COVID-19-Therapie mit Rekonvaleszentenplasma – Tests zur Identifikation geeigneten Plasmas
Das Paul-Ehrlich-Institut hat mehrere klinische Prüfungen in Deutschland von Rekonvaleszentenplasma zur COVID-19-Therapie genehmigt. Eine große Herausforderung bei der COVID-19-Therapie mit Rekonvaleszentenplasma besteht darin, die Plasmaproben zu identifizieren, die tatsächlich therapeutisches Potenzial besitzen und einen hohen Spiegel an SARS-CoV-2-neutralisierenden Antikörpern aufweisen. Die Menge der Antikörper und die Virus-neutralisierende Aktivität im Serum von rekonvaleszenten, also genesenen COVID-19-Patientinnen und -Patienten, variiert jedoch stark. Umso wichtiger ist es, zuverlässige, schnelle und einfache Testsysteme zur Bestimmung der in vitro neutralisierenden Aktivität von SARS-CoV-2 in Rekonvaleszenzplasma zu etablieren.
Forscherinnen um Prof. Barbara Schnierle, Leiterin des Fachgebiets "AIDS, neue und neuartige Erreger" am Paul-Ehrlich-Institut, haben in einer Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen von der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Universitätsklinik Dresden und dem Blutspendedienst Dresden drei verschiedene Testsysteme verglichen. Bei der Bewertung wurden auch Kriterien wie die erforderlichen Sicherheitsstandards (Biosicherheitsstufe) betrachtet. Sie verglichen die Corona-Lebendvirus-Neutralisierung durch einen Plaque-Reduktionsassay, einen auf einem lentiviralen Vektor basierenden Pseudotyp-Neutralisierungstest und einen auf einem kompetitiven ELISA basierenden Surrogatvirus-Neutralisierungstest (sVNT).
Virus-Neutralisationstests müssen unter Biosicherheitsstufe 3 durchgeführt werden, sogenannte Pseudotyp-Neutralisationstest erfordern Biosicherheitsstufe 2. Die meisten Krankenhäuser können diese erhöhten Sicherheitsstandards jedoch nicht bieten. Der sVNT-Test als einfacher ELISA kann in jedem Labor ohne besondere Biosicherheitsanforderungen durchgeführt werden.
Ein weiterer Nachteil der Pseudotyp-Neutralisations- und Virusneutralisationstests: Sie sind zeitaufwendig. Erst nach zwei bis drei Tagen liegen die Ergebnisse vor. Der sVNT-Test kann dagegen innerhalb von bis zu drei Stunden durchgeführt werden. Nachteil des sVNT ist wiederum, dass schwach neutralisierende Proben vom sVNT überbewertet wurden.
Die Wissenschaftlerinnen kommen zu dem Ergebnis, dass der sVNT-Test alltagstauglich und im klinischen Umfeld den anderen Testmethoden überlegen ist. Er ermöglicht in Laboren mit niedriger Biosicherheitsstufe die schnelle Identifikation von Rekonvaleszentenplasma mit stark neutralisierender Aktivität und damit die schnelle Identifizierung geeigneter Spenderinnen und Spender.
Hintergrund – Rekonvaleszentenplasma zur Therapie von Infektionskrankheiten
Eine schon lange bekannte Therapiemöglichkeit bei schwerem Verlauf von Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps oder auch von Infektionen mit den SARS (Schweres akutes respiratorisches Syndrom)-Coronaviren und MERS (Middle East respiratory coronavirus)-Coronaviren, ist der Einsatz von Rekonvaleszentenplasma. Dabei handelt es sich um Blutplasma von Personen, die eine Infektionskrankheit erfolgreich überstanden haben und eine Immunität gegen den entsprechenden Erreger entwickelt haben. In ihrem Blutplasma befinden sich u.a. Antikörper, die den Erreger gezielt bekämpfen können. Dies wird als passive Immunisierung bezeichnet. Der Einsatz von Rekonvaleszentenplasma wird auch zur Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten in klinischen Prüfungen weltweit erprobt und erste erfolgreiche Behandlungen mit Hilfe von Antikörpern wurden bereits berichtet.
Originalpublikation
von Rhein C, Scholz T, Henss L, Kronstein-Wiedemann R, Schwarz T, Rodionov RN, Corman VM, Tonn T, Schnierle BS (2020): Comparison of potency assays to assess SARS-CoV-2 neutralizing antibody capacity in COVID-19 convalescent plasma.
J Virol Methods Dec 1 [Epub ahead of print].
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