Erste Implantation eines sondenlosen 2-Kammer-Herzschrittmachers am Klinikum Bielefeld
Seit Jahrzehnten werden Herzschrittmacher erfolgreich in der Behandlung von Menschen mit langsamen Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Bisher war dazu ein Aggregat erforderlich, dass unter die Haut oder den Brustmuskel eingepflanzt wurde und über Kabel mit dem Herzen verbunden ist. In Deutschland tragen ca. 500.000 Menschen einen solchen Herzschrittmacher. Seit 2012 gibt es die sog. „sondenlosen“ Herzschrittmacher. Diese kommen mit einem Zehntel der Größe eines konventionellen Schrittmacher aus und können daher wie eine Kapsel komplett ins Herz eingesetzt werden, ohne dass Kabel aus dem Herzen geleitet werden müssen und ein Aggregat unter die Haut oder den Brustmuskel implantiert werden muss. Der Schrittmacher ist also für den Patienten „unsichtbar“.
Bisher war die Einpflanzung dieser Systeme jedoch nur bei wenigen Patienten möglich, da sie lediglich die rechte Herzkammer stimulieren können, ohne die elektrische Aktivität der Herzvorhöfe wahrzunehmen (sog. „1-Kammer-Schrittmacher“). Nun hat die Firma Medtronic (Minneapolis, USA) einen neuen Herzschrittmacher entwickelt, den MicraTM AV“, der über einen Bewegungssensor die Wahrnehmung der Vorhofaktivität ermöglicht. Dies ist wichtig, um Herzvorhöfe und –kammern aufeinander abzustimmen. Das Herz pumpt somit „physiologisch“, d.h. die Pumpaktion läuft weitgehend so ab wie die normale Herzaktivierung, der Schrittmacher arbeitet „AV-synchron“.
Gleichzeitig mit 4 anderen Kliniken in Deutschland wurde der erste Schrittmacher dieses Typs nun am 2. Juli 2020 im Klinikum Bielefeld bei einem Patienten implantiert, bei dem der konventionelle Herzschrittmacher auf Grund einer Infektion explantiert werden musste und es somit keine andere Möglichkeit der Einpflanzung gab.
„Dies ist ein großer Fortschritt in der Versorgung von Schrittmacherpatienten,“ sagt Prof. Dr. Christoph Stellbrink, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Klinikum Bielefeld nach dem Eingriff, der komplikationslos durch den Oberarzt Priv.-Doz. Dr. Hansky vorgenommen wurde. „Nun können wir auch Patienten mit AV-Block kabellos mit einem Herzschrittmacher behandeln, die bisher nur mit einem konventionellen Herzschrittmacher versorgt werden konnten. Dies ist wichtig, da dies prinzipiell ca. 35.000 Patienten pro Jahr mit AV-Block betrifft.“ Beim sog. AV-Block ist die Überleitung der elektrischen Erregung von den Herzvorhöfen zu den Herzkammern gestört. Durch den Schrittmacher werden Symptome wie Kurzatmigkeit, Schwindel und Ohnmachtsanfälle effektiv behandelt. „Allerdings wird die Implantation noch nicht bei jedem Patienten möglich sein. Wir müssen noch Erfahrungen sammeln, ob die Wahrnehmung der Vorhofaktivität bei allen Patienten gut funktioniert. Daher verwenden wir diese Systeme aktuell nur bei sehr wenigen, ausgesuchten Patienten.“
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