Gehaltsverzicht: Wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Corona-Krise gemeinsam Arbeitsplätze erhalten können
Gehaltsverzicht muss freiwillig sein und Mitarbeiter müssen zustimmen
Der wirtschaftliche Einbruch aufgrund der Corona-Pandemie kommt jetzt mit Macht im Mittelstand an. In vielen Betrieben enden die Kurzarbeiterregelungen. Sie haben zwar schon wieder genügend Aufträge, ihnen fehlt aber Liquidität. Wenn Mitarbeiter auf Gehalt verzichten, können Unternehmen ihre Kosten senken und gleichzeitig Arbeitsplätze erhalten. Rechtlich auf der sicheren Seite sind Unternehmer aber nur, wenn sich an die Regeln halten. „Dauerhafter oder zeitlich befristeter Gehaltsverzicht ist freiwillig“, sagt Thorsten Walther, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Nürnberg, „und die betroffenen Mitarbeitenden müssen zustimmen.“
Voraussetzungen für Gehaltsverzicht
Grundsätzlich muss der Gehaltsverzicht arbeitsrechtlich zulässig sein. Er darf nicht gegen gesetzliche Rahmenbedingungen für Arbeitsverträge verstoßen. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld lassen sich beispielsweise nicht streichen, wenn sie Teil des Arbeitsvertrags sind oder wie im Fall des Weihnachtsgelds als betriebliche Übung gilt, weil es schon drei Jahre hintereinander gezahlt wurde. Der Stundenlohn darf nicht unter den Mindestlohn fallen. Und wer auf Urlaub verzichtet, darf nicht unter die Grenze von vier Wochen im Jahr fallen. Der Gehaltsverzicht braucht eine schriftliche Vereinbarung, die die Mitarbeitenden unterschreiben müssen. In der Vereinbarung muss stehen, wie hoch das Gehalt ist, welche Zuschläge, Prämien oder Boni es gibt und für wie lange der Gehaltsverzicht gelten soll.
Für tarifgebundene Betriebe gelten besondere Regeln
In Betrieben mit Tarifvertrag ist ein Gehaltsverzicht nur möglich, wenn der Tarifvertrag diesen nicht ausdrücklich verbietet. Enthält er eine Öffnungsklausel, dann lassen sich zusätzliche Regelungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen. „Dann können Chefs auch in Betrieben mit Tarifvertrag mit den Mitarbeitern über einen Gehaltsverzicht sprechen“, sagt Walther.
Was Arbeitgeber tatsächlich sparen
Neben dem geringeren Gehalt zahlen Arbeitgeber entsprechend auch weniger zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. „Aufgrund der Steuerprogression sind die Nettoeinbußen bei den Arbeitnehmern meist nicht so groß“, sagt der Ecovis-Rechtsanwalt. Arbeitnehmer, die unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung liegen, verlieren jedoch Rentenpunkte, wenn sie weniger in die Rente einzahlen. „Müssen Mitarbeiter trotz Gehaltsverzicht später gekündigt werden, hat das Folgen für das Arbeitslosengeld. Denn das wird nach dem durchschnittlichen Gehalt der vergangenen zwölf Monate berechnet“, sagt Walther.
Ein Beispiel was Gehaltsverzicht konkret in Zahlen bedeutet
Ein verheirateter Doppelverdiener mit einem Kind und 13 Gehältern hat ein Monatsbruttogehalt von 4.500 Euro. Netto bekommt er rund 2.744 Euro. Verzichtet er auf zehn Prozent seines Gehalts und liegt dann bei 4.050 Euro brutto sieht er 2.524 Euro auf seinem Konto. Die Abgabenlast sinkt dabei von 39 auf 37,6 Prozent. Damit verringert sich das Nettoeinkommen nicht um 10 Prozent, sondern um 8,2 Prozent.
Der Arbeitgeber hat eine Ersparnis von insgesamt 539 Euro – „bei zehn Mitarbeitern sind das 5.390 Euro geringere Lohnkosten im Monat“, sagt Walther.
Gehaltsverzicht1: Der Spareffekt im Überblick
1 alle Werte gerundet
2 verheirateter Doppelverdiener, ein Kind, 13 Gehälter
Miteinander sprechen ist eine wichtige Voraussetzung bei Lohnverzicht
Denken Chefs über Gehaltsverzicht nach, um Arbeitsplätze zu sichern, sollten sie sich auch Gedanken über Gegenleistungen machen. Das können beispielsweise zusätzliche Urlaubstage sein oder Sonderzahlungen, wenn es dem Unternehmen wieder besser geht. „Will ein Arbeitgeber die Gehälter der Mitarbeiter senken, sollte er unbedingt vorher über die Lage des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern sprechen und dessen Perspektiven aufzeigen“, empfiehlt Arbeitsrechtler Walther, „und nicht auf den Rat von Experten verzichten, um die Vereinbarungen wasserdicht zu gestalten.“
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