Marken-Boom im Lockdown
– Deutsches Patent- und Markenamt registriert in Jahresbilanz 2020 historische Höchstwerte im Markenbereich
– starke Leistungszahlen trotz Pandemie
– DPMA-Präsidentin: Patentbilanz spiegelt technologische Umbrüche deutlich wie selten zuvor
Trotz der Unsicherheiten über den Verlauf der Corona-Pandemie hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) im vergangenen Jahr eine immense Steigerung an Markenanträgen registriert. 2020 gingen beim DPMA 89 438 Markenanmeldungen ein. Das sind 10 607 mehr als im Vorjahr (+ 13,5 Prozent) und so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Höher hatte die Zahl der Markenanmeldungen lediglich zu Zeiten des Internet-Booms zur Jahrtausendwende gelegen. Zum ersten Mal in seiner Geschichte trug das DPMA mehr als 60 000 Marken in das elektronische Register ein (60 425).
Deutlichen Zuwachs verzeichneten Waren- und Dienstleistungsklassen rund um Produkte mit Bezug zur Pandemiebekämpfung im Bereich medizinischer Apparate sowie pharmazeutischer Erzeugnisse und Desinfektion. Auch an Marken in den Bereichen Werbung und Geschäftsführung, Bekleidung und Elektronik war das Interesse groß. „Die Pandemie hat zu weitgehenden ökonomischen Schäden geführt, in einigen speziellen Branchen die Wirtschaftstätigkeit aber stark angeregt“, sagte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer. „Die Corona-Krise ist auch Triebfeder kreativer Lösungen. Sie führt verstärkt zur Digitalisierung von Geschäftsmodellen und hat viele Handelsaktivitäten auf das Internet verlagert. Um damit erfolgreich zu sein, sehen viele Online-Anbieter den Bedarf, ihre Produkte und Dienstleistungen durch prägnante Marken schützen zu lassen – auch wegen entsprechender Anforderungen großer Handelsplattformen.“
Uneinheitliche Anmeldeentwicklung bei Patenten, Gebrauchsmustern und Designs
Insgesamt verlief die Anmeldeentwicklung bei den verschiedenen Schutzrechten im vergangenen Jahr sehr unterschiedlich. Anders als bei den Marken gingen die Anmeldezahlen im Patentbereich im Jahresvergleich zurück. Insgesamt wurden 62 105 Erfindungen zum Patent angemeldet; das sind 5 327 weniger als 2019 (- 7,9 Prozent). Der Rückgang 2020 entspricht dem Trend in anderen Patentämtern großer Industriestaaten wie Japan und den USA.
Die Design-Anmeldungen beim DPMA nahmen um 2,7 Prozent zu und stiegen auf insgesamt 6 113. Eine Anmeldung kann bis zu 100 einzelne Designs umfassen. Die Gesamtzahl aller neu angemeldeten Designs war im Vergleich zum Vorjahr rückläufig (- 8,5 Prozent) und lag bei 39 450.
Im Gegensatz dazu stieg erstmals seit Jahren die Zahl angemeldeter Gebrauchsmuster wieder: 12 323 Gebrauchsmusteranmeldungen gingen im vergangenen Jahr ein – und damit 5,6 Prozent mehr als noch 2019 (11 667). Gerade in der Pandemie-Situation hat die Möglichkeit, eine Entwicklung mit einem Gebrauchsmuster schnell unter Schutz stellen zu können, offenbar den Bedürfnissen vieler Anmelder entsprochen. Auffallend dabei: Aus China gingen fast 50 Prozent mehr Anmeldungen für dieses ungeprüfte Schutzrecht ein.
Patentanmeldungen und Pandemie: Technikwandel in der Autoindustrie
Die Corona-Pandemie beeinflusste auch im Patentbereich das Anmeldeverhalten. Nach zunächst parallelem Verlauf der monatlichen Anmeldungen in den Monaten Januar, Februar und März 2020 im Vergleich zu 2019 sanken die Eingänge ab Beginn des Lockdowns Ende März 2020 stets unterhalb die Werte der Vorjahresmonate.
Hier dürfte sich auch der technologische Wandel zur Elektromobilität auf die Innovationstätigkeit in der Automobilindustrie auswirken. Während in Technikklassen, denen Erfindungen zu Batterien und Brennstoffzellen zugeordnet werden, ein Zuwachs sichtbar ist (+ 15,4 Prozent), war die Zahl der Erfindungen im Zusammenhang mit klassischen Verbrennungsmotoren im Jahresvergleich rückläufig. In den Technologiefeldern „Transport“ (- 16,6 Prozent), „Maschinenelemente“ (- 18,0 Prozent) und „Motoren, Pumpen, Turbinen“ (- 22,0 Prozent) gingen jeweils signifikant weniger Anmeldungen ein als noch 2019.
