Bildung & Karriere

Aus Namibia nach Bad Wildungen. Die Geschichte von Elvis Kotungondo

Elvis Presley kam 1958 als einfacher US-Soldat nach Bad Nauheim. Elvis Kotungondo dagegen kam erst 2021 als angehende Pflegekraft aus Namibia nach Bad Wildungen. Hier geht der heute 27-Jährige in der Pflege seinen Weg: Zugegeben, einen alles andere als gewöhnlichen Weg. Da ist der auffällige Name – seine Eltern mochten eben einfach die Musik des „King of Rock’n Roll“. Da ist die ansteckend gute Laune von Elvis Kotungondo, die ihn zu einem bei Mitarbeitenden wie Patienten beliebten Kollegen macht. Und da ist natürlich seine Hautfarbe, die in Waldeck-Frankenberg nach wie vor Seltenheitswert hat.

Vorläufiger Höhepunkt dieses nicht gerade typischen Weges: Im Herbst 2024 hat Elvis am Wicker-Bildungszentrum seine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft erfolgreich abgeschlossen. Heute arbeitet er auf der Station A 2 der Neuro-Urologie an der Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen-Reinhardshausen und sagt: „Die Arbeit mit den Patienten macht mir einfach Spaß, ich fühle mich richtig wohl!“ Was man ihm aufs Wort glaubt, wenn man sein breites Grinsen dazu sieht. Elvis ist immer zu einem Späßchen aufgelegt, versprüht gute Laune. Er mag die Menschen, sie mögen ihn. „Elvis kommt bei den Patienten einfach gut an“ bestätigt Elke Marcattili, die Leiterin des Wicker Bildungszentrums.

Dabei war der Anfang in Deutschland alles andere als leicht. Was sich heute wie eine gelungene Integrationsgeschichte liest, war nicht von vornherein als Erfolgsstory angelegt. Elvis Geschichte zeigt beispielhaft die Chancen, aber auch die Hürden der Arbeitsmigration nach Deutschland. Und sie macht deutlich, welche Faktoren wichtig sind, damit das Ankommen im deutschen Pflegesektor gelingt. Denn klar ist: Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland allgemein und dem Fachkräftemangel speziell in der Pflege werden in den kommenden Jahren landauf, landab Zehntausende junge Menschen wie Elvis gebraucht. Mindestens.

Von der Omaheke-Region ins Waldecker Land

Elvis, 1997 geboren, stammt aus einem kleinen Dorf aus der Region Omaheke, östlich der Hauptstadt Windhoek. In der Heimat hat er die Realschule abgeschlossen und er spricht Afrikaans sowie Englisch, eine der namibischen Amtssprachen. Deutsch konnte er anfangs nur ein paar Brocken. Obwohl einige ältere Geschwister gute Jobs haben, waren die Berufsperspektiven in seiner Heimat nicht rosig. Namibias Wirtschaft ist in der Krise, es gibt viel zu wenig Arbeitsmöglichkeiten, im Unterschied zu Deutschland aber eine hohe Geburtenrate. Viele junge Namibier suchen daher ihr Glück im Ausland.

„Ich will meine Zukunft selbst in die Hand nehmen“, das sei ihm früh klar gewesen, erzählt Elvis. Da ein naher Verwandter bereits im baden-württembergischen Spaichingen in der Gastronomie arbeitete und auch eine seiner Schwestern plante, nach Deutschland zu gehen, bestanden Kontakte. So kam er 2019 zunächst für einen einjährigen Freiwilligendienst nach Südhessen. Bei seiner deutschen Gastfamilie in Hainburg unweit von Hanau konnte er seine Deutschkenntnisse ausbauen und auch weitere Sprachkurse besuchen. Die Schlüsselperson aber ist seine Nenntante Ulrike Mai. Die Deutsche mit engen Kontakten nach Windhoek engagiert sich seit vielen Jahren in Sozialprojekten in Namibia und hat ihn in vielen Dingen mit Rat und Tat unterstützt, erzählt Elvis.

