Sechste Folge von „Storie Alfa Romeo“: Der Alfa Romeo Spider erobert Hollywood
„Der Alfa Romeo Spider ist ein sehr einfach zu fahrendes Auto. Außerdem ist er sehr hübsch.“ Dieses Urteil kam von einem außergewöhnlichen Schauspieler – Steve McQueen. Das amerikanische Magazin „Sports Illustrated“ hatte ihn im Sommer 1966 eingeladen, den zu diesem Zeitpunkt neuen italienischen Roadster mit der Konkurrenz zu vergleichen. Der Alfa Romeo Spider, den McQueen fuhr, war eines der ersten Exemplare des „Duetto“ genannten Modells, das nach der Weltpremiere einige Monate zuvor auf dem Genfer Autosalon in die USA kam. Mit seinem knappen Kommentar fasste McQueen die Essenz des neuen Roadsters und die Einzigartigkeit von Alfa Romeo zusammen: Fahrspaß und pure Schönheit.
McQueen war nicht nur Schauspieler, sondern auch Sammler von Sportwagen und talentierter Amateurrennfahrer. Beispielsweise beim 12-Stunden-Rennen 1970 in Sebring/Florida, einem Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, belegte er zusammen mit dem Amerikaner Peter Revson Rang 2 in der Gesamtwertung. McQueens Urteil war also äußerst fundiert.
Zwei Jahre nach McQueen fuhr der noch junge Dustin Hoffman einen Alfa Romeo Spider zur Musik von Simon & Garfunkel im Kinohit „The Graduate“ (Die Reifeprüfung) über die Leinwand. Es entstanden ikonenhafte Szenen, die in die Filmgeschichte eingingen. Szenen, die anschließend in unzähligen Filmen zitiert wurden und den „Duetto“ zu einem Kult-Automobil machten. Sogar Boxweltmeister Muhammad Ali fuhr zweitweise einen Alfa Romeo Spider. Angelehnt an sein legendäres Motto „Float like a butterfly, sting like a bee“ (Schwebe wie ein Schmetterling, steche zu wie eine Biene) ließ sich Ali das Kennzeichen „Ali Bee“ für seinen Spider der zweiten Generation geben.
Der Grundstein für die Star-Karriere des Alfa Romeo Spider wurde schon einige Jahre zuvor gelegt. Eine wichtige Rolle spielten dabei die technischen Innovationen zweier anderer Roadster von Alfa Romeo, Giulietta und Giulia Spider.
Geboren, um Amerika zu erobern
Auch in der Geschichte des Alfa Romeo Giulietta Spider spielt ein Hoffman eine entscheidende Rolle. Allerdings nicht der Schauspieler mit Vornamen Dustin, sondern der Geschäftsmann Max Edwin Hoffman. Der geborene Österreicher und begeisterte Rennfahrer war vor dem Nationalsozialismus in die USA geflohen. Dort wurde er innerhalb weniger Jahre zum wichtigsten Importeur für zahlreiche europäische Automobilmarken.
Dadurch war Max Hoffman viel mehr als ein einfacher Händler. Mit seinem profunden Expertenwissen über den amerikanischen Markt gab er seinen Lieferanten Ratschläge zur Handelspolitik und forderte sogar bestimmte Modellvarianten. Auf diese Weise trug Hoffman maßgeblich zur Entwicklung einiger der spektakulärsten Sportwagen der Ära bei. Einer davon war der Alfa Romeo Giulietta Spider.
Das Modell wurde für Hoffmann geradezu zur Besessenheit. 1954, unmittelbar nach dem Marktstart des Coupé-Modells Giulietta Sprint, regte er die Entwicklung eines Roadsters auf dessen technischer Basis an. Hoffman glaubte, dass ein Alfa Romeo Giulietta Spider das perfekte Auto für die US-Staaten der Pazifikküste sein könnte. Er war überzeugt davon, dass jeder in Hollywood ein solches Fahrzeug kaufen würde. Hoffman war so überzeugt von seinem Erfolg, dass er die Abnahme von mehreren hundert Stück zusagte – noch bevor er die endgültigen Designentwürfe gesehen hatte.
„Eine schöne junge Dame“
Hoffman überzeugte die Alfa Romeo Ingenieure Francesco Quaroni und Rudolf Hruska, das Projekt Alfa Romeo Giulietta Spider wurde gestartet. Es begann mit einem Wettbewerb zwischen den beiden der Marke verbundenen Designbüros Bertone und Pinin Farina. Bertone präsentierte einen extremen Entwurf, eine Weiterentwicklung des von Franco Scaglione gezeichneten Alfa Romeo 2000 Sportiva mit flach auslaufender Front, aerodynamisch verkleideten Scheinwerfern und Heckflossen. Ganz anders der Entwurf von Pinin Farina-Designer Franco Martinengo, der auf Eleganz und klassische Linien setzte.
„Die schöne junge Dame“, wie Pinin Farina den Vorschlag beschrieb, wies eine Panorama-Windschutzscheibe und gesteckte Seitenfenster auf. Der Prototyp hatte keine Türgriffe, stattdessen aktivierte ein Seil den Öffnungsmechanismus. Erst spätere Versionen bekamen eine traditionelle Windschutzscheibe, konventionell versenkbare Seitenfenster, Türverkleidungen, Stoffverdeck und äußere Türgriffe. Auch der Innenraum wurde stark modifiziert.
Auch Pinin Farina schwebte ein Sportwagen mit hoher Leistung vor. Tatsächlich erhielt die erste Version des Alfa Romeo Giulietta Spider den Motor der Coupé-Version Sprint. Der Vierzylinder-Reihenmotor mit einem Hubraum von 1.290 Kubikzentimeter leistete 48 kW (65 PS) und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h. Die Modellversion Spider Veloce hatte ab 1958 sogar 59 kW (80 PS).
Vielseitig, jugendlich, schnell. Und schön. Das italienische Kino schloss den Alfa Romeo Giulietta Spider ins Herz. Starregisseur Federico Fellini gab ihm eine Rolle in „La Dolce Vita“ (Das süße Leben), Kollege Michelangelo Antonioni wählte den Roadster als Alain Delons Auto in „L’Eclisse“ (Liebe 1962). So wurde der Alfa Romeo Giulietta Spider zum Statussymbol, von berühmten Persönlichkeiten geliebt, von allen begehrt.
Made in Italy
Als die Zeit reif war, einen Nachfolger für das Modell Giulietta Spider zu entwickeln, waren sich Alfa Romeo Präsident Giuseppe Luraghi und sein Team bewusst, dass ein technisch exzellentes Auto alleine nicht ausreichen würde. Zusätzlich waren genau so viel Ausstrahlung und Charisma erforderlich. Schon die Präsentation musste ein wichtiges Ereignis sein, eine wahrhaft feierliche Zeremonie. Alfa Romeo ging im großen Stil ans Werk. Für die Premiere in den USA wurde eine Luxuskreuzfahrt über den Atlantik organisiert, als Gäste waren rund 1.300 Prominente aus Showbusiness, Sport und Mode an Bord. Zu den Passagieren des Turbinendampfers „Raffaello“ zählten die Schauspieler Vittorio Gassman und Rossella Falk sowie die Opernsängerin Anna Moffo. Die „Raffaello“ fuhr von Genua in Norditalien nach New York und machte anlässlich der Filmfestspiele einen Zwischenstopp im französischen Cannes. Während der gesamten Kreuzfahrt waren drei Exemplare des neuen Alfa Romeo Spider auf dem Schiff prominent ausgestellt: ein grüner, ein weißer und ein roter. Damit zitierte Alfa Romeo die italienischen Nationalfarben, betonte die Herkunft des neuen Roadsters und nahm die spätere Werbeoffensive zu Produkten „Made in Italy“ um mehr als ein Jahrzehnt vorweg.
Das technische Erbe der Alfa Romeo Giulia
Der Alfa Romeo Spider 1600, so die offizielle Bezeichnung des neuen Modells, teilte sich die technische Basis mit dem Coupé Giulia Sprint GT Veloce, allerdings mit auf 2.250 Millimeter verkürztem Radstand. Zum Marktstart war der Roadster mit dem bewährten Vierzylindermotor aus Leichtmetall ausgestattet, der aus 1.570 Kubikzentimetern Hubraum 79 kW (108 PS) produzierte. Bei einem Trockengewicht von weniger als 1.000 Kilogramm erreichte der Alfa Romeo Spider 1600 eine Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h.
„Duetto“ oder „Osso di Sepia“?
Einen Namen für den neuen Roadster Modell zu finden, war eine Geschichte für sich. Dazu hatte Alfa Romeo noch vor der Präsentation in Zusammenarbeit mit allen europäischen Händlern ein Preisausschreiben organisiert. Die Fans entschieden sich mehrheitlich für den Namen „Duetto“. Doch diese Lösung scheiterte an rechtlichen Problemen aufgrund eines gleichnamigen Schokoladenkekses. Und so blieb es bei der offiziellen Modellbezeichnung Alfa Romeo Spider 1600.
Inoffiziell blieb der Name „Duetto“ allerdings erhalten und brannte sich im Gedächtnis der Fans fest. Anfangs wurde die erste Generation des Spider, das letzte Werk von Meisterdesigner Battista Pinin Farina, aufgrund ihrer ellipsoiden Form mit abgerundeter Front- und Heckpartie, konvexen Flanken und sehr niedriger Gürtellinie in Italien „Osso di Sepia“ genannt, tatsächlich die Bezeichnung für die aus Kalk geformte Rückenplatte des Tintenfischs. Die 1969 präsentierte zweite Modellgeneration erhielt den Spitznamen „Coda Tronca“ (Kurzheck).
Die dritte Serie von 1983, dem Zeitgeist und umfangreichen Versuchen im Windkanal folgend mit Spoilern versehen, kennen Fans unter der Bezeichnung „Aerodinamica“.
1989 kam die letzte Generation heraus, sie wies eine schnörkellose, stromlinienförmige Karosserie auf. Sie wurde ebenso nüchtern „4. Serie“ genannt.
Zwischen 1966 und 1993 verkaufte Alfa Romeo vier Generationen des Spider mit einer Gesamtstückzahl von mehr als 124.000 – länger wurde kein anderes Modell von Alfa Romeo gebaut.
Die weiteren Folgen zur „Storie Alfa Romeo" finden Sie unter: http://www.media.fcaemea.com/de-de/alfa-romeo/special/storie-alfa-romeo/storie-alfa-romeo-de
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