Strategie statt Aktionismus: Krisen-Kompass für den Mittelstand
Ob durch Regierungsanordnungen, Lieferausfälle oder Ausbleiben der Kunden – für viele kleine und mittlere Unternehmen bedeutet die Coronakrise drastische Umsatzeinbußen. Obwohl und gerade weil die weitere Entwicklung nicht absehbar ist, gilt es jetzt vor allem, einen kühlen Kopf zu bewahren, sagt Prof. Dr. Ulrich Lichtenthaler. „Gerade der Mittelstand zeichnet sich neben einer starken Kundenorientierung häufig durch Reaktionsgeschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit aus, das macht vielfach große Hoffnung“, so der Management-Experte. „Blinder Aktionismus ist das falsche Mittel, ein Rückbesinnen auf grundlegende Konzepte des strategischen Managements kann häufig helfen.“ Für ein systematisches Vorgehen empfiehlt er fünf Schritte, um Probleme zu priorisieren, Lösungen abzuleiten und sogar Chancen zu entdecken.
Schritt 1 – Krisentrends: Die Auswirkungen der Krise auf verschiedene Branchen sind vielfältig. Zunächst hilft es, die wichtigsten aktuellen Entwicklungen für das eigene Unternehmen zu identifizieren. Was führt zu unmittelbaren Problemen und muss direkt angegangen werden? Welche Trends stellen in absehbarer Zeit eine Gefahr da? Welche Entwicklungen könnten eine Chance für das Unternehmen bieten? Wer beispielsweise Innovationsprojekte jetzt nicht stoppen muss, kann mittelfristig umso mehr von neuen Produkten und Dienstleistungen profitieren.
Schritt 2 – Wertschöpfungskette: Einige Aktivitäten der Wertschöpfungskette funktionieren auch in der Krisenzeit, andere können zu Problemen führen. Im zweiten Schritt sollten daher auch die Stufen der Wertschöpfungskette in unmittelbar problematische, mittelfristig gefährdende und gegebenenfalls positive Auswirkungen eingeteilt werden. Manche Unternehmen dürften zum Beispiel noch produzieren, sind aber wegen fehlender Teile nicht mehr in der Lage dazu. Diese Stufe würden wir also als akutes Problem rot markieren.
Schritt 3 – Stakeholder: „Als Unternehmer kennt man seine üblichen Verdächtigen in Form von Kunden, Lieferanten oder Kooperationspartnern“, so Lichtenthaler. „Auch hier gilt es, die aktuellen oder zu erwartenden Probleme zu kategorisieren.“ Wessen Entwicklung stellt ein konkretes Problem dar? Beispielsweise könnte ein wichtiger Lieferant ausfallen. Welche neuen Akteure werden mittelfristig relevant, zum Beispiel ein zusätzlicher Logistikdienstleister?
Schritt 4 – Schlüsselfelder: Stellt man die Ergebnisse aus Krisentrends, Wertschöpfungskette und Stakeholdern gegenüber, lassen sich systematisch die Schlüsselfelder ableiten, auf die es in den kommenden Wochen und Monaten besonders ankommt. Besonders anschaulich funktioniert das tabellarisch mit einer Analyse, welche Trends sich auf welche Stakeholder an welchen Wertschöpfungsstufen auswirken. Mit einer Farbskala können dann die einzelnen Problemstufen übersichtlich dargestellt werden. „Gerade das Priorisieren der kritischen Felder hilft, sich nicht von weniger wichtigen Entwicklungen und Herausforderungen ablenken zu lassen.“
Schritt 5 – Maßnahmen: Die wichtigsten Maßnahmen leiten sich aus den Schlüsselfeldern ab und stellen den Kern der Initiativen zur Krisenbewältigung dar. „Für jeden dieser Kernpunkte können Sie passende Maßnahmen erstellen und die unmittelbaren nächsten Schritte angehen“, so Lichtenthaler. „Kurzfristiges ‚Troubleshooting‘ und die strategische Vorbereitung auf die ‚Post-Pandemic Period‘ können dabei Hand in Hand gehen.“
Interessierten Unternehmern steht Prof. Dr. Lichtenthaler (ulrich.lichtenthaler@ism.de) gern für einen Austausch zum Krisenmanagement zur Verfügung.
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