Brennstoffzellen für schwere LKW
Die schweren 40-Tonnen-LKWs sind die Titanen der Autobahnen. Aufgrund ihres großen Ladevolumens erfreuen sie sich hoher Beliebtheit bei den Speditionen. Zwar haben in den vergangenen Jahren in dieser Gewichtsklasse modernste Technologien Einzug gehalten und Umweltfreundlichkeit, Sicherheit und Effizienz verbessert. Dennoch sind Verbrauch und Emissionen weiterhin hoch. Dies gilt insbesondere innerhalb der EU, wo Lastwagen 25 Prozent der gesamten CO2-Emissionen im Verkehrssektor verursachen. Während batterieelektrische Fahrzeuge durchaus in städtischen Gebieten effizient und umweltschonend eingesetzt werden können, ist die Brennstoffzellentechnologie der Erfolgsfaktor bei der emissionsfreien Logistik über lange Strecken und bei höheren Nutzlasten. Denn rein batteriegetriebene elektrische Nutzfahrzeuge sind unter anderem aufgrund der langen Ladedauer und begrenzten Reichweiten durch geringere Energiedichten für den alltäglichen Betrieb ungeeignet. Die Batterie verliert bei stockendem Verkehr oder Stau signifikant an Reichweite. Ein zusätzlicher, zeitintensiver Tankstopp ist wirtschaftlich ineffizient. Außerdem erfordert ein batterieelektrischer Antrieb Zugeständnisse bei der möglichen Zuladung.
Alternative zum 40-Tonner mit Dieselantrieb
Deshalb will Freudenberg Sealing Technologies mit seinen Brennstoffzellen-Aktivitäten nicht nur den Schwerlastverkehr emissionsfrei machen, sondern auch wirtschaftlich sinnvolle Antriebslösungen schaffen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Entwicklungsprojekte für Busse und Kreuzfahrtschiffe mit Partnern wie FlixBus und der Meyer Werft gestartet. Jetzt will Freudenberg mit dem Nutzfahrzeug-Umrüster Quantron LKW-Lösungen in der Gewichtsklasse der 40-Tonner entwickeln und produzieren, um eine emissionsarme Alternative zum handelsüblichen Schwerlast-LKW mit Dieselantrieb zu schaffen. Es gilt, die Brennstoffzellensysteme in Dauerbetriebstests auf Funktionalität, Alltagstauglichkeit und Systemrobustheit zu überprüfen. Das Projekt wird vom Energieforschungsprogramm des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert und ist eines der ersten Vorhaben, welches explizit die Entwicklung einer Brennstoffzelle für die Verwendung in schweren Nutzfahrzeugen unterstützt. Bereits Mitte 2021 soll ein erstes Testfahrzeug mit der neuen Antriebstechnologie auf den Straßen Bayerns unterwegs sein. Das Fahrzeug mit dem Namen Energon wurde Anfang August der Öffentlichkeit vorgestellt.
„Brennstoffzellen-LKW sind die einzige wirtschaftliche, emissionsfreie Alternative, die große Zuladungen als auch signifikante Reichweiten und schnelle Tankzyklen zulässt“, so Dr. Manfred Stefener, Vice President Fuel Cell Systems bei Freudenberg Sealing Technologies. „Deshalb freuen wir uns darauf, gemeinsam mit der Quantron AG Brennstoffzellen-Applikationen zu schaffen, die explizit auf die maximalen Last- und Betriebspunkte von LKW ausgerichtet sind.“
Klarer Fokus auf den Schwerlast-LKW
Brennstoffzellen für LKW müssen komplett andere Last- und Betriebsprofile abdecken als die für PKW: Ein PKW fährt durchschnittlich maximal eine Stunde pro Tag und steht die restlichen 23 Stunden. Deshalb sind PKW-Systeme auch nur für 5.000 bis 8.000 Betriebsstunden ausgelegt. LKW-Systeme hingegen erfordern mindestsens eine Lebensdauer von 35.000 Stunden. Denn Nutzfahrzeuge verdienen ihr Geld ausschließlich im verlässlichen Dauerbetrieb.
Durch den Fokus auf den Schwerlast-LKW beinhaltet das aktuelle Projekt weitere Innovationen. Dazu zählen beispielsweile die konsequente Nutzung lebensdaueroptimierender Materialkombinationen und die Entwicklung der Schnittstellen für eine Bauraum-optimierte Anwendung in einem Nutzfahrzeug. Damit lassen sich Wartungs-, Reparatur- und Austauscharbeiten mit minimalem Aufwand jederzeit durchführen und dank Standardisierung ein maximales Fahrzeugspektrum bedienen. Heute bereits im Markt verfügbare Brennstoffzellensysteme wurden ursprünglich für PKW entwickelt. Für Heavy-Duty-Anwendungen hingegen müssen alle wesentlichen Designaspekte des Systems auf hohe Lebensdauern getrimmt werden.
„Ziel ist es, die Brennstoffzelle für eine lange Lebensdauer und reale Schwerlastprofile fit zu machen, den Diesel bei den Total-Cost-Of-Ownership [TCO] in den Schatten zu stellen und eine nachhaltige, emissionsfreie Alternative im Schwerlastverkehr auf den Markt zu bringen“, fasst es Dr. Stefener zusammen.
Freudenberg Sealing Technologies unterstützt schon seit Jahrzehnten die Hersteller von Autos und Nutzfahrzeugen dabei, mit dichtungstechnischen Innovationen Verbrauch und Emissionen von Verbrennungsmotoren zu senken. Mitte der 1990er Jahre ist die Freudenberg-Gruppe bei der Erforschung alternativer Antriebskonzepte in die Entwicklung technisch anspruchsvoller Komponenten für Brennstoffzellen und Batterien eingestiegen. Das Unternehmen hat unter anderem serienreife Gas-Diffusions-Lagen (GDL), Befeuchter, Filterlösungen sowie Dichtungen für den Brennstoffzellen-Stack entwickelt.
Einzigartige Wertschöpfungstiefe im eigenen Haus
Anfang 2018 hat Freudenberg Sealing Technologies dieses Know-how mit der Akquisition des Brennstoffzellenherstellers Elcore strategisch ergänzt. Damit bietet das Unternehmen nun sowohl eine ganzheitliche System-Kompetenz als auch eine tiefe Wertschöpfung bei den Kernkomponenten der Brennstoffzelle. Kurze Zeit später erwarb das Unternehmen durch seine Beteiligung am US-amerikanischen Batterieherstellers XALT Energy auch in der Batterietechnik wichtige technologische Expertise. Auf diese Weise hat sich das Unternehmen im Bereich der alternativen bzw. elektrischen Antriebe mit den beiden Zukunftstechnologien Batterie und Brennstoffzelle eine einzigartige Position im Markt verschafft.
Freudenberg Sealing Technologies verfügt damit sowohl bei Batterien als auch bei Brennstoffzellen über eine einzigartige Wertschöpfungstiefe: Die Herstellung von Gasdiffusionslagen, permeationsoptimierten Dichtungsmaterialien und Katalysatoren im eigenen Hause bildet die Grundlage für eine vollintegrierte Membrane-Electrode-Assembly (MEA) und den Ausgangspunkt für die LKW-Brennstoffzelle der Zukunft. „Lediglich zugekaufte Komponenten zusammenzubauen ist keine Lösung für Heavy-Duty-Brennstoffzellen der Zukunft in hohen Stückzahlen“, sagt Claus Möhlenkamp, CEO von Freudenberg Sealing Technologies. Stattdessen befasst sich das Unternehmen mit der Auslegung des Gesamtsystems und der gezielten Weiterentwicklung seiner Material- und Designkompetenzen auf Komponenten- sowie Systemebene. „Mit diesem Forschungs- und Entwicklungsprojekt verfolgen wir ganz konsequent unsere Brennstoffzellenstrategie für Heavy-Duty-Anwendungen “, so Möhlenkamp weiter. „Dank der Kooperation mit der Quantron AG können wir die neuesten Forschungsergebnisse der Freudenberg-Gruppe für LKW-Brennstoffzellen innerhalb kürzester Zeit auf die Straße bringen.“
Freudenberg Sealing Technologies ist langjähriger Technologieexperte und weltweiter Marktführer für anspruchsvolle und neuartige Anwendungen in der Dichtungstechnik und der Elektromobilität. Mit seiner einzigartigen Werkstoff- und Technologiekompetenz ist das Unternehmen bewährter Zulieferer von anspruchsvollen Produkten und Anwendungen sowie Entwicklungs- und Servicepartner für Kunden in der Automobilindustrie und der allgemeinen Industrie. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte Freudenberg Sealing Technologies einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro und beschäftigte zirka 14.000 Mitarbeiter. Weitere Informationen unter www.fst.com.
Das Unternehmen gehört zur weltweit tätigen Freudenberg-Gruppe, die mit den Geschäftsfeldern Dichtungs- und Schwingungstechnik, Vliesstoffe und Filtration, Haushaltsprodukte sowie Spezialitäten und Sonstiges im Geschäftsjahr 2019 einen Umsatz von rund 9,5 Milliarden Euro erwirtschaftete und in etwa 60 Ländern mehr als 50.000 Mitarbeiter beschäftigte. Weitere Informationen unter www.freudenberg.com.
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