Krisenzeiten können für Ausbildung genutzt werden
Es habe sich in der Krisenzeit gezeigt, wie anfällig das Bildungssystem sei, als sich Kinder, Jugendliche und Eltern von Präsenzunterricht auf Homeschooling umstellen mussten. Reichhold: „Ein tragfähiger digitaler Unterbau oder Fähigkeiten im digitalen Lernen und Lehren sind offensichtlich nicht ausreichend vorhanden.“ Er hoffe, dass die Corona-Krise dem Bildungssystem einen Schub gebe, die besten digitalen Lernmittel zu entwickeln und durch die Digitalisierung Bildung gerechter und unabhängiger vom sozialen Hintergrund zu machen. „In der Krise zeigte sich einmal mehr, dass wir uns weiterhin dringend für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung einsetzen müssen. In den ersten Wochen war die Bildungsdebatte im Land bestimmt von der Sorge um die Abiturprüfungen. Berufliche Bildung und Bildungsstätten dagegen erhielten deutlich weniger Aufmerksamkeit. Deshalb werden wir nicht müde, eine anerkennende politische Unterstützung einzufordern.“
Vor der Sitzung der Vollversammlung der Handwerkskammer Region Stuttgart bestätigte Präsident Reichhold, dass wegen der Corona-Krise die wirtschaftliche Lage in vielen Betrieben nach wie vor als ernst einzustufen ist. Kaum ein Gewerk hätte sich den Auswirkungen des Lockdowns entziehen können, doch Umsatzausfälle und Stornierungen seien sehr unterschiedlich verteilt. Nahezu Komplettausfälle beim Umsatz gab es etwa in den Gesundheitshandwerken und den persönlichen Dienstleistungshandwerken. Bau- und Ausbaubetriebe seien bislang weniger betroffen. Die staatlichen Zuschüsse, die im Rahmen der Corona-Soforthilfe ausgezahlt wurden, seien für viele Unternehmen überlebensnotwendig gewesen. Auch wenn es im Detail Verbesserungspotenzial gibt, etwa bei der temporären Absenkung der Mehrwertsteuer, so begrüße das Handwerk doch das Konjunkturpaket des Bundes als Beitrag zur Sicherung von Wirtschaft und Beschäftigung. „Analog dazu wünschen wir uns von der Landesregierung ein Programm, das speziell auf die Bedürfnisse des Handwerks abgestimmt ist. Dazu zählt beispielsweise die Absenkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent.“
Zudem sprach Reichhold im Zusammenhang mit Corona auch die strukturellen Defizite an, die in den letzten Wochen deutlich geworden sind. „Wir haben erlebt, dass es vor unserer Haustüre eklatante Digitalisierungslücken gibt.“ Dringend benötigt würden deshalb Investitionen, um Verwaltung, Bildung und Wirtschaft maßgeblich voranzubringen. An vielen Stellen habe man zwar schnell improvisiert und seien digitale Lösungen gefunden worden, ohne entsprechende Datenleitungen und Funkverbindungen würden diese aber ins Leere laufen. „Diese Funklöcher müssen möglichst schnell geschlossen werden. Kommunen müssen sich offen für neue Standorte für Mobilfunkstationen zeigen und das Land sollte prüfen, welche seiner Liegenschaften für Mobilfunkinfrastruktur benutzt werden können“, so der Kammerpräsident.
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