Rückblick auf den Sommer 2020
Herr Brüser, wie haben Sie den Corona-Sommer 2020 erlebt?
Es war ohne Frage ein sehr außergewöhnlicher Sommer, bei dem wir versucht haben, ihn so gewöhnlich wie möglich aussehen zu lassen. Da wir alle normalerweise zu dieser Zeit sehr viele Veranstaltungen, Konzerte oder Festivals betreuen, sind wir sehr hart von der Krise betroffen. Denn eigentlich ist die ganze Branche noch immer im Lockdown. Somit ist Carrona buchstäblich aus der Not geboren.
Hätten Sie nicht auch die Füße hochlegen können und gucken, was passiert?
Nein, auf keinen Fall. Zum einen gab es die persönliche Not, plötzlich vor dem wirtschaftlichen Nichts zu stehen. Und gleichzeitig hatten wir alle schlicht nichts zu tun. Die ersten zwei Wochen des Lockdowns fühlten sich noch wie ein Urlaub auf dem Balkon an. Nachdem alles gestrichen, der Keller aufgeräumt und die Briefmarken archiviert waren, fiel uns die Decke auf den Kopf. Wir haben einfach sehr wenig Talent zum Müßiggang. Deshalb haben uns das Glück der Tüchtigen erarbeitet. Natürlich sind wir aber auch alte Veranstaltungs-Hasen. So konnten wir auf solides Wissen aus normalen Zeiten zurückgreifen. Was das Covid-19-Konzept anging, so betraten wir natürlich Neuland.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Autokino zu eröffnen?
Die Idee lag sowohl in der Luft als auch auf der Hand. Einige von uns vermieten und betreuen sonst LED Wände und Projektionstechnik. Somit war der technische Teil schonmal unsere Kerndisziplin. Andere von uns organisieren Konzerte, Festivals oder planen ganze Tourneen. Jeder konnte etwas beitragen. Wir machten uns gezielt auf die Suche nach möglichen Plätzen, um eine Vorstellung zu entwickeln. Der P05 am Olympiastadion war gleich der Ort, der uns am schönsten und geeignetsten erschien. Und dann ging es auch schon los, wir griffen zum Hörer und hauten in die Tasten. Ein geeignetes Hygienekonzept zu entwickeln und umzusetzen, war der schwerere Teil. Insbesondere bei der unklaren Lage im April und Mai. Der Titel „Carrona“ stand eigentlich ziemlich schnell fest, denn er enthält die wichtigsten Bestandteile unserer Idee: die aktuelle Krise, das Autokino und eine gute Portion Humor.
Gab es politische Hürden, die Ihnen das Leben schwergemacht haben?
Berlin hat sehr lange gebraucht, um Regelungen zum Betrieb eines Autokinos in einem Pandemieszenario einzuführen. Zunächst gab es ein totales Verbot. Als der Senat dann die rechtlichen Voraussetzungen erließ, machten in anderen Bundesländern manche Kinos schon wieder zu. Wir waren mindestens 4-6 Wochen hinter den anderen Bundesländern. Weiterhin war es auch nach den Lockerungen nicht gestattet, dass Cabrios ihr Dach öffnen durften. Selbst als eine Genehmigung für Open-Air Plätze erging. Das war gegenüber unseren Gästen schwer zu erklären. Auch den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes war dieser Umstand sehr unangenehm. Wir hatten jedoch insgesamt eine sehr konstruktive Zusammenarbeit mit den Ämtern und besonders mit der Polizei, die regelmäßig vorbeikam. Das war eine schöne Erfahrung.
Zu so einem Projekt gehören ja auch immer Leute, die einen unterstützen. Wer waren Ihre größten Supporter?
Der Zoo Palast als Partner Nummer Eins. Von hier kamen die Filmrechte, wir wurden wie ein weiterer Kinosaal auf der Website geführt. Dann gab es noch eine sehr erfreuliche Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und der Polizei. Aramark hat unsere Besucher mit frischem Popcorn, Eis und Getränken am Autofenster versorgt. Und das Team Code Zero hat dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit von uns Wind bekommt.
Was war das erstaunlichste Erlebnis mit Carrona?
Neben der Tatsache, dass Carrona trotz 80 Anträgen das einzige Autokino in Berlin ist, waren vor allem die Erlebnisse mit unseren Zuschauern besonders berührend. So kam z.B. ein Paar direkt nach der Trauung mit Blumenbukett auf der Motorhaube in unser Autokino gefahren, um bei einer Flasche Sekt Dirty Dancing zu schauen. Wir sind sehr glücklich, einen Ort geschaffen zu haben, der so herzlich ist, dass er sogar für solche Lebensereignisse in Betracht kam! Und ja, im Autokino wird auf jeden Fall mindestens auch geknutscht, das blieb uns nicht verborgen.
Mit welcher Zielgruppe hatten Sie denn gerechnet und wer kam wirklich vorbei?