Von seiner Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, waren nicht alle in seiner Familie begeistert. „Meine Großeltern waren skeptisch.“ Ausgerechnet Deutschland, die frühere Kolonialmacht im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika. In den USA zu arbeiten oder nach Kanada zu gehen, sei außerdem viel weniger bürokratisch. Aber Elvis ließ sich nicht beirren.  Sein Freiwilligendienst in der Geriatrie der Asklepios Klinik Seligenstadt dauerte bis Januar 2020. Als Corona ausbrach, flog Elvis zurück nach Namibia. Nun mit der Idee im Kopf, vielleicht eine Pflegeausbildung in Deutschland zu beginnen.

Sprache, Wohnung, Visum: Der steinige Start in Deutschland

Nur wie? Seine Nenntante recherchierte weiter, stieß auf das Wicker-Bildungszentrum an der Werner Wicker Klinik und holte Informationen ein. Gesagt, getan, Elvis stellte die Unterlagen zusammen und schickte aus Namibia seine Bewerbung für die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft ab. Das Bewerbungsgespräch mit Schulleiterin Elke Marcattili und deren Stellvertreterin Kerstin Jansen fand (natürlich) online statt. „Das könnte passen“ war das einhellige Ergebnis aller Beteiligten, auch wenn die Deutschkenntnisse noch besser werden sollten. Was folgte, war viel Bürokratie. Ausweisdokumente, Ausländerbehörde, Krankenversicherung, Bankkonto usw. Doch dann hielt Elvis seinen Ausbildungsvertrag in den Händen und bekam ein deutsches Visum für zunächst drei Jahre.

Sein Ausbildungskurs am Wicker Bildungszentrum begann im Oktober 2021. Der Anfang, erinnert sich Elvis, „war echt nicht einfach“. Sprache, Wohnungssuche, Klima: „Das hat mich alles erstmal überfordert.“ Ein Wohnheim wäre sinnvoll, noch mehr praktische Unterstützung bei der Wohnungssuche, findet Elvis. Da es das nicht gab, hat er anfangs in einem Hotel gewohnt, später in einem Dorf bei Borken, wo er immer auf den Bus angewiesen war. Miete zu teuer, Zimmer runtergerockt, Vermieter unfreundlich – in wenigen Monaten hatte Elvis das ganze Spektrum der Wohnungssuche durch. „Ohne die Hilfe meiner Tante und der Kursleitung hätte ich diese Phase nicht gepackt“, erinnert er sich. Inzwischen hat er eine eigene Wohnung in Bad Wildungen, nicht gerade günstig zwar, aber Elvis ist zufrieden.

„Geduld haben und dran bleiben“

Vor allem die Sprache war am Anfang ein Riesenproblem. Formale Voraussetzung für den Ausbildungskurs sind Deutschkenntnisse im Niveau B 1 bis B 2. Die brachte er mit, aber echte Sprachpraxis kommt eben erst nach und nach. „Du musst Geduld haben, du musst dranbleiben, das wird schon!“ war der Ratschlag von Raphael Glade, seinem ersten Kursleiter am Wicker Bildungszentrum. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, am Ende behielt Herr Glade recht. „Es gab viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung“, erinnert sich Elvis, später auch von Herrn Sewelies. Aber die Hürden waren anfangs enorm. Dass er jetzt, wie Elke Marcattili sagt, ein „tolles Examen gemacht hat und auch in der deutschen Sprache so super ist“, war zum Start keineswegs sicher.  „Aber ich bin fleißig, ich wollte es wissen“, erklärt Elvis seine Motivation.

Auch sonst war vieles neu: „Ich habe hier das erste Mal Schnee erlebt“, erzählt er lachend. Aber der graue, nasskalte Winter, der machte ihm zu schaffen. Auf der anderen Seite so viel Grün, so viele Bäume, so viel Land, Wasser und Natur! Den Gegensatz zu dem über weite Strecken staubtrockenen Steppen- und Savannenlandschaft in Namibia hat er stark empfunden. „In Namibia gibt es aber überall Tiere, hier sieht man fast nirgendwo welche“, sagt Elvis. Wenn sie telefonierten, habe einer seiner Brüder immer zum Spaß gesagt, er werde für ihn einen Tiertransport ins Waldecker Land organisieren.

