Projekt-Fails mit Aha-Effekt: Die gescheiterte Elbphilharmonie-Eröffnung
Was ist passiert?
Als die Pläne für die Elbphilharmonie 2001 vorgestellt wurden, war die Begeisterung groß. Ein spektakulärer Bau auf einem alten Kaispeicher, direkt an der Elbe, sollte Hamburgs neues Wahrzeichen werden. Das ambitionierte Projekt wurde 2007 begonnen, mit einer geplanten Fertigstellung 2010 – und einem Budget von 77 Millionen Euro. Doch das Vorhaben geriet bald aus den Fugen.
Die Zahlen sprechen für sich:
- Eröffnung: erst 2017 statt 2010
- Endkosten: 866 Millionen Euro – mehr als das Elffache des ursprünglichen Budgets.
- Zahlreiche Verzögerungen und Baustopps, begleitet von Schlagzeilen, Streitigkeiten und politischem Druck.
Was einst als Hoffnungsträger startete, entwickelte sich zu einer andauernden Krise, die Hamburgs öffentliche Wahrnehmung und das Vertrauen in große Bauvorhaben nachhaltig beeinträchtigte.
Gründe für das Scheitern
Die Herausforderungen, die zur Verzögerung und Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie führten, waren vielfältig und resultierten aus einer Kombination von Planungsfehlern, Kommunikationsproblemen und politischem Druck.
- Unrealistische Planung und Zielsetzung
Zu Beginn wurden die Komplexität und die einzigartigen Herausforderungen des Projekts massiv unterschätzt. Die visionäre Architektur, insbesondere das geschwungene Glasdach, erforderte hochspezialisierte Technologien und Fertigungsmethoden, die nicht vollständig in die Planungen eingeflossen waren. Die Machbarkeit wurde durch Zeitdruck und den Wunsch, Kosten niedrig zu halten, überschattet. - Fehlende Transparenz und Kommunikationsprobleme
Viele der frühen Probleme hätten durch eine bessere Abstimmung der Beteiligten vermieden werden können. Weder die Stadt Hamburg noch die Bauherren und Architekten agierten mit klar definierten Zuständigkeiten. Häufige Planänderungen, unzureichende Abstimmungen und widersprüchliche Erwartungen sorgten für zusätzliche Verzögerungen und Konflikte. - Schlechtes Risikomanagement und Qualitätskontrolle
Während des Baus kamen zahlreiche technische Probleme ans Licht. Ein Beispiel war die Verglasung des spektakulären Daches: Die Paneele mussten mehrfach nachgebessert werden. Auch die Akustik, das Herzstück eines Konzerthauses, war anfänglich unzureichend, was weitere teure Nacharbeiten erforderte. - Politischer Druck und Prestige
Von Anfang an wurde die Elbphilharmonie als Prestigeprojekt präsentiert. Dieser politische und öffentliche Druck führte dazu, dass Entscheidungen manchmal weniger an den Realitäten des Bauens und mehr an der Außenwirkung orientiert waren. So wurden Risiken ignoriert und unrealistische Deadlines gesetzt, um den öffentlichen Erwartungen gerecht zu werden.
Die Wende – und ein verspäteter Erfolg
Trotz der langen Liste an Problemen und Rückschlägen brachte das Projekt auch einige positive Aspekte mit sich. Mit der Eröffnung im Januar 2017 konnte Hamburg schließlich die Früchte seiner Geduld ernten. Die Elbphilharmonie wurde weltweit als architektonisches Meisterwerk gefeiert. Mit ihrer spektakulären Akustik und dem einzigartigen Design ist sie heute ein Magnet für Besucherinnen und Besucher aus aller Welt und ein wirtschaftlicher Erfolg.
Doch diese Erfolgsgeschichte wurde zu einem enormen Preis geschrieben – finanziell, politisch und emotional. Für Projektbeteiligte und Verantwortliche war die Reise dahin ein Lehrstück dafür, wie ambitionierte Projekte aus dem Ruder laufen können, wenn grundlegende Projektmanagement-Prinzipien nicht eingehalten werden.
AHA-Effekte: Was können wir daraus lernen?
Die gescheiterte Eröffnung der Elbphilharmonie zeigt eindrucksvoll, wie wichtig solides Projektmanagement für den Erfolg von Großprojekten ist. Aus den Fehlern dieses Projekts lassen sich wertvolle Lehren ziehen:
- Realistische Planung: Bereits in der Konzeptphase müssen Risiken und technische Herausforderungen gründlich analysiert werden. Unrealistische Budgets und Zeitpläne setzen die Grundlage für spätere Konflikte.
- Klare Rollen und Verantwortlichkeiten: Transparenz und eine klare Aufgabenverteilung verhindern Missverständnisse und Konflikte, die Projekte unnötig verzögern.
- Risikomanagement als Schlüssel: Die kontinuierliche Bewertung von Risiken und die Anpassung von Plänen sind unverzichtbar, um unvorhergesehene Herausforderungen zu meistern.
- Politischer und öffentlicher Druck: Projekte dürfen nicht allein von Prestige oder politischer Symbolkraft angetrieben werden. Fundierte Entscheidungen basierend auf Machbarkeit und langfristigem Nutzen sind entscheidend.
Fazit
Die Elbphilharmonie verdeutlicht, wie wichtig realistische Planung, klare Verantwortlichkeiten und professionelles Risikomanagement für den Erfolg eines Projekts sind. Trotz der Herausforderungen bleibt sie ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass aus Fehlern nachhaltige Erkenntnisse für die Zukunft gewonnen werden können.
Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. ist ein gemeinnütziger Fachverband für Projektmanagement. 1979 gegründet bildet die GPM heute ein weitreichendes Netzwerk für Projektmanagement-Expertinnen und -Experten aus allen Bereichen der Wirtschaft, der Hochschulen und der öffentlichen Institutionen. Der Fachverband trägt wesentlich zur Professionalisierung und Weiterentwicklung des Projektmanagements in Deutschland bei und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Zertifizierung im Projektmanagement. Über den Dachverband International Project Management Association (IPMA) ist die GPM weltweit vernetzt und bringt auch auf internationaler Ebene die Arbeit an Normen und Standards voran. Mehr dazu unter www.gpm-ipma.de
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.
Am Tullnaupark 15
90402 Nürnberg
Telefon: +49 (911) 433369-0
Telefax: +49 (911) 433369-99
http://www.GPM-IPMA.de
PR Managerin I Online- und Bewegtbildredaktion
Telefon: +49 (911) 433369-53
E-Mail: k.baeumel@gpm-ipma.de