Finanzen / Bilanzen

Ruhe vor dem Sturm?

Nach einem Jahr 2019, das von Handelsspannungen zwischen den USA und China geprägt war, hat Coface eine beginnende wirtschaftliche Erholung in vielen Ländern Asiens beobachtet. Sie profitierten von Verschiebungen in den Lieferketten und zusätzlicher Liquidität seitens der US-Notenbank. Die Zahlungsverzögerungen blieben in diesem leicht positiven Kontext stabil. 65 Prozent der Unternehmen in neun vom Kreditversicherer untersuchten Ländern berichteten 2019 über Zahlungsverzögerungen. 2018 waren es 63 Prozent. Die durchschnittliche Dauer der Überziehung ging von 88 Tagen 2018 auf 85 Tage 2019 zurück. 

Diese Erholung wird sich jedoch als kurzlebig erweisen, da die COVID-19-Pandemie die Wachstumsaussichten ernsthaft bedroht. Viele Volkswirtschaften in der Region werden voraussichtlich die größte Schrumpfung seit der asiatischen Finanzkrise 1997-1998 erleben. Auf BIP-gewichteter Basis wird die Wachstumsrate der asiatischen Volkswirtschaften 2020 auf 0,3 Prozent sinken (-0,65 Prozent ohne China). 2019 betrug die Wachstumsrate 4,6 Prozent. Auch in der schweren Krise 1998 lag sie mit 2,9 Prozent (0,76 Prozent ohne China) noch höher. Am deutlichsten wird der Rückgang des BIP in Thailand (-5,0 Prozent), Hongkong (-4,0 Prozent), Singapur (-3,5 Prozent), Japan (-3,0 Prozent), Malaysia (-2,0 Prozent) und Australien (-1,9 Prozent) vor dem Hintergrund einer Verlangsamung der Tourismusindustrie und des Welthandels. Nach Prognosen der Coface wird das Wachstum erst 2021 wieder ansteigen und für die Region 6,2 Prozent (4,65 Prozent ohne China) erreichen.

Am längsten waren die Zahlungsverzögerungen 2019 in China (96 Tage), Malaysia (84) und Singapur (71). Die Mehrheit der in der Region Befragten (48 Prozent) gab an, der Hauptgrund für die Zunahme der Zahlungsverzögerungen seien finanzielle Schwierigkeiten der Kunden. Diese Schwierigkeiten waren vor allem auf den harten Wettbewerb, der sich auf die Gewinnspannen auswirkte (41 Prozent), und auf mangelnde finanzielle Ressourcen (22 Prozent) zurückzuführen.

Unter den Branchen verzeichneten Energie, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und Bauwesen die längsten Zahlungsverzögerungen: 24 Prozent, 28 Prozent und 26 Prozent berichteten sogar von Zahlungsverzögerungen von 120 Tagen oder mehr.

Die Untersuchung des Verhältnisses der ultralangen Zahlungsverzögerungen an den Überziehungen zeigt die Gefahr einer Verschlechterung des Cashflows in bestimmten Regionen und Sektoren. „Denn Zahlungsverzögerungen und Cashflow-Risiken gehen oft Hand in Hand“, sagt Carlos Casanova, Volkswirt bei Coface für die Region Asien-Pazifik. Um die Cashflow-Risiken zu bewerten, untersucht Coface das Verhältnis von ultralangen Zahlungsverzögerungen über 180 Tagen. „Wenn diese mehr als 2 Prozent des Jahresumsatzes ausmachen, kann der Cashflow eines Unternehmens gefährdet sein. Nach den Erfahrungen von Coface werden weltweit 80 Prozent der Zahlungsverzögerungen über 180 Tage niemals bezahlt“, weiß Carlos Casanova.

Der Anteil der untersuchten asiatischen Unternehmen, bei denen solche sehr langen Verzögerungen mehr als 2% des Jahresumsatzes ausmachten, fiel zwar von 38 Prozent 2018 auf 31 Prozent im Jahr 2019. „Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass diese Erholung nicht eindeutig ist“, relativiert Carlos Casanova diese Zahl. „Die Zahl der Unternehmen, die ultralange Überziehungen mit sogar mehr als 10 Prozent des Jahresumsatzes meldeten, blieb 2019 konstant bei 13 Prozent.“ 

2020 wird von der schlimmsten Rezession seit der asiatischen Finanzkrise von 1997-1998 geprägt sein. Coface erwartet, dass die asiatisch-pazifische Region im Jahr 2020 stark schrumpfen wird (mit Ausnahme von China und Indien unter den neun untersuchten Volkswirtschaften), bevor sie 2021 wieder anzieht. 

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