Düllings fordert Comeback der Polikliniken
Die Krankenhäuser sollten einen neuen Versorgungsauftrag für die ambulante Versorgung bekommen, fordert der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren, Josef Düllings. „Organisatorisch sinnvoll wäre die Einrichtung von Polikliniken, wie es sie etwa in Österreich, Dänemark, der Schweiz oder den Niederlanden gibt“, schreibt er in der September-Ausgabe von f&w. Teure Medizintechnik, Räume, Personal, Verwaltung könnten so, nicht wie in der Praxis unter Vollkosten-, sondern wesentlich günstiger unter Grenzkostenrechnung genutzt werden. Zwar würde die Vergütung ambulanter Behandlungen im Krankenhaus höher ausfallen als in der vertragsärztlichen Versorgung. Allerdings wäre es so möglich, deutlich mehr Patienten ambulant zu versorgen als heute.
Eine Analyse des Beratungsunternehmens Mediqon im Rahmen des „Klinik-Stresstests“ hat vor kurzem gezeigt, dass in den deutschen Kliniken im Zuge der Ambulantisierung ein Erlösvolumen von bis zu 6 Milliarden Euro im stationären Bereich wegfallen könnte.
Bereits vor Beginn der Corona-Krise ist beim Thema Ambulantisierung einiges in Bewegung geraten. Der Katalog für ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe (AOP-Katalog) soll bis Mitte nächsten Jahres überarbeitet werden, so ein Beschluss des Bundestags. Zu großen Veränderungen werden aller Voraussicht nach auch die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „sektorenübergreifende Versorgung“ führen.
Aber: Könnten die Niedergelassenen überhaupt zusätzliche Leistungen übernehmen? In Sachsen-Anhalt etwa erlebt Dr. Thomas Krössin, Geschäftsführer für den Bereich Krankenhäuser der Johanniter es immer wieder, dass niedergelassene Ärzte keinen Nachfolger für ihre Praxis finden. Auch im Kreis Groß-Gerau müssen die Kliniken immer öfter fehlende Ressourcen der Niedergelassenen kompensieren, berichtet Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau in der neuen f&w. Auf den Zusammenhang zwischen ambulanter und stationärer Versorgung weist auch die DKG immer wieder hin. „Patienten müssen auch deshalb stationär aufgenommen [werden], weil es im niedergelassenen Bereich Defizite im Zugang oder auch in der Qualität gibt und ohne adäquate Versorgung Krankheiten dekompensieren“, sagt DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum in f&w.
Tatsächlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Arztdichte und der Anzahl ambulant-sensitiven Krankheiten im Krankenhaus, wie ein neuer Klinik-Stresstest von Mediqon und Bibliomed zeigt. Dieser geht der Frage nach, welche regionalen Behandlungsunterschiede sich bei der ambulant-sensitiven Krankheit „Herzinsuffizienz“ finden lassen und ob Korrelationen mit der Arztdichte zu beobachten sind. Diese Erkrankung mit jährlich knapp 455.000 stationären Fällen weist den größten Anteil an allen ambulant-sensitiven Behandlungsgruppen auf.
Die Analyse zeigt:
- Überproportional viele stationäre Behandlungen finden sich in den neuen Bundesländern und im nördlichen und östlichen Bayern.
- Je geringer die Besiedlungsdichte einer Region, umso mehr Fälle werden stationär behandelt.
- Je geringer die regional Arztdichte, umso höher die stationäre Behandlungshäufigkeit.
"Die Auswertung zeigt auch, es ist zwingend notwendig, die ambulanten Strukturen zu analysieren, bevor das Leistungsgeschehen in Krankenhäuser bewertet wird", sagt Mediqon-Geschäftsführer Dr. Dirk Elmhorst. "Hätten wir in der ambulanten Versorgung dieselbe Transparenz über die Leistungszahlen, wie im stationären Bereich, ließe sich sehr gut aufzeigen, wo mögliche Probleme in der Gesundheitsversorgung liegen. Gesundheitsversorgung lässt sich nur ganzheitlich gestalten."
Autor: Florian Albert (f&w)
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