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Neue MERICS-Umfrage zu China 2021

Stabilität und Eigenständigkeit, anhaltender Wettbewerb mit den USA und eine bunte Mischung an Themen für die Beziehungen zur EU prägen Chinas Agenda in diesem Jahr

Wie wird sich die chinesische Innenpolitik im Jahr des 100-jährigen Bestehens der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) entwickeln? Welche Themen sorgen in Beijing für Kopfzerbrechen, und welche neuen Trends werden die chinesisch-europäischen Beziehungen in Zukunft bestimmen? Um diese Fragen zu beantworten, hat MERICS im Dezember und Anfang Januar eine Umfrage unter rund 170 europäischen China-Experten und etwa 1.000 Vertretern der internationalen Öffentlichkeit durchgeführt. Die Ergebnisse werden heute auf der Online-Konferenz MERICS China Forecast 2021 in Berlin vorgestellt und von führenden China-Spezialisten aus Europa und den USA diskutiert. Darunter befinden sich Rana Mitter, Professor für Geschichte und Politik des Modernen China, University of Oxford, Reinhard Bütikofer, Mitglied des Europäischen Parlaments, Gunnar Wiegand, Direktor der Abteilung Asien und Pazifik beim Europäischen Auswärtigen Dienst, Kristin Shi-Kupfer, Professorin an der Universität Trier und MERICS Senior Associate Fellow sowie Brookings Senior Fellow Arthur R. Kroeber.  

Technologische Eigenständigkeit und sozio-ökonomische Stabilität dominieren Chinas innenpolitische Agenda

Eigene Prioritäten und ein geopolitisches Umfeld, das von dem anhaltenden Wettbewerb zwischen China und den USA geprägt ist, werden die chinesische Innen- und Wirtschaftspolitik im Jahr 2021 beeinflussen. Die Befragten gehen davon aus, dass Xi Jinpings Machtposition unangefochten ist. Mehr als 80 Prozent aller Befragten rechnen damit, dass er seine Machtposition weiter ausbauen wird. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund interessant, dass das Publikum der letztjährigen MERICS Forecast-Veranstaltung im Januar 2020 den Ausbruch des Coronavirus als große Bedrohung für Xis Legitimität bewertete.

Nach dem verschärften Durchgreifen in Hongkong im vergangenen Jahr und neuen Enthüllungen über Umerziehungslager in Xinjiang befürchten die Befragten, dass Taiwan der nächste Krisenherd sein könnte. Fast 40 Prozent der europäischen China-Experten rechnen damit, dass Spannungen rund um Taiwan 2021 zunehmen könnten.

Gleichzeitig erwarten die Umfrageteilnehmer, dass sich China 2021 vor allem auf die Pflege von Partnerschaften in Asien sowie auf technologische Eigenständigkeit und wirtschaftliche Erholung nach der Coronakrise konzentrieren wird. Das Ziel der wissenschaftlichen und technologischen Autarkie dürfte im Mittelpunkt des 14. Fünfjahresplans stehen, der voraussichtlich im März beim Nationalen Volkskongress verabschiedet werden wird. 44 Prozent der China-Experten rechnen damit, dass die technologische Eigenständigkeit im Mittelpunkt der chinesischen Innenpolitik stehen wird. 27 Prozent vertreten die Meinung, dass die sozioökonomische Stabilität Beijing aktuell am meisten umtreibt.

US-China: Verschärfter Technologie- und Cyber-Wettbewerb  

Die Beziehungen zwischen den USA und China haben sich in den letzten Jahren stetig verschlechtert. Für 2021 erwarten die Befragten einen verschärften Technologie- und Cyber-Wettbewerb zwischen den beiden Großmächten. Gleichzeitig könnte es dieses Jahr zu einer Wiederbelebung der transatlantischen Partnerschaft kommen: 88 Prozent der China-Experten und 82 Prozent der befragten breiteren Öffentlichkeit rechnen mit einer Annäherung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten an die USA unter einer Regierung Biden. Und wie sieht es mit den deutsch-chinesischen Beziehungen aus? Im September sind in Deutschland Bundestagswahlen. Nach der Ära Angela Merkel wird keine Lockerung der Haltung gegenüber Beijing erwartet. Fast 50 Prozent der befragten China-Experten gehen davon aus, dass Berlin anschließend eine härtere Gangart gegenüber China einschlagen wird. 

Die Zukunft der EU-China-Beziehungen

Das EU-China Investitionsabkommen (CAI) brachte zu Beginn des Jahres 2021 neuen Schwung in die Beziehungen. Beide Seiten hatten sich erst auf das Abkommen verständigt, als der Großteil der Umfrageteilnehmer bereits alle Fragen beantwortet hatte. Entscheider in Washington und auf der ganzen Welt werden nun genau beobachten, wie die EU es schafft, wirtschaftliche Interessen und die Systemrivalität mit China auszubalancieren. Die Befragten gehen davon aus, dass beides weiterhin nebeneinander bestehen wird: 66 Prozent der Experten erwarten eine Verschlechterung der politischen Beziehungen (sieben Prozentpunkte mehr als im letzten Jahr!), aber 50 Prozent von ihnen denken auch, dass die wirtschaftlichen Beziehungen stabil bleiben werden. Die Befragten aus der breiten Öffentlichkeit teilen diese Ansichten weitgehend. Zudem wird erwartet, dass die Entflechtung (decoupling) vor allem im digitalen Bereich passieren wird: 53 Prozent der befragten Experten denken, dass digitale Infrastruktur und Daten am stärksten betroffen sein werden, gefolgt von kritischen Lieferketten (23 Prozent der Befragten).

Auf die Frage, welche Maßnahmen dieses Jahr am wichtigsten sein werden, wurden zwei Aspekte genannt. So empfahlen die Befragten der EU, als Reaktion auf Beijings Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und Xinjiang konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus solle die EU Lieferketten diversifizieren, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren.

Hoffnungen auf Klima-Kooperation, aber keine Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit

Was bedeutet das Hin- und Her zwischen Partnerschaft und Rivalität zwischen China und der EU für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit? Die Umfrageteilnehmer sind pessimistisch. Keiner der befragten Experten oder Bürger sieht in der gemeinsamen Erforschung und Verteilung von Impfstoffen einen Bereich, in dem die EU und China einen Durchbruch erzielen können. Hoffnung setzen die Befragten dagegen auf die Klimapolitik. Fast 40 Prozent der Experten und 45 Prozent der Befragten aus der breiten Öffentlichkeit sind der Meinung, dass Europa sich auf ein neues gemeinsames Abkommen mit China konzentrieren sollte, das Klimaziele beinhaltet. Hier könnten greifbare Ergebnisse schneller erreicht werden.

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