Gebäudereiniger-Handwerk fordert grundlegende Minijob-Reform
"Die Vogel-Strauß-Politik der Bundesregierung beim Thema Minijobs muss endlich ein Ende finden. Wegducken und aus ideologischen Gründen jahrelang gar nichts tun, fügt Unternehmen sowie Beschäftigten zunehmend Schaden zu.
Da es für die Abschaffung der Minijobs, die der BIV seit Jahren favorisiert, absehbar keinerlei politische Mehrheit gibt, bedarf es konkreter Reformen, um die dramatischen Negativfolgen für Unternehmen und Beschäftigte endlich zu stoppen: Die starre 450-Euro-Grenze führt seit Jahren dazu, dass Beschäftigte trotz Tariflohnsteigerungen und bei steigenden Lebenshaltungskosten nicht mehr Geld, sondern lediglich mehr Freizeit haben.
Unternehmen wiederum müssen unter großem bürokratischem Aufwand Arbeitsverträge jährlich um wenige Minuten nach unten anpassen und leiden, obwohl Minijobs die teuerste Beschäftigungsform für sie darstellen, unter dramatischen Arbeitszeitverkürzungen. Konkret: Der zurzeit geltende tarifliche Branchenmindestlohn in unserem Handwerk von 11,11 Euro steigt bis zum 1.1.2023 auf 12,00 Euro. Durch die starre 450-Euro-Grenze sind die möglichen Arbeitsstunden zur Erreichung dieser Verdienstgrenze von monatlich 59,5 Stunden (Ost) und 50 Stunden (West) von 2013 bis Anfang 2021 auf 40,5 Stunden (Ost/West) gesunken. Bis 2023 sinkt die mögliche Arbeitszeit auf 37,5 Stunden im Monat.
Der BIV fordert zwei grundlegende Reformschritte:
Rentenversicherungspflicht für Beschäftigte: Über 80 Prozent der Beschäftigten nutzen das "opt-out-Modell" und verzichten auf Rentenaufstockung. Um das Argument der fehlenden sozialen Absicherung im Alter zu entkräften, schlagen wir eine verpflichtende Beitragszahlung der Beschäftigten in Höhe von 3,6 Prozent zur Rentenversicherung unter Beibehaltung des arbeitgeberseitigen Pauschalbeitrages von 15 Prozent vor.
Höhere Pauschalsteuer für Beschäftigte: Der entscheidende Vorteil des Minijobs für Beschäftigte liegt neben der Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen in der relativ niedrigen Pauschalsteuer von 2 Prozent. Dies gilt besonders im Unterschied zu Beschäftigten in Steuerklasse V und VI, wo die individuelle Lohnsteuer Anwendung findet. Es ist steuerzahlenden Beschäftigten aber schwer zu vermitteln, dass die auf den gleichen Arbeitsplätzen tätigen geringfügig Beschäftigen keine nennenswerten Steuern zahlen. Diese Gerechtigkeitslücke gilt es zu schließen. Denkbar wäre deshalb eine höhere vom Beschäftigten zu zahlende Steuerpauschale. Diese würde auch den Übergang in einen Midi-Job erleichtern.
Fazit: Solange Beschäftige keine oder nur sehr geringe Pauschalsteuern und keine Sozialabgaben zahlen, bleibt die geringfügige Beschäftigung finanziell deutlich interessanter als Midi-Jobs oder größere Teilzeiteinheiten. Daher fordern wir eine Rentenversicherungspflicht und höhere Pauschalsteuer für Beschäftigte. Unter diesen beiden Bedingungen sollte aus sozialen, tarifpolitischen und praktischen Gründen eine Erhöhung und Dynamik eingeführt werden. Damit die bereits vereinbarten Erhöhungen der tariflichen und gesetzlichen Mindestlöhne bis 2023 bei den Beschäftigten ankommen und den Unternehmen wertvolle Arbeitszeit erhalten bleibt, schlagen wir vor, die Geringfügigkeitsgrenze auf 600 Euro anzuheben und die Verdienstgrenze an die Erhöhung der gesetzlichen Mindestlöhne zu koppeln.
Die BIV-Stellungnahme zur heutigen Anhörung finden Sie im Anhang bzw. hier: www.bundestag.de
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