Trotz der Verluste ist der „Transport“ weiterhin das anmeldestärkste Technologiefeld beim DPMA, im vergangenen Jahr mit 10 758 Anmeldungen. Auf Platz 2 lag mit 6 992 Anmeldungen das Technologiefeld „Elektrische Maschinen und Geräte, elektrische Energie“ (- 2,9 Prozent), gefolgt von der „Messtechnik“ mit 4 565 Anmeldungen (- 9,9 Prozent).
Sprunghafter Anstieg bei Gesichtsmasken – deutlich mehr Computer-Erfindungen
In anderen Bereichen beförderte die Pandemie die Innovationsfreudigkeit. Im Technologiefeld „Medizintechnik“ war die Zahl der Anmeldungen mit 2 383 deutlich höher als im Vorjahr (+ 10,1 Prozent). In einer dort enthaltenen Technikklasse für Verfahren und Vorrichtungen zum Infektionsschutz verzeichnete das DPMA einen Anstieg von 175,8 Prozent. Auch im Technologiefeld „Sonstige Konsumgüter“ stiegen die Zahlen deutlich (+ 26,1 Prozent). In Klassen, in denen Erfindungen zu Gesichtsmasken und Schutzkleidung erfasst werden, verfünffachten sich die Anmeldungen (+ 417,6 Prozent).
Auch in der „Computertechnik“ gingen mit 3 080 deutlich mehr Anmeldungen ein als im Vorjahr (+ 17,6 Prozent). Hier spielen vor allem Entwicklungen, die Künstliche Intelligenz einsetzen oder das maschinelle Lernen betreffen, eine immer größere Rolle. Dieses Technologiefeld taucht erstmals seit Erhebung der Statistik in den Top-5-Technikgebieten auf (Platz 5) und spiegelt die steigende Bedeutung des Technologiesektors „Elektrotechnik“ wider. 2019 lag der Anteil dieses Bereichs an den Gesamtanmeldungen beim DPMA noch bei 23,8 Prozent, 2020 betrug er bereits 26,1 Prozent. Mit dem US-Halbleiterkonzern Intel schaffte ein Unternehmen aus diesem Bereich den Sprung in die Top-10-Liste der aktivsten Patentanmelder (Platz 9).
„Die technologischen Umbrüche unserer Zeit haben sich im vergangenen Jahr so deutlich gezeigt wie selten zuvor. Die Pandemie führt zu verstärkten Investitionen in die Entwicklung von Zukunftstechnologien und zeigt Weichenstellungen für die Zukunft auf.“, kommentiert die DPMA-Präsidentin. „In der Automobilindustrie prägt der Strategiewechsel vom traditionellen Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antriebstechniken wie Batterien und Brennstoffzellen die Innovationstätigkeit. Zudem erweist sich die Pandemie in vielen Bereichen der Digitalisierung als Treiber der technischen Entwicklung. Megatrends wie Digitalisierung und Automatisierung werden auch künftig zur Anpassung der Patentaktivitäten beim DPMA führen. Für agile und zukunftsorientierte Unternehmen bleibt Deutschland nach wie vor ein attraktiver Standort für Investitionen in Innovationen.“
Bundesländer: Baden-Württemberg bei Patentanmeldungen erneut vor Bayern, bei Markenanmeldungen Nordrhein-Westfalen weiter an der Spitze
Die Rangliste der Bundesländer für Patentanmeldungen führt wie im vergangenen Jahr Baden-Württemberg an, die Summe von 13 033 Anmeldungen liegt allerdings deutlich unter dem Vorjahreswert (- 14,5 Prozent). Es folgen Bayern mit knappem Abstand (12 993, – 7,4 Prozent) und auf Platz 3 Nordrhein-Westfalen (6 532, – 6,9 Prozent). Legt man die Zahlen auf je 100 000 Einwohner um, so liegen ebenfalls Baden-Württemberg und Bayern mit 117 und 99 Anmeldungen vorne, auf Platz drei liegt Niedersachsen (41).
Im Markenbereich lag mit 18 151 Anmeldungen abermals Nordrhein-Westfalen auf Platz 1, gefolgt von Bayern (14 451) und Baden-Württemberg (10 139). Im Ranking pro 100 000 Einwohner stand Hamburg mit 222 Anmeldungen an der Spitze. Es folgten Berlin (162) und Bayern (110).
Top-Anmelder: Bosch wieder an der Spitze – Autoindustrie dominiert weiterhin
Auf Platz 1 der aktivsten Patentanmelder 2020 positionierte sich abermals die Robert Bosch GmbH mit 4 033 Anmeldungen, gefolgt von der Schaeffler Technologies AG & Co. KG (1 907). Auf Platz 3 lag die Bayerische Motoren Werke AG (1 874). Trotz rückläufiger Anmeldezahlen in der Branche, vor allem auch bei großen Zulieferern, dominiert die Automobilindustrie weiterhin auf den vorderen Positionen der Anmelderliste. Neun der Top-10-Anmelder sind Autohersteller oder Zulieferer, die weiterhin eine Schlüsselrolle für langfristige Innovationserfolge besitzen.
In der Top-Liste für Marken belegt mit 92 Eintragungen die Henkel AG & Co. KGaA den Spitzenplatz, vor BMW (90 Eintragungen) und dem Marketingunternehmen DFO Global Performance Commerce Ltd. (59 Eintragungen).
Voll arbeitsfähig trotz Corona: DPMA schließt mehr Verfahren ab; Rekordzahlen bei Erstbescheiden und Recherchen
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat sich unterdessen in der Corona-Pandemie als krisenfeste Dienstleistungsbehörde erwiesen: Trotz des Lockdowns ab Ende März 2020 stand die Arbeitsfähigkeit zu keiner Zeit in Frage. Die Schutzrechtsbereiche schlossen sogar überwiegend mehr Verfahren ab als 2019.
Im Patentbereich konnten die Leistungszahlen deutlich gesteigert werden. Die Zahl der ersten Prüfungsbescheide in Patentverfahren, die Aussagen zu den Erfolgsaussichten des eingereichten Prüfungsantrags enthalten, stieg um knapp 24 Prozent auf weit über 42 000. Außerdem wurden 18 435 Patent- und Gebrauchsmusterrecherchen an die Antragsteller versandt, 8,9 Prozent mehr als 2019.
Die Zahl der abgeschlossenen Patentprüfungsverfahren lag mit 41 723 ebenfalls über der des Vorjahrs (40 183). Die Steigerung um 3,8 Prozent geht zurück auf die gegenüber 2019 deutlich höhere Anzahl von Zurücknahmen oder Rücknahmefiktionen wegen Nichtzahlung von Jahresgebühren in insgesamt 15 964 Fällen (+ 19,8 Prozent). Die Anmelder haben aufgrund der schwer abzuschätzenden finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie häufig ihr Patentportfolio überprüft und neu bewertet. 17 305 Verfahren endeten mit der Erteilung eines Patents, die Erteilungsquote fiel somit auf 41,5 Prozent; in 8 454 Fällen wurde die Anmeldung von den Prüferinnen und Prüfern zurückgewiesen.
Grund für den im Jahresvergleich geringfügigen Rückgang der Verfahrensabschlüsse durch Erteilungen von Patenten oder Zurückweisungen dürfte der Umstand sein, dass pandemiebedingt nur in eingeschränktem Umfang Anhörungen mit präsenten Beteiligten möglich waren. Diese Erörterungen dienen zur Beschleunigung von Prüfungsverfahren und führen häufig zu deren Abschluss.
Im Markenbereich schlossen die Prüferinnen und Prüfer 79 582 nationale Verfahren ab (+ 6,1 Prozent). Setzt man die 60 425 Eintragungen hierzu ins Verhältnis, ergibt sich eine Eintragungsquote von 75,9 Prozent.
„Dass wir trotz der schwierigen Bedingungen während des vergangenen Jahres so produktiv waren, verdanken wir dem großen Engagement unserer Beschäftigten in der für uns alle sehr belastenden Pandemie“, sagte die DPMA-Präsidentin. „Ohne unsere ausgeprägt digitale Arbeitsweise wäre dies nicht möglich gewesen. Da wir unsere Schutzrechtsverfahren – mit Ausnahme des Designs – vom Eingang bis zum Abschluss durchgängig in elektronisch geführten Akten bearbeiten und unsere Kunden mit uns auf elektronisch sicheren Wegen kommunizieren können, ist Homeoffice bei einem großen Teil unserer Beschäftigten seit Jahren gelebter und geschätzter Arbeitsalltag.“
Seit Beginn der Pandemie hat das DPMA die technischen Möglichkeiten, im Homeoffice zu arbeiten, stark erweitert. Derzeit arbeiten mehr als 75 Prozent der Beschäftigten weitgehend von zu Hause aus.
Abermals hohe Gebühreneinnahmen
Das DPMA schloss 2020 mit einem Überschuss von 189,4 Millionen Euro ab, der dem Bundeshaushalt zugutekommt. Die Einnahmen, fast komplett aus Gebühren, sanken im Vergleich zum Vorjahr marginal um 0,3 Prozent auf 424,5 Millionen Euro. Die Ausgaben betrugen 235,1 Millionen Euro (+ 3,8 Prozent).
Erfindergeist und Kreativität brauchen wirksamen Schutz. Das DPMA ist das deutsche Kompetenzzentrum für alle Schutzrechte des geistigen Eigentums – für Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs. Als größtes nationales Patentamt in Europa und fünftgrößtes nationales Patentamt der Welt steht es für die Zukunft des Erfinderlandes Deutschland in einer globalisierten Wirtschaft. Seine knapp 2 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an drei Standorten – München, Jena und Berlin – sind Dienstleister für Erfinder und Unternehmen. Sie setzen Innovationsstrategien des Bundes um und entwickeln die nationalen, europäischen und internationalen Schutzsysteme weiter.
Weitere Informationen finden Sie unter https://www.dpma.de.
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