken. „Es braucht unsere soziale Nähe zu den Lebenswelten der Menschen und deren biographischen Wendepunkte, denn nur so kann ein Zusammenleben in Ruhe und Sicherheit und damit in Frieden wieder entstehen“, betonte Schaer.
„Nach 80 Jahren Frieden in Deutschland können die Allermeisten nicht aus eigenen Erfahrungen ableiten, was es heißt, im Krieg zu leben“, sagte Prof. Dr. Bernhard Bleyer, Leiter des Studiengangs Caritaswissenschaften und werteorientiertes Management in Passau. Dennoch seien Krieg und die Frage, wie damit umzugehen ist, nie aus den Diensten der Caritas verschwunden. „Heute organisiert die Caritas in ihren Einrichtungen Räume, in denen der Wirklichkeit des Krieges die virtuelle Distanz genommen wird.“ Es brauche diese Räume, um Krieg und Krisen auf neutralem Boden zum Thema von Auseinandersetzung machen zu können.
Die Caritas leiste mit ihrer Arbeit immer auch einen Beitrag, soziale Ungleichheit zu minimieren und Kompromisse zu ermöglichen, so Caritasdirektor Oliver Merkelbach (Rottenburg-Stuttgart). „Die Perspektive, die wir einnehmen, ist immer die Perspektive von Menschen, die sich in Situationen besonderer Schutz- und Unterstützungsbedürftigkeit befinden. So betrachtet bedeutet Caritasarbeit immer gesellschaftliche Friedensarbeit.“ Gemeinsam mit den Mitstreitern und Unterstützerinnen könne es gelingen, „die solidarischen Kräfte in unserer Gesellschaft zu locken und stark zu machen und eben nicht den Angstmachern und lautstarken Vertretern von Partikularinteressen das Feld zu überlassen. Frieden beginnt jetzt. Mit uns.“
Caritas-Journalistenpreis würdigt herausragende publizistische Leistungen
In der Veranstaltung wurden fünf Journalistinnen und Journalisten mit dem 35. Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Mit ihren herausragenden Beiträgen halten sie „den Sinn für die sozialen Anliegen in unserer Gesellschaft wach“, so die beiden Caritas-Vorstandsvorsitzenden, „und dies ist so wichtig, damit sich der Geist von Mitmenschlichkeit entfalten kann“.
Den mit 3.000 Euro dotierten ersten Preis erhielt Oskar Paul. In seiner Serie „Chillen, Party, Sucht: Vom Erwachsenwerden mit Drogen“ beleuchtete er in 14 Einzelbeiträgen das Thema Drogen und Drogenmissbrauch in einer Breite und Tiefe, die keine Fragen offenlässt. Der Autor bediente sich meisterhaft aller journalistischen Stilformen, bis hin zu einem Besuch bei einer Familie, deren Sohn vor kurzem durch eine Überdosis starb. Die Serie zeichnet einen aufklärenden und präventiven Charakter aus und weist damit weit über die Bodenseeregion, in der sie angesiedelt ist, hinaus.
Der zweite Preis mit einem Preisgeld von 1.500 Euro ging an Patrick Batarilo für seinen Radiobeitrag „Von leeren Häusern und neuer Hoffnung – Alleinsein im Alter“. Batarilo nähert sich dem Phänomen Einsamkeit im Alter. Mit seinem Aufnahmegerät begleitet er seine 77-jährige Mutter und vier ihrer Freundinnen, die nach dem Tod des Partners und dem Auszug der Kinder allein leben. Batarilo gelingt es hervorragend, über das Radio behutsam und doch sehr eindrücklich zu vermitteln, wie sich Alterseinsamkeit anfühlt, aber auch, wie die vier Frauen sich gegen Momente der Verzweiflung zu wehren und dennoch erfüllt zu leben versuchen.
Ebenfalls mit einem zweiten Preis ausgezeichnet wurde Kai Diezemann für seinen Film „Wir kämpfen für dich – Wenn Eltern ihre Kinder pflegen“. Der Autor hat über ein Jahr lang vier Familien begleitet, deren Kinder schwere Beeinträchtigungen haben. Mit einer bemerkenswerten Nähe nimmt der Film den Zuschauenden hinein in das tägliche Leben und zeigt die großen Herausforderungen der Eltern. Zugleich erzählt der Film sehr berührend von der Liebe und Hingabe, mit der die Eltern für ihre Kinder da sind, auch wenn sie dadurch in ihrer Lebensgestaltung sehr eingeschränkt sind und mitunter in Armut zu fallen drohen.
Mit einer „Lobenden Erwähnung“ wurde Lisa Petrich für ihren Beitrag „Nicht mehr in Ordnung“ ausgezeichnet. Sie eröffnet überraschend neue, erhellende Zugänge in die klischeebehaftete Lebenswelt von Messies. Welche Nöte und Probleme dahinterstecken können, kommt eher selten zur Sprache. In bester journalistischer Manier hat sich die Autorin ein eigenes Bild gemacht. Sie hat mit betroffenen Menschen gesprochen, die sich der Reporterin gegenüber öffnen und erzählen, warum das Klischee oft nicht der Lebenswirklichkeit entspricht und wieso eine Entrümpelung häufig alles schlimmer macht.
Der unabhängigen fünfköpfigen Jury lagen 105 Beiträge vor, die in Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online erschienen sind. Bilder der Veranstaltung stehen ab Freitag, 2. Februar, 12 Uhr als Download unter https://www.caritas-rottenburg-stuttgart.de/was-uns-wichtig-ist/preise-und-ehrungen/journalistenpreis/pressebilder zur Verfügung.
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