Wir haben festgestellt, dass Autokinoabende von Frauen organisiert werden. Sie scheinen ein größeres Interesse daran zu haben, aus einem Kinoabend ein Social Event zu machen. Als wir zum Beispiel Rambo zeigten, waren da zwei einsame Zuschauer. Den Musicalfilm Greatest Showman hingegen haben wir gleich mehrfach zeigen können.
Welche Filme gingen am besten?
Bohemian Rhapsody und Dirty Dancing. Filme mit Musikalischen Themen erzeugten immer die beste Stimmung auf dem Platz. Es wurde mitgesungen bis die Autos wackelten. Die Känguru Chroniken waren stark und hier und da ein paar aktuelle Filme wie der Joker oder Bad Boys for Life. Wir hatten auch große Erfolge mit unseren Kinderfilmen am frühen Nachmittag. Hier kamen ganze Gruppen, begleitet von einer Aufsichtsperson. Es gab Popcorn und Eis satt und für den Fahrer eine kurze Auszeit von der Kinderbetreuung. Sie haben sich oft auf den Rücksitz gesetzt oder die Heckklappe geöffnet, um den Kindern einen schönen Nachmittag zu bereiten.
Die meisten Filme laufen bei Ihnen auch in der Originalsprache. Warum?
In Zeiten von Netflix und Co. gehört es inzwischen dazu, auch den Originalton senden zu können. Gerade eine internationale Stadt wie Berlin sollte das bieten. Mit unserem Team konnten wir die Idee umsetzten und senden als einziges uns bekanntes Kino weltweit in zwei Sprachen. Jeder Besucher kann über die Frequenz in seinem Autoradio die Sprache selbst wählen.
Ist mal jemand nicht mehr weggekommen?
Starthilfe ist ein Klassiker in Autokinos, darauf waren wir vorbereitet. Neu war jedoch, dass ein Carsharing Dienst, der Elektroautos anbietet, die Wagen nach einer halben Stunde in einen Diebstahlmodus schaltet. Die Kundenhotline musste nach dem Film kontaktiert werden, um ihn wieder freizuschalten. Danach konnten wir jeden Besucher informieren, das Fahrzeug einfach alle 30 Minuten kurz zu starten.
Es gab ja auch nicht-kineastische Highlights. Wie wurden die angenommen?
Die Formel E zu Gast zu haben, war für beide Seiten eine Riesensache. Wir haben ein paar tolle Rennen erlebt. Mein persönliches Highlight war, dass wir ein richtiges Livekonzert veranstalten konnten: STAR FM hat bei uns ihr jährliches Currywurstkonzert auf die Bühne gebracht. Die drei Newcomerbands „Lemonwood“, „Ponte Pilas“ und „Wait of the World“ haben das Kino gerockt. Es war für unser gesamtes Team sehr emotional, weil uns eine große Leidenschaft für Livemusic verbindet.
Ende August ist Schluss. Warum wurde nicht verlängert?
Das Kino war nur bis Ende August geplant. Da bald der Ball in der Bundesliga wieder rollt und der P05 dann am Wochenende wieder dort benötigt wird, müssen wir leider schließen. König Fußball scheint kein Autokino-Liebhaber zu sein. Zumindest kann er unseren Parkplatz nicht entbehren.
Wird es ein Carrona Autokino 2021 an derselben Stelle geben?
Das können wir derzeit nicht absehen. Corona gibt hier den Takt vor. Mal sehen, was passiert. Ehrlich gesagt hoffen wir sehr, dass wir bis dahin wieder in unseren Berufen arbeiten können und unsere Veranstaltungsbranche wieder zu Hochform auflaufen kann, damit wir und alle unsere Mitarbeiter den Lebensunterhalt wie gewohnt bestreiten können.
Rückschau: Würden Sie das wieder machen?
Auf jeden Fall. Es war ein wirklich toller Sommer. Wie gesagt: es war einfach alles anders als sonst, doch wir haben es einfach nicht so aussehen lassen. Letztlich haben wir einfach ein Problem nach dem anderen angepackt und gelöst.und dabei viele wunderbare Partner und jede Menge Unterstützung gefunden. Das wird auch unsere Schablone für die nächsten Projekte sein.
Würden Sie für neue Konzepte Ihren alten Job an den Nagel hängen?
Das Hängt von der Wand ab, in der der Nagel steckt. Derzeit wird sie stetig bröckliger. Eines ist jedoch klar: Veranstaltungen zu kreieren, die Menschen glücklich nach Hause gehen lassen, ist weit mehr als nur ein Job. Es gibt keinen Zweifel, dass ich das auch in Zukunft tun werde. In welcher Konstellation ist dabei zweitrangig.
Was sind die Pläne für die Zukunft?
Nach einer kleinen Pause zum Zwecke der Reflexion suchen wir nach einer neuen Lücke, um den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Wäre doch gelacht, wenn uns das nicht auch im Winter gelänge!
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