Der Start war zäh, aber mit den Monaten wurde es besser, erzählt Elvis. Sein Durchhaltevermögen wurde belohnt, und das hing vor allem mit der Sprache zusammen. Als die Verständigung besser klappte, entstanden Freundschaften im Ausbildungskurs, aus Teilnehmern wurde ein Team. 16 davon haben jetzt erfolgreich ihr Examen gemacht. Elvis ist einer davon, und darauf kann er mit Recht stolz sein.

Bleibt die Frage nach Elvis‘ Erfahrungen mit Rassismus in Deutschland und ob sich die Bedenken seiner Großeltern bewahrheitet haben? Bislang hat Elvis keine richtig negativen Erfahrungen in Sachen Alltagsrassismus machen müssen. Zum Glück. Kommen da manchmal Sprüche zu seiner Herkunft? „Ganz selten habe ich sowas mal erlebt“. Elvis klingt fast ausweichend, für ihn ist das erkennbar kein großes Thema. „Ich nehme sowas nicht persönlich. Ehrlichgesagt, manche Leute mag ich auch nicht besonders, das kennt doch jeder.“ Gerade im Vertiefungseinsatz und jetzt auf Station als Pflegekraft in der Werner Wicker Klinik fühle er sich voll akzeptiert und integriert.

Andererseits: Auch Elvis findet, dass es seine Zeit braucht, um mit den Nordhessen, vielleicht sogar den Deutschen allgemein „warm zu werden“. Zu seinen besten Freunden zählt ein Syrer, auch war er eine Zeit lang mit einer Kolumbianerin zusammen. „Die Deutschen haben immer so volle Terminkalender“, findet er. Da bleibe wenig Zeit für neue Kontakte und spontane Treffen. Schon in Namibia hat Elvis gern Sport gemacht, viel Fußball gespielt. Auch hier war er im Verein, aber wegen der regelmäßigen verpflichtenden Trainingszeiten hat das für ihn im Ausbildungs- und Stationsalltag nicht funktioniert. Jetzt geht er ins Fitnessstudio, wenn er Zeit hat. Ein großer Fan der Frankfurter Eintracht ist er aber geblieben, seit er 2019 mit seiner damaligen Gastfamilie zum ersten Mal im Stadion war.

Über Deutschland hat Elvis in drei Jahren viel gelernt, auch viele Städte, das Meer und die Berge gesehen. Gibt es Unterschiede, die ihm auffallen? „Bei uns gibt es viel mehr Zusammenhalt in der Großfamilie.“ Mehr Gemeinschaft, weniger Individualität. Hier lebten ältere Menschen oft recht einsam, das habe er auf Station schnell mitbekommen. „Sie tun mir leid, wenn niemand zu Besuch kommt und sie längere Zeit allein in der Klinik liegen.“ Seine eigenen Eltern hat Elvis allerdings auch drei Jahre nicht gesehen. „Das ging nicht, die Urlaubstage in der Ausbildung waren zwischen den Einsätzen bereits größtenteils vorgeplant, das war blöd.“ Aber sie telefonieren oft, seiner Mama werde das Mutterherz inzwischen schwer. Doch für 2025 ist endlich ein Wiedersehen geplant. „Im nächsten Dezember habe ich drei Wochen Urlaub und fliege nach Namibia. Ich freu‘ mich schon riesig!“, sagt Elvis. Finanziell unterstützt er seine Eltern
in ihrem Rentnerdasein seit einiger Zeit ebenfalls, er schickt regelmäßig Geld in die Heimat.

„Vieles, was ich über Deutschland mitbekommen habe, habe ich von den Patienten gelernt“

„Vieles, was ich über Deutschland mitbekommen habe, habe ich von den Patienten gelernt“, berichtet Elvis. Die Arbeit mit den Menschen liegt ihm, er ist ja auch ein kommunikativer, zugewandter Typ. „Erzählen Sie doch mal aus Ihrem Leben…“, das ist sein Trick, sagt er lachend. „Man muss die Lebensgeschichte der Leute kennen, dann findet man einen Zugang zu ihnen.“ Kulturelle Offenheit bringt auch Elvis selbst mit, sogar kulinarisch: Bei seiner ersten Gastfamilie hat er Käsefondue kennengelernt, er liebt diese Schweizer Spezialität über alles: „Mein absolutes Lieblingsgericht!“

Seiner Zukunft sieht Elvis gelassen entgegen. Klar, Jobs kann er sich in der Pflege überall aussuchen. Erstmal bleibt er bei Wicker, das ist für ihn keine Frage. „Im Augenblick passt alles.“ Aber Stillstand? Das würde zu dem agilen jungen Mann nicht passen. Er will auch künftig neues Wissen erwerben, sein Wissen gern auch als Ausbilder weitergeben, erzählt er: „Eine Weiterbildung zum Praxisanleiter kann ich mir gut vorstellen.“ Irgendwann zurück in die Heimat, ist das ein Thema? Elvis zuckt mit den Achseln. „Eher nicht, jedenfalls nicht jetzt.“ Solange sich an den dortigen Rahmenbedingungen nichts ändert, wird Elvis Kotungondo also der deutschen Gesundheitsbranche als gut ausgebildete Pflegekraft erhalten bleiben. Das ist auf jeden Fall eine gute Nachricht. Kulturelle Vielfalt und diversity sind heute ohnehin für jeden Arbeitgeber unverzichtbar und eine echte Bereicherung.

Vielfalt als Bereicherung

Die erfolgreiche Integrationsgeschichte von Elvis hält aber noch weitere learnings bereit. In naher Zukunft werden so oder so vermehrt Pflegekräfte auch aus dem nichteuropäischen Ausland den Bedarf decken müssen. Damit sie gut auf dem deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ankommen, sind zwei Maßnahmen elementar: Erstens die Hilfestellung beim Spracherwerb in Deutschkursen und zweitens die praktische Unterstützung gerade in der Startphase vor Ort.

Fakt ist, dass Interessenten wie Elvis kein Einzelfall sind, sondern eine Riesenchance für den deutschen Pflegesektor. Noch aber müssen sie viele Hürden im Alleingang nehmen. Was es braucht, sind Orientierungshilfen vor Ort, die beispielsweise mit persönlichen Ansprechpartnern oder Mentoren die berufliche und soziale Integration unterstützen. Mit Alicia Heidenreich als Integrationsbeauftragte gibt es dafür jetzt an der Werner Wicker Klinik ein schönes Beispiel. Elvis Kotungondos Geschichte jedenfalls zeigt, wie viel beide Seiten gewinnen, wenn Spracherwerb, Ausbildung und Integration Hand in Hand gehen.

Über die Wicker-Gruppe

Die Wicker-Gruppe umfasst unter privater Trägerschaft neun Rehabilitationskliniken – davon eine mit einer Krankenhausabteilung für Psychosomatik – und drei Akut-Krankenhäuser in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Medizinischen Versorgungszentren an der Werner Wicker Klinik und der Hardtwaldklinik I verfügen über Versorgungsangebote in den Indikationen Radiologie, Neurologie und Orthopädie. Aus- und Weiterbildungen im Bereich Pflege bietet das Bildungszentrum an der Werner Wicker Klinik an. Zum Unternehmen gehören ebenfalls zwei Thermalbäder, die Kurhessen Therme in Kassel – Bad Wilhelmshöhe und die Taunus Therme in Bad Homburg v. d. Höhe. Das Hotel Hochsauerland 2010 im upländischen Willingen rundet das Angebot im Bereich Wellness und Erholung ab.

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