Blick über den Schüsselrand
In der Sonderausstellung „Von der Rolle – KloPapierGeschichten" im LVR-Industriemuseum Papiermühle Alte Dombach in Bergisch Gladbach erfahren die Gäste zwischen weiß gefliesten Wänden und jeder Menge „Klo-Graffiti" Interessantes über die Geschichte des „stillen Örtchens", den Umgang mit Hygienepapieren und mancherlei Unausgesprochenes über das Klo.
Bitte treten Sie ein!
Unser heutiger Standard eines separaten, belüfteten Raums für eine Toilette mit Wasserspülung ist noch nicht sehr alt. Bis ins späte 19. Jahrhundert besaßen viele Menschen keine Toilette. Auf dem Land ging man in den Stall, an den Misthaufen oder in die Büsche, um seine Notdurft zu verrichten. In den Städten, in Klöstern oder Burgen gab es oftmals Abtritte in Erkern der Außenmauern. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich Abortanlagen auch auf kleineren Bauernhöfen oder in Handwerkerhäusern. Ihre abgelegene Lage führte übrigens zur Bezeichnung „Abort". Um nachts den Weg zum Abort zu vermeiden, gehörten zur Einrichtung der Schlafkammern bereits im Mittelalter Nachttöpfe, manchmal verborgen in einem Stuhl oder einer Kommode.
Das erste Water-Closet wurde bereits 1851 auf der ersten Weltausstellung in London vorgestellt. Die Londoner standen Schlange, um es für einen Penny benutzen zu dürfen. „To spend a penny" ist bis heute in Großbritannien ein Euphemismus für den Toilettengang. Zwar gab es auch in Deutschland wenige, die sich Endes des 19 Jahrhunderts ein solch schönes Porzellan WC – mit dekorativen Blumendekor – leisten konnten. Doch meist waren die Voraussetzungen dafür noch nicht geschaffen: Der Anschluss an fließendes Frischwasser und an die Kanalisation erfolgte in vielen Kleinstädten und auf den Dörfern erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Toiletten ohne Wasserspülung – im Volksmund auch „Plumpsklo" genannt – waren also noch bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus in vielen ländlichen und kleinstädtischen Gegenden üblich. Oft modernisierte man ältere Aborte, indem man anstelle der hölzernen Kästen Klosettschüsseln mit Toilettensitz, aber ohne Spülung einbaute. Badezimmer und WC – die Kurzbezeichnung ist abgeleitet vom englischen „water-closet" – fanden erst in den 1960er/70er Jahren flächendeckend ihren Weg auch in alle Haushalte.
Für’n Arsch – Toilettenpapiere
Seit Papier industriell und damit preiswert hergestellt wird, ist es zu einem wichtigen Helfer bei der Körperpflege und im Haushalt geworden, weil man es nach einmaligem Gebrauch wegwerfen kann. In den USA kam 1857 das erste Toilettenpapier auf den Markt, beworben als medizinisches Mittel gegen Hämorriden. Hierzulande begann die industrielle Produktion von Klosettpapier – wie es damals genannt wurde – um 1880, von Anfang an entweder in Rollen mit Perforation zum Abreißen oder als Einzelblätter. 1881 weist ein Papierfabrikant in einer Anzeige darauf hin, dass sein „Closet-Papier, Closet-Verstopfung verhindere". Spätestens mit der Einführung des Wasserklosetts war auch spezielles Papier nötig, die die Leitungen nicht verstopften – Zeitungspapier, das geschnitten als „Toilettenpapier-Ersatz" neben dem Plumpsklo lag, kam also nicht mehr in Frage. Das Adressbuch der Papier-Industrie nennt 1929 bereits 18 Hersteller für Klosettpapier in Deutschland. Diese ersten Papiere wurden auf der Papiermaschine im feuchten Zustand, also vor dem Trocknen gestaucht, d.h. gekreppt. Krepppapier ist einlagig, rau und hart.
Der Firmengründer und Namensgeber der Hakle Produkte, Hans Klenk, begann 1928 mit der Herstellung von Rollen-Klopapier mit fester Blattzahl – „garantiert 1000 Abrisse". 1958 stellt die Firma erstmals das weichere Tissuepapier her. Tissue ist der internationale Fachbegriff für das Toilettenpapier, das wir heute üblicherweise benutzen. Es ist mehrlagig, die einzelnen Lagen sind sehr dünn und durch die Prägung halten die Lagen zusammen und sie machen das Toilettenpapier weich. Es löst sich im Wasser schnell auf.
Noch bis zum 7. Februar 2021 sind die KloPapierGeschichten im LVR-Industriemuseum Papiermühle Alte Dombach in Bergisch Gladbach zu sehen.
Weitere Informationen auf www.industriemuseum.lvr.de.
LVR-Industriemuseum Papiermühle Alte Dombach, Alte Dombach, 51465 Bergisch Gladbach.
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr.
Eintrittspreise: 2 Euro, Kombikarte mit Papiermühle 3 Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 19.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. "Qualität für Menschen" ist sein Leitgedanke.
Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.
Landschaftsverband Rheinland
Kennedy-Ufer 2
50679 Köln
Telefon: +49 (221) 809-0
Telefax: +49 (221) 809-2200
http://www.lvr.de
Kommunikation
Telefon: +49 (221) 80977-11
E-Mail: Nachrichten@lvr.de