Nichtregierungsorganisationen fordern geschlechtergerechtes Lieferkettengesetz
Frauen und Mädchen sind in besonderem Maße von den negativen Auswirkungen globalen Wirtschaftens betroffen. Sie erfahren Menschenrechtsverletzungen entlang von Lieferketten in anderer Weise als Männer. So sind sie in weit höherem Maße geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt. Und immer noch verdienen Arbeitnehmerinnen weltweit deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Hinzu kommt eine große Ungleichheit bei der Aufteilung der Haus- und Sorgearbeit, die Frauen und Mädchen kostenlos für Familie und Gesellschaft leisten, was für sie zu einer erheblichen Doppelbelastung führt.
„Die globale Corona-Krise und ihre Auswirkungen, beispielsweise der massive Arbeitsplatzverlust in der Textilindustrie, verstärken die in der Wirtschaft bestehenden Geschlechterungleichheiten und machen sie noch sichtbarer. Es sind vor allem Frauen, die in der Produktion am Anfang vieler globaler Wertschöpfungsketten stehen und damit im informellen und Niedriglohnsektor arbeiten,“ erklärt Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET. Dieser Sektor ist gekennzeichnet von prekären Beschäftigungsverhältnissen, mangelnder sozialer Sicherung und unzureichenden Arbeitsstandards. Regelungen zur Arbeit während der Schwangerschaft, zu Mutterschutz und Stillzeit werden oft systematisch missachtet.
Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft haben die besondere Rolle von Frauen und Mädchen in ihren Initiativen und politischen Debatten darüber, wie wirtschaftsbezogene Menschenrechtsverletzungen vermieden werden sollen, bislang zu wenig beachtet. „Auch die bekannten Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz greifen hier zu kurz. Dabei gibt es eine Vielzahl an völkerrechtlichen Verträgen und Leitfäden, die konkret einfordern, Geschlechtergerechtigkeit zu berücksichtigen“, verdeutlicht Gertrud Falk, Referentin bei FIAN Deutschland.
„Um die Geschlechtergerechtigkeit in allen Lebensbereichen weltweit zu erreichen, sollten zukünftige politische Maßnahmen, ob auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene dringend die strukturelle Benachteiligung von Frauen in globalen Wertschöpfungsketten adressieren. Ein geschlechtergerechtes Lieferkettengesetz ist der erste Schritt“, fordert Carsta Neuenroth, Gender Referentin bei Brot für die Welt.
„Das Lieferkettengesetz sollte klarstellen, dass Unternehmen die in der UN-Frauenrechtskonvention genannten Rechte achten. Es sollte Unternehmen dazu verpflichten, bei ihren Risiko- und Folgeabschätzungen geschlechtsspezifisch vorzugehen, auf familienfreundliche Arbeitsbedingungen, Entgeltgleichheit und existenzsichernde Löhne bei ihren Geschäftspartner*innen hinzuwirken und soziale Sicherungssysteme anzubieten. Die Unternehmen sollten all ihre Geschäftspartner*innen zu einer Null-Toleranz gegenüber Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz verpflichten,“ fordert Karolin Seitz, Leiterin des Programmbereichs Wirtschaft und Menschenrechte des Global Policy Forums.
Weitere Informationen:
Das Positionspapier „Geschlechtergerechtigkeit in globalen Lieferketten – Forderungen an Politik und Unternehmen“ wurde herausgegeben von ASW –Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Brot für die Welt, CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, FEMNET, FIAN Deutschland, Global Policy Forum, Marie-Schlei-Verein, materra, Plan International Deutschland, TERRE DES FEMMES, TransFair, WECF.
Das Positionspapier ist hier zu finden: www.globalpolicy.org/images/pdfs/Papier_Geschlechtergerechtigkeit_in_globalen_Lieferketten_WEB.pdf
Sowie auf unserer Website: www.fian.de/artikelansicht/2020-07-14-pressemitteilung-nichtregierungsorganisationen-fordern-geschlechtergerechtes-lieferkettengesetz/
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