6,2 Millionen Menschen in Deutschland mit Lese- und Schreibschwierigkeiten
Lese- und Schreibschwäche in Deutschland
Die vergangenen Monate der Corona-Pandemie hätten die Bedeutung von Digitalisierung besonders klar vor Augen geführt: Es sei von zu Hause aus digital gelernt und gearbeitet worden, Menschen hätten vermehrt den Online-Handel genutzt. Diejenigen mit geringen Digitalkompetenzen seien hierbei stark eingeschränkt gewesen. Dazu gehörten häufig Personen, die nicht gut lesen und schreiben könnten, so Bundebildungsministerin Anja Karliczek zum Weltalphabetisierungstag 2020.
Es dürfe nicht sein, „dass im Jahr 2020 Erwachsene in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben können! Wir brauchen auch eine digitale Chancengerechtigkeit! Dafür müssen wir neben Lese- und Schreibkompetenzen auch die Medienkompetenz von gering Literarisierten verbessern“. Vor diesem Hintergrund fördere das Bundesministerium für Bildung und Forschung Angebote, die Alphabetisierung mit der Vermittlung von Medienkompetenz kombinierten. Über digitale und analoge Lern- und Beratungsangebote könnten sich Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten über die neu aufgesetzte Website zur Kampagne der AlphaDekade mein-schlüssel-zur-welt.de informieren.
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebene Studie Leo 2018 habe weiter herausgefunden, dass nur knapp 60 Prozent der gering Literarisierten mit Online-Wohnungsbörsen zurechtkämen. Die Nutzung von Online-Banking trauten sich lediglich 40 Prozent der Betroffenen zu. Ein ähnliches Bild ergebe sich bei der digitalen Arbeitsplatzsuche und der Nutzung von Partnerbörsen. Insgesamt sei in der Studie sichtbar geworden, dass 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. Außerdem habe die Studie ergeben, dass es Betroffenen vergleichsweise schwerfalle, die Glaubwürdigkeit von Online-Informationen einzuschätzen und sie von Werbung unterscheiden zu können. Folglich seien Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten anfälliger für Falschinformationen.
Situation in Entwicklungsländern
Die meisten der ca. 750 Millionen Analphabeten leben in Entwicklungsländern. ADAR Deutschland weist darauf hin, dass die Menschen ums Überleben kämpfen und kaum Geld hätten, um sich Essen zu kaufen. Kein Wunder, dass das Geld für die Schule fehle. Oft spiele auch die Geschlechterdiskriminierung eine entscheidende Rolle: Weltweit dürften viele Mädchen und Frauen nach wie vor nicht zur Schule gehen. Hinzu komme die Rollenverteilung in den südlicheren Kulturen: Der Mann geht arbeiten, die Frau ist für Haushalt und Kinder verantwortlich. Daher seien auch fast zwei Drittel der Analphabeten Frauen. Um ein Zeichen zu setzen, habe 1965 die UNESCO den Weltalphabetisierungstag am 8. September ins Leben gerufen.
Beispiel Albanien
Am Beispiel der Roma Gesellschaften in Albanien zeigt ADRA Deutschland das Engagement der Hilfsorganisationen gegen Analphabetentum Durch Zusammenarbeit mit offiziellen Behörden, unter anderem auch mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GiZ) seien in Albanien (u. a. in Tirana, Fushe-Kruje, Bubq) Roma Community Center aufgebaut worden. Dort gebe es für Kinder und Jugendliche wie auch für Erwachsene und Senioren wöchentliche Kurse, in denen Romas nicht nur lesen, schreiben und rechnen lernten, sondern auch mehr über Themen wie Nachhaltigkeit, Mülltrennung, Schulpflicht, usw.
Im Gespräch mit dem Adventistischen Pressedienst (APD) berichtet Anna Ford über beindruckende Erfahrungen während ihres sozialen Jahres in Albanien. „Allzu oft werden bei den Roma die Kinder im Alter von 11 und 12 Jahren aus der Schule geholt und verheiratet oder verlassen selbst die Schule, um in der Familie mitzuarbeiten. Familie und Kinder sind oft wichtiger als der Schulbesuch.“ In den Roma Community Centern würde neben Lesen und Schreiben auch echte Erziehungshilfe geleistet. Besonders bewegend sei der Moment einer Uroma gewesen, die mit großer Freude zum ersten Mal ihren eigenen Namen geschrieben hätte.
In Albanien gebe es 57.715 Erwachsene Analphabeten (Stand 2015), die nicht in der Lage seien, mit Verständnis einen kurzen, einfachen Text über ihr alltägliches Leben zu lesen und zu schreiben. Und dies versuche ADRA Albanien nachhaltig zu verändern, mit dem Ziel: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Es sei ein Entwicklungsprozess über einen langen Zeitraum – doch es lohne sich!
Weitere Informationen zum Welttag der Alphabetisierung (UNESCO):
https://www.unesco.de/bildung/bildungsagenda-2030/8-september-welttag-der-alphabetisierung-1
Adventistischer Pressedienst Deutschland APD
Sendefelderstr. 15
73760 Ostfildern
Telefon: +49 4131 9835-533
http://www.apd.info
Chefredakteur
Telefon: +49 (511) 97177-114
E-Mail: brass@apd.info
Redakteur
E-Mail: mohr@apd.info