Lieferkettengesetz: Neue Haftungsregeln entlang der Supply Chain
Wozu sollen Unternehmen verpflichtet werden?
Das geplante Gesetz ist ein „Sorgfaltspflichtengesetz“. Es soll die Unternehmen dazu verpflichten, entlang der Supply Chain, also der Lieferkette, ihre Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen daraufhin zu untersuchen, ob international anerkannte Menschenrechte eingehalten werden. Konkret geht es dabei um
- Zwangs- und Kinderarbeit,
- Diskriminierung,
- Verstöße gegen die Vereinigungsfreiheit, also etwa beim Bilden von Gesellschaften,
- Arbeitsschutz sowie
- Risiken für Gesundheit und Umwelt.
Außerdem sollen Unternehmen verpflichtet werden, jedes Jahr einen Bericht zu erstellen und zu veröffentlichen, welche Präventionsmaßnahmen sie ergreifen.
Was die Firmen jetzt schon tun können
Unternehmen sollen – so die Eckpunkte des Lieferkettengesetzes – verpflichtet werden, ein Risikomanagementsystem einzuführen, um entsprechende Risiken zu erkennen. Nur so können Betriebe angemessen reagieren. Die Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen müssen, richten sich danach, wo Risiken auftauchen können, also am eigenen Standort, beim direkten Zulieferer oder ganz am Anfang der Lieferkette. „Je näher die Beziehung zum Zulieferer und je höher die Einwirkungsmöglichkeit, desto größer die Verantwortung zur Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten“, heißt es in dem Gesetzesentwurf.
Welche Haftungsrisiken sich ergeben können
Zu einer Haftung des Unternehmens für Schäden aufgrund von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung soll es nur dann kommen, wenn „diese bei Erfüllung der Sorgfaltspflicht vorhersehbar und vermeidbar waren“.
Die Möglichkeit, sich zu enthaften, also sich von einer Haftung befreien zu lassen, besteht dann, wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, dass die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten angemessen ausgeschöpft wurden (siehe Kasten Seite 13 unten). Sind die getroffenen Maßnahmen jedoch offensichtlich nicht ausreichend und ist eine Verbesserung nicht erkennbar, sollen Bußgelder verhängt und das Unternehmen zeitweise von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. „Ein Verstoß wird auch eine persönliche Haftung der Geschäftsführer und Vorstände der Unternehmen, die für die Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten verantwortlich sind, nach sich ziehen“, sagt Büscher.
Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?
Zunächst ist das Risikomanagement um Aspekte wie Diskriminierung oder Zwangs- und Kinderarbeit zu erweitern, falls diese Themen bislang nicht abgedeckt werden. Danach sind Lieferanten und deren Vorlieferanten daraufhin zu untersuchen, ob diese die vorgeschriebenen Regeln genau einhalten. Alle Ergebnisse sind gut zu dokumentieren. Denn nur so lässt sich die eigene Sorgfalt nachweisen.
Die Berichtspflichten werden umfangreicher. „Um die zukünftigen Anforderungen zu erfüllen, sollten sich Unternehmen mit Experten zusammenschließen, um ein Berichtsformat zu definieren und die erforderlichen Informationen zu erheben. Und es bietet sich an, die Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen“, empfiehlt Büscher (siehe Beitrag Seite 14).
Wie Sie sich enthaften können
Eine große Herausforderung wird in Zukunft die vertragliche Enthaftung der Unternehmen und ihrer Organe sein. Sie müssen mit ihren Zulieferern und Kooperationspartnern vereinbaren, dass sie die Sorgfaltspflichten aus dem Lieferkettengesetz einhalten. Diese Punkte sind den Vertragspartnern sehr genau vorzugeben und in Verträgen aufzunehmen:
• Das Recht zur regelmäßigen Überwachung der Einhaltung der Pflichten
• Sofortige Kündigungsmöglichkeiten bei Sorgfaltspflichtverletzungen
• Übernahme von Schäden durch den Auftragnehmer, die dem Auftraggeber infolge von Pflichtverletzungen des Auftragnehmers entstehen
Marcus Büscher, Rechtsanwalt bei Ecovis in Düsseldorf
Das Beratungsunternehmen Ecovis unterstützt mittelständische Unternehmen. In Deutschland zählt es zu den Top 10 der Branche. In über 100 deutschen Büros arbeiten fast 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weltweit sind es fast 8.500 in nahezu 80 Ländern. Ecovis betreut und berät Familienunternehmen, inhabergeführte Betriebe sowie Freiberufler und Privatpersonen. Um das wirtschaftliche Handeln seiner Mandanten nachhaltig zu sichern und zu fördern, bündelt Ecovis die nationale und internationale Fach- und Branchenexpertise aller Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Unternehmensberater. Jede Ecovis-Kanzlei kann auf diesen Wissenspool zurückgreifen.
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