Chancengleichheit in der Wissenschaft: Bedarf an Förderung weiterhin groß
Die Empfehlungen sind Teil der Umsetzung der Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der DFG. Als Grundlage für die Empfehlungen dienten die alle zwei Jahre zu ausgewählten Schwerpunktthemen verfassten qualitativen Berichte der Hochschulen sowie ein kollegialer Erfahrungsaustausch der Hochschulleitungen im Rahmen eines eintägigen Workshops im Oktober 2019 in Bonn. Darüber hinaus wurden sie in der von der Mitgliederversammlung eingerichteten AG Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards diskutiert. Diesen mehrstufigen Prozess hatten die DFG-Mitglieder auf ihrer Versammlung im Jahr 2018 im Zuge einer überarbeiteten Selbstverpflichtung im Rahmen der Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards verabschiedet.
„Mit den Empfehlungen will die in der DFG organisierte Wissenschaft ein Signal senden, dass das Thema weiterhin von großer Aktualität ist“, sagt DFG-Vizepräsident Professor Dr. Roland A. Fischer, der der AG Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards vorsteht. „Die Empfehlungen richten sich an die DFG-Mitglieder selbst, sollen aber auch den Diskussionsprozess bei anderen Wissenschaftsorganisationen, in der Forschungsförderung oder auch in der Politik anstoßen und zu weiteren Verbesserungen in Bezug auf Chancengleichheit und Gleichstellung im Wissenschaftssystem beitragen.“
In den Empfehlungen zu Rekrutierungsverfahren zur Gewinnung von Wissenschaftlerinnen wird als eine Grundvoraussetzung für die Erhöhung des Frauenanteils die Steigerung der allgemeinen Attraktivität des „Arbeitsplatzes Wissenschaft“ genannt. So solle etwa die Planbarkeit der Karriere mit Modellen wie Tenure-Track-Programmen erhöht werden, und bereits bestehende Maßnahmen sollen stärker ausgeschöpft und beworben werden. Grundlegend für die Gewinnung von Professorinnen sei zudem eine aktive Rekrutierung bereits ab der Promotions- und während der Postdoc-Phase. Dafür müssten die Verfahren stärker professionalisiert werden: Dazu gehörten offene Stellenausschreibungen und breit definierte Professuren, die Festlegung fachspezifischer Zielmarken oder auch das Monitoring und Controlling der Verfahren und Maßnahmen. Nicht zuletzt müssten alle Beteiligten im Wissenschaftssystem – insbesondere aber auf der Führungsebene – weiter an einem Kulturwandel arbeiten, um vorhandene Vorurteile und traditionelle Rollenbilder zu durchbrechen.
Bei der Entlastung von Wissenschaftlerinnen für die Gremienarbeit zählen die Empfehlungen die Aufwertung von Gremientätigkeit zu den Grundvoraussetzungen eines Wandels. Die Gremientätigkeit solle in der wissenschaftlichen Leistungsbewertung stärker als wesentlicher Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens anerkannt werden. Zudem werden fachspezifische Quoten entlang des Kaskadenmodells empfohlen, nach dem sich die Ziele für den Frauenanteil einer jeden Karrierestufe durch den Anteil der Frauen auf der direkt darunterliegenden Qualifizierungsstufe ergeben. Darüber hinaus bedürfe es konkreter und mit ausreichenden Ressourcen versehener individueller Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen, wie Lehrdeputatsreduktionen, Forschungs(frei)semester und qualifiziertes Personal zur Unterstützung. Dafür seien ausreichende Mittel für die Grundhaushalte der Hochschulen nötig. Die Empfehlungen betonen auch bei diesem Thema die Bedeutung der Vorbildfunktion der Leitungsebene für einen Bewusstseinswandel im Wissenschaftssystem.
Die DFG-Mitglieder beschlossen, sich bis 2022 mit den Schwerpunktthemen Erhöhung des Frauenanteils in der Postdoc-Phase sowie Umgang der Hochschulen mit dem Thema Vielfältigkeit und Diversität zu befassen. Hierfür sollen auch Empfehlungen erarbeitet werden